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Trotz Terror: Thomas Stirnimann, CEO der Migros-Reisetochter Hotelplan, ist mit den Buchungszahlen zufrieden – macht sich aber wegen Air Berlin Sorgen.
Thomas Stirnimann: Buchungen nach Skandinavien nehmen tatsächlich zu, allerdings nicht nur wegen des aktuellen Wetters. Island, Finnland, Schweden, Norwegen sind momentan im Trend. Für viele Ferienhungrige sind diese Destinationen noch unbeschriebene Blätter. Und dann spielt wahrscheinlich auch das Unbehagen eine Rolle, das man bei anderen Ländern hat. Skandinavien gilt als freundlich und sicher.
So traurig es auch klingt: Aber man hat sich an solche Nachrichten leider bis zu einem gewissen Grad gewöhnt. Gerade was London oder Paris anbelangt, reisen die Schweizer nach wie vor dorthin. Da merken wir praktisch keine Einbrüche.
Ja, aber die Buchungen kehrten zumindest bei uns rasch wieder auf ein normales Niveau zurück. In vielen Köpfen hat sich wohl die Erkenntnis festgesetzt, dass man nirgends wirklich sicher ist. Man geht mit gemischten Gefühlen. Aber man geht. Die Branche war schon mit so vielen Terrorattentaten konfrontiert: 9/11 in New York, der Anschlag in Luxor 1997. Als Touristiker musste ich einen gewissen Fatalismus entwickeln.
So ein Preis deckt natürlich niemals die Kosten unserer Partner vor Ort. Sie sind wirklich zu bedauern.
Wie viel können wir denn bei so einem Preis überhaupt noch verdienen? Praktisch null. Aber wir hoffen, dass so zumindest die Leute wieder Ferien in Ägypten buchen und die Region wiederbelebt wird. Ägypten war jahrzehntelang eine der Lieblingsdestinationen unserer Kunden und bietet alles, was das Reiseherz begehrt: Geschichte, saubere Strände, kurze Flugdauer, Golfplätze, und, und, und. Aber es gab immer wieder Vorfälle in der Region. Und dann ist auch noch ein Flugzeug über Sharm el-Sheikh abgestürzt. Seither liegt die Destination darnieder. Die Erholung dauert länger als erwartet.
Höchstens noch zehn Prozent. Es ist ein trauriges Bild. Bei Tunesien sehen wir ein Wachstum, gegenüber dem Vorjahr sind es 80 Prozent mehr Buchungen. Aber früher hatten wir 30 000 Gäste pro Jahr in Tunesien. Davon sind wir noch meilenweit entfernt.
Vor allem nach Spanien. Die Spanier nerven sich ja zum Teil schon über ihre übervollen Städte und Inseln. Dort ist alles voll mit Touristen!
Bisher nicht, nein. Der Effekt des tiefen Dollarkurses ist stärker als Herr Trump. Unsere Zahlen für USA-Reisen liegen über dem Vorjahr.
Wir sind sehr zufrieden. Das Geschäft wächst exponentiell, nicht zuletzt, weil wir inzwischen auch mit dem Reiseportal Trivago kooperieren, wie bei Google in den Märkten USA und Grossbritannien. Für uns hat Google ein komplett neues Feld geöffnet: Wenn Mr. und Mrs. Smith aus Wisconsin auf Google ein Hotel in Kalifornien reservieren, läuft die Buchung je nachdem über uns hier in Glattbrugg. Wir machen das Inkasso. Fantastisch!
Das stimmt. Wir haben andere Kompetenzen, nämlich das Schnüren von Reisepaketen, also Flug, Hotel und weitere Optionen. Solche Pakete möchten wir in Zukunft auch auf Google anbieten. Wir werden deshalb auf unserer eigenen Bedfinder-Website mit dem Anbieten von Paketen beginnen. Und wir sind mit weiteren Playern in Gesprächen wie Kayak und Tripadvisor.
Genau möchte ich das nicht sagen.
Deutlich, ja. Aber Gewinn erzielen wir damit noch nicht. Momentan sind wir vor allem am Investieren – und am Lernen. Für einen nachhaltigen Profit nur mit Hotels bräuchte es einen dreistelligen Millionenbetrag. Es ist ein Rappenspalter-Geschäft, da wir ständig in einem Bieterkampf sind, damit unsere Hotel-Resultate bei Google möglichst weit oben erscheinen und unsere Preise konkurrenzfähig sind.
Klar, dieses Szenario lässt sich nicht ausschliessen. Aber Angst wäre ein schlechter Ratgeber. Mein Hunger auf die möglichen Chancen ist grösser als meine Angst. Natürlich ist Google um ein Vielfaches grösser. Aber wir können gewisse Dinge, die Google nicht kann. Denken Sie nur an all die verschiedenen Reisegesetze in Europa. Solche bürokratischen Abklärungen sind sehr aufwendig, und da kennen wir uns aus.
Weil wir schnell, flexibel und verlässlich sind. Wir haben hohe Qualitätsansprüche an unsere Hotel-Partner und gerade in England, wo wir einen Viertel unseres Umsatzes erzielen, sind wir sehr bekannt. Wir sind nicht niemand!
Die Konsolidierung schreitet weiter voran, aber die grosse Bereinigung liegt hinter uns. Zentral sind die Verzahnung mit dem Onlinegeschäft und die fachmännische Beratung in der Filiale. Fehlt die, wird es schwierig.
Nein, natürlich nicht. Aber es ist ein weiteres Schaufenster, ein nettes Hilfsmittel.
Ach, der wird nie ganz aussterben, obwohl man das schon vor zehn Jahren dachte. Aber so ein Reisekatalog hat seinen Charme und sei es nur zur Dekoration auf dem Wohnzimmertisch.
Lufthansa -Chef Carsten Spohr hat der schwer angeschlagenen Fluggesellschaft Air Berlin weitere Unterstützung in Aussicht gestellt, eine Übernahme des Rivalen zieht der Manager momentan aber nicht in Betracht. «Wir unterstützen Air Berlin bereits, indem wir 38 Flugzeuge geleast haben und auf unseren Strecken einsetzen», sagte Spohr laut der Nachrichtenagentur AWP der «Bild am Sonntag». Er könne sich vorstellen, diese Zusammenarbeit auszuweiten. Dabei gebe es für ihn keine Grenze nach oben. «Eine Unternehmensübernahme sehe ich dagegen aktuell nicht», soll Spohr der Zeitung weitergesagt haben. Er sieht drei Hauptprobleme: die enorme Schuldenlast und das zu hohe Kostenniveau der Berliner sowie kartellrechtliche Fragen. Air Berlin – Deutschlands zweitgrösste Fluggesellschaft – ächzt unter einem Schuldenberg von über einer Milliarde Euro und wird vor allem durch Finanzspritzen des arabischen Grossaktionärs Etihad in der Luft gehalten. Mit einem Sparkurs und der Zusammenlegung von Geschäften versucht das Unternehmen derzeit, finanziell wieder an Kraft zu gewinnen. Zeitweilig war sogar eine Staatsbürgschaft im Gespräch. Diese hält die Airline aber nicht mehr für nötig. (BWE)
Es wäre eine einmalige Chance gewesen, um einen richtig starken heimischen Reisekonzern zu schaffen. Es kam anders und nun sind wir der letzte Schweizer Reiseunternehmer.
Ja, wir gewinnen neue Kunden, auch weil Kuoni einige Filialen geschlossen hat. Zudem sehe ich es positiv: Wären wir zum Zug gekommen, hätte die Integration viele Ressourcen verschlungen, die wir jetzt für Projekte wie Bedfinder und Google einsetzen können.
Natürlich ist das Bolzen von Badeferien in Massenmärkten nicht mehr unser Hauptprodukt. Aber wir müssen dennoch beides anbieten. In Grossbritannien sind wir nur als Spezialist tätig, bringen Engländer in die Alpen zum Skifahren oder zum Wandern nach Indien. Und mit Interhome und Inter Chalet sind wir der führende Vermittler von Ferienwohnungen und -häusern in Europa.
Wir prüfen ständig Übernahmen, gerade im Nischenbereich in England und der Schweiz.
Nein, noch nicht, aber im Herbst werden wir uns treffen. Herr Zumbrunnen hat natürlich viele Dossiers auf dem Pult.
Da mache ich mir keine Sorgen. Denn ich weiss, dass Hotelplan Group innerhalb der Migros einen guten Stellenwert hat. Nicht nur, weil Hotelplan von Gottlieb Duttweiler gegründet wurde, sondern auch, weil wir gut unterwegs sind. Wir sind agil und innovativ und verdienen Geld.
Das gab es auch, natürlich. Unser Geschäft ist nun mal volatil. Aber unsere Aktionärin kann damit umgehen und verfolgt eine langfristige Strategie.
Besser, da wir Italien nicht mehr haben (lacht). Und der Kuoni-Effekt hilft uns ebenso.
Momentan sieht es danach aus. Aber der Herbst als entscheidende Buchungsperiode steht noch aus.
Auch da sind wir auf sehr gutem Weg. Trotz Terror, trotz Trump, trotz Brexit. Das Pfund verlor zwar an Wert, weshalb wir die Preise in England erhöhen mussten. Bis jetzt aber ohne grosse negativen Effekte.
Es gab bereits im Frühling Anpassungen, da Air Berlin seine Passagiere auf Niki-Air-Maschinen auslagerte. Das ging gut über die Bühne.
Ja, aber wir hätten gerne mehr Sicherheiten für eine solide, langfristige Planung.
Wenn wir die Tickets kaufen und es bei Air Berlin plötzlich zu einem Grounding käme, würden wir gegenüber dem Endkunden haften. Das wäre extrem aufwendig und teuer! Davon gehe ich momentan nicht aus, aber mit einem Swissair-Grounding hat damals auch niemand gerechnet. Kleine Reisebüros buchen nun vermehrt über uns, da sie nicht selber haften möchten.
Wir brauchen Zusagen betreffend Stabilität des Flugprogrammes und Zugeständnisse der Aktionäre in Bezug auf finanzielle Sicherheit.
Im Vergleich zu anderen Märkten ist die Airline-Auswahl in der Schweiz schon heute relativ klein. Auf Strecken wie Wien, Mailand oder Brüssel, wo zum Teil nur Airlines der Lufthansa-Gruppe hinfliegen, sind die Preise oft massiv überteuert.
Genau. Inzwischen müssen wir der Swiss sogar eine Zusatzgebühr bezahlen für ihre Flugtickets. Diese Situation ist extrem unbefriedigend. Die Swiss muss sich der Konsequenzen ihres Handelns bewusst sein, wenn sie den Druck auf die Reisebüros ständig erhöht. Schliesslich gibt es Alternativen, insbesondere auf der Langstrecke. Emirates fliegt nicht grundlos zweimal täglich mit einem A380 Zürich an.
Griechenland – immer wieder gerne!