Bauprojekt
22-jährige Schülerin kämpft weiter gegen Neubauten in Grenchens Zentrum

Bald beginnen die Abbrucharbeiten an einer älteren Liegenschaft an der Schützengasse. Die Firma Felca AG plant einen Neubau mit 14 Wohnungen. Eine 22-jährige Grenchnerin will einen Kampf gegen weitere geplante Abrisse im Zentrum weiterführen.

Andreas Toggweiler
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Dieses Haus an der Schützengasse wird einem Neubau weichen.

Dieses Haus an der Schützengasse wird einem Neubau weichen.

Andreas Toggweiler

Das Gebäude sieht aus wie viele in Grenchen. Verwinkelt, ein Sammelsurium an «Stilen», An- und Umbauten. Der älteste Teil im Osten wurde 1908 erbaut und dann immer mehr. Seit 30 Jahren gehört es zum Portfolio der Firma Felca, der auch die anderen Gebäude des Ensembles an der Schützengasse gehören, darunter das Mutterhaus der Uhrenfirma (heute Titoni).

Das Haus sieht nicht ungepflegt aus, ein Facelifting wäre aber wohl angebracht. «Genau das haben wir untersucht und gesehen, dass der Investitionsbedarf zwischen 1,2 und 1,5 Mio. Fr. betragen würde», erklärt Daniel Schluep, Chef von Felca/Titoni. Insbesondere energietechnisch hätte Handlungsbedarf bestanden. Doch ein Augenschein zeigt: Das Aufbringen einer Aussenisolation wäre bei diesem Haus nur schwer möglich, vom optischen Effekt einmal gar nicht zu sprechen.

Einsprachen: «Ich werde weiterkämpfen»

Die 22-jährige Uhrmacherschülerin Rebekka Meier kämpft mit fleissiger Unterstützung ihres 17-jährigen Bruders Elias umtriebig gegen Neubauprojekte im Zentrum Grenchens. Schon gegen das geplante Wohnhaus an der Quartierstrasse wollte sie sich wehren, «Ich war aber leider nicht einspracheberechtigt», bedauert sie. So entschied sie sich hier beim Felca-Gebäude für eine andere Strategie, formulierte umfangreicheEinsprachetexte und liess sie von einspracheberechtigten Anwohnern unterzeichnen.

Gegen das neue Gebäude kamen so mehrere gleichlautende Einsprachen zusammen. Meier machte vor allem ästhetische Gründe geltend. Das Gebäude passe mit seinem Flachdach nicht in die Umgebung der anderen Häuser an der Schützengasse, argumentiert sie.

«Es geht mir auch darum, dass nicht alle historischen Gebäude aus dem Kern Grenchens verschwinden», betont Rebekka Meier auf Anfrage. Sie seien wichtige Zeitzeugen für die Entwicklung des Bauerndorfes zur Uhrenstadt. «Auch den geplanten Abriss des Bauernhauses an der Centralstrasse müsste man eigentlich verhindern», meint sie. Des Gebäude müsste unter Denkmalschutz gestellt werden. Es müsse renoviert und erhalten werden.

Den abschlägigen Bericht der Baukommission zu ihren Eingaben bezüglich Felca-Neubau akzeptierte Meier nicht und zog ihre Einsprache ans Baudepartement des Kantons weiter. Als Schülerin macht sie unentgeltliche Rechtspflege geltend. Sie kritisiert zudem, dass trotz der Anzahl der Einsprecher keine Einspracheverhandlungen stattfanden. Bei Aussichtslosigkeit der Einsprache, was hier der Fall sei, könne man darauf verzichten, heisst es dazu bei der Stadt.

Ähnlich argumentiert das Baudepartement und lehnt Meiers Antrag auf Unentgeltlichkeit ab. Denn für den Weiterzug müsste sie 2000 Fr. deponieren. Auch gegen diesen Entscheid wird sich Meier auf dem Beschwerdeweg wehren. «Ich werde weiterkämpfen», meint sie entschlossen. (at.)

Schülerin sammelt Einsprachen

So habe man sich denn nach Rücksprache mit dem Hausarchitekten bader+partner ag entschlossen, einen Neubau zu realisieren. Bis Frühling 2015 soll ein Mehrfamilienhaus errichtet werden mit insgesamt 14 Mitwohnungen von 2,5 bis 4,5 Zimmer. Der Neubau mit Erdsondenheizung für 6,5 Mio. Fr. wird auch eine Tiefgarage umfassen, die zusätzliche Parkplätze für die weiteren Gebäude des Ensembles enthält. Der grösste Teil des grünen Innenhofs bleibt erhalten.

«Zuerst sah es fast danach aus, als ob es kaum Einsprachen gebe», berichtet Daniel Schluep. Doch er hat nicht mit Rebekka Meier gerechnet. Die 22-jährige Schülerin, die selber nicht im Quartier wohnt, sammelte fleissig Einsprache-Unterschriften, elf waren es schliesslich an der Zahl. Sie wehrte sich gegen den Verlust von aus ihrer Sicht erhaltenswerter Bausubstanz im Stadtzentrum und die «Verschandelung» der Umgebung durch einen Neubau mit Flachdach. «Ich möchte, dass Bauten erhalten bleiben, die zeigen, dass Grenchen einmal ein Dorf war», sagt Meier (siehe Kasten).

Die Einsprachen wurden abgelehnt, denn das fragliche Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz. «Der Erhalt von historischer Bausubstanz ist durchaus auch in unserem Interesse», sagt Schluep. So gehöre auch die Liegenschaft der Schöpfbühne der Felca und ein Abbruch sei dort kein Thema.

Beim jetzt betroffenen Gebäude sei dies aber nicht der Fall und eine Sanierung sei nicht zielführend. Es sei auch wichtig, dass im Zentrum von Grenchen wieder neuer Wohnraum, insbesondere auch Mietwohnungen mit zeitgemässem Standard entstehen, begründet Schluep. Man sei überdies durchaus bereit, über allfällige Details zu verhandeln, wie beispielsweise die Farbgebung der Fassade.