Kommentar
Zurück zur ausserordentlichen Lage? Was undenkbar schien, darf wegen Omikron kein Tabu mehr sein

Erste Politiker und Staatsrechtler fordern, der Bundesrat müsse die Grundlage für eine schnellere Reaktionsfähigkeit schaffen. Was ist davon zu halten?

Patrik Müller
Patrik Müller
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Denkwürdiger Tag: Der Bundesrat erklärte am 16. März 2020 die ausserordentliche Lage. Er konnte so Massnahmen beschliessen, ohne die Kantone einzubeziehen.

Denkwürdiger Tag: Der Bundesrat erklärte am 16. März 2020 die ausserordentliche Lage. Er konnte so Massnahmen beschliessen, ohne die Kantone einzubeziehen.

Bild: Keystone

Wer mehr Macht für den Bundesrat verlangt und die Kantone übergehen will, macht sich in der föderalistischen Schweiz nicht beliebt. Trotzdem darf kein Tabu sein, was erste Politiker und Staatsrechtler jetzt fordern: Eine Rückkehr zur ausserordentlichen Lage. Warum?

Kurz vor Weihnachten befinden wir uns in einer ähnlich unberechenbaren Situation wie Mitte März 2020, als der Bundesrat die ausserordentliche Lage ein erstes Mal ausrief.

Der Grund hat sieben Buchstaben: Omikron.

Diese Mutante ist noch einmal viel ansteckender als frühere Varianten. Die wissenschaftliche Taskforce rechnet damit, dass die Neuinfektionen in drei Wochen auf 25'000 pro Tag ansteigen könnten. Schon jetzt, bei Fallzahlen um 10'000, sind die Spitäler am Anschlag.

Zwar führt Omikron nach heutigem Wissen seltener zu schweren Verläufen als Delta & Co., aber sicher ist man nicht. Hinzu kommt, dass mehr Arbeitnehmende denn je in Quarantäne müssen, was kritische Branchen wie Gesundheit, Energie und Polizei hart treffen wird und die Betriebssicherheit infrage stellen könnte.

Panik wäre ebenso falsch wie naives Abwarten. Wir sind krisenerprobt und wissen aus Erfahrung: Schnell zu reagieren hat sich stets als besser erwiesen als Zögern und Zaudern – um später dann umso härter durchzugreifen.

Das spricht für die ausserordentliche Lage. Sie gäbe dem Bundesrat die Kompetenz, sofort Massnahmen beschliessen, falls Omikron explodiert. Sollten diese nicht nötig werden: Umso besser.