Grenchen
20 Jahre nach der Neugestaltung der Innenstadt blickte Claude Barbey anlässlich der Wohntage zurück

20 Jahre ist es her, seit die Grenchner Innenstadt mit der Umgestaltung des Marktplatzes ein völlig neues Gesicht erhalten hat. Einer, der das Projekt massgeblich mitgeprägt hat, war Claude Barbey.

Patric Schild
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Alt Stadtbaumeister Claude Barbey erläuterte die Überlegungen zur Gestaltung des Stadtzentrums vor 20 Jahren.

Alt Stadtbaumeister Claude Barbey erläuterte die Überlegungen zur Gestaltung des Stadtzentrums vor 20 Jahren.

Oliver Menge

Grenchens ehemaliger Stadtbaumeister Claude Barbey blickte an einem Lokaltermin im Rahmen der Grenchner Wohntage auf die turbulente Zeit zurück. «Aufgrund des hohen Verkehrs- und Lärmaufkommens im Grenchner Stadtzentrum, waren sich alle einig, dass etwas geschehen muss», erklärt Barbey, während er die interessierten Teilnehmenden, ausgehend vom Stadtdach, mit auf einen Rundgang durch den Ortskern nahm.

Die Autobahn A5 machte alles anders

Doch wie kommt eine Lösung zustande, damit ein ganzes Stadtzentrum komplett umgestaltet werden kann? Es seien, so erzählt Barbey weiter, glückliche Umstände gewesen, die dazu beigetragen hätten. Dies war zum einen das Autobahnprojekt A5. Mit der geplanten Verlagerung des Individualverkehrs, weg von der Innenstadt und hin zur neuen Schnellstrasse an der Aare, war die Stadt dazu gezwungen, flankierende Massnahmen aufzugleisen, damit der Verkehr künftig vom Zentrum ferngehalten wird. Andererseits plante Coop zu diesem Zeitpunkt einen Neubau mit einer unterirdischen Parkanlage zu realisieren.
Die Stadt beschloss in diesem Zusammenhang, sich im Coop-Parkhaus einzukaufen, um die wegfallenden Parkplätze im Ortskern zu kompensieren. An der dazu notwendigen ausserordentlichen Gemeindeversammlung habe das Gewerbe regelrecht gegen die alternative Parkmöglichkeit demonstriert. Trotzdem vermochten die Vorzüge eines 24-h Parkhauses die Mehrheit zu überzeugen. Aber nicht nur das Parkhaus spaltete die Bevölkerung. Auch der neue Marktplatz polarisierte, was der ehemalige Stadtbaumeister am eigenen Leib zu spüren bekam. Barbey berichtete etwa von bösen Zungen, die allerlei Schlechtes über das geplante Projekt verbreitet haben oder von Telefonaten, in denen sich Unzufriedene direkt an ihn wandten.

Das Positive überwiegt, meint Barbey

Und was sagt der «Vater des Marktplatzes» nach rund zwei Jahrzehnten? Das Resultat sei sicherlich durchzogen, reflektiert Barbey. Dennoch zieht er unter dem Strich eine positive Bilanz. Ausserdem, so ist Barbey überzeugt, wäre die Situation heute bestimmt schlechter, wenn gar nichts unternommen worden wäre. Nichtsdestotrotz geht der anhaltende Strukturwandel nicht spurlos am Stadtzentrum vorbei. Gewerbe und Detailhandel schwinden und klassische Nutzungen verlieren an Attraktivität. Paul Dominik Hasler und Christof Tscharland vom «Netzwerk Altstadt» von EspaceSuisse zeigten diesbezüglich spannende und zum Teil auch «freche» Möglichkeiten zur Neustrukturierung des Grenchner Ortskerns, angepasst an die heutigen Gegebenheiten, auf. Diese reichten von der Nutzung der zentrumsnahen Erdgeschossräumlichkeiten als Wohnungen über die Installation eines grossen Players wie zum Beispiel der Migros auf dem Marktplatz, der dabei als Anziehungspunkt für die kleineren Geschäfte fungieren soll, bis hin zur Pflege des sogenannten «grenchenespezifischen Gens». Letzteres bedeutet, dass das Image «Technologiestadt im Grünen» konsequent auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet und die Begrünung beispielsweise bis weit in die Innenstadt gebracht werden soll.

Gewagte Ideen für die neue Innenstadt

Selbst eine völlige Neudefinition des Zentrums wurde in den Raum gestellt. Die Ideen lösten eine lebendige Diskussion unter den Teilnehmenden aus. Fragen über die Zukunft Grenchens als Autostadt – den Individualverkehr im Zentrum gänzlich eindämmen oder wieder Parkplätze auf dem nördlichen Marktplatzareal zulassen – waren ebenso Gesprächsstoff wie etwa die Etablierung von Handwerksunternehmen, Schulen oder Kindertagesstätten in der Umgebung des Marktplatzes, um den Leerständen entgegenzuwirken und die Belebung zu fördern.
Auch wenn die ultimative Lösung zu dieser komplexen Problematik an diesem Nachmittag nicht gefunden werden konnte, so ist die Diskussion um den Marktplatz damit noch nicht zu Ende.

Spätestens im Rahmen der bevorstehenden Ortsplanungsrevision wird die Thematik wieder auf den Tisch kommen. Und wer weiss, vielleicht wird dabei ja die eine oder andere geäusserte Idee wieder aufgegriffen werden.