Glaubt man Paul Georg Meister, dem Betreiber des Internet-Portals Grenchen.net, hat Boris Banga Kontakte im Vorfeld zur jetzt aufgeflogenen Internet-Affäre abgeblockt. Viele Grenchner haben von der Affäre gewusst, wagten aber offenbar nicht, sich mit den Bangas anzulegen.
Andreas Toggweiler
«Eine Anzeige von Banga wäre für uns wahrscheinlich von Vorteil», erklärt Paul Georg Meister, Betreiber der Internet-Seite Grenchen.net. Der angezählte Grenchner Stadtpräsident, der übers Wochenende in die Schlagzeilen geraten war, weil von seinem Computer aus zumindest stillose Kommentare ins Portal von grenchen.net gestellt worden waren (für die seine Frau die Verantwortung übernahm), kündigte gegenüber «Sonntag« rechtliche Schritte an, weil sein Computer gehackt worden sei. Eröffnet Banga hier einen Nebenkriegsschauplatz, um vom Problem der Mails abzulenken?
Paul Georg Meister jedenfalls behauptet: «Alles war legal und wir haben keinen Computer gehackt. Wenn Banga so sicher ist, wie er in den Medien sagt, dann soll er die Anzeige doch endlich machen». Der Internet-Provider könne in diesem Fall sicher abklären, ob der Computer gehackt wurde und zu Handen der Strafverfolgungsbehörden den gesamten Mailverkehr sicherstellen. Dann sehe man auch, ob noch weitere diffamierende mails von diesem Computer aus abgesetzt wurden.
Wie genau Meister zur Info über den Computer der Bangas kam, konnte oder wollte er gestern nicht sagen. Ausgeschlossen, dass der Computer gehackt wurde, ist zurzeit nicht. Internet-Provider geben nur gegenüber Untersuchungsbehörden an, wer hinter einer IP-Adresse steckt. Bei Computern mit fixen Internet-Adressen kann ein Portalbetreiber allerdings einfach alle Beiträge auflisten, die von dort eingetroffen sind. Und zumindest in einer frühen Phase hat Barbara Banga unter ihrem richtigen Namen Einträge auf Grenchen.net vorgenommen.
Schwierige Suche
Anfang Januar habe er jedenfalls erfahren, dass der Computer der Bangas das «Corpus delicti» ist, sagt Meister. Er habe danach einen befreundeten Anwalt um Rat gefragt, der ihm davon abgeraten habe, das Gespräch mit Banga unter vier Augen zu suchen. «Ich sollte jemand suchen, der als Zeuge dabei ist, beispielsweise die Fraktionspräsidenten.»Diese Suche gestaltete sich nach Meisters Darstellung als ausnehmend schwierig. Die beiden Fraktionspräsidenten der CVP und der FDP hätten beide abgewunken, anders SVP-Fraktionschef Heinz Müller. «Doch das wollte ich nicht, weil sonst ein falscher Eindruck entsteht», sagt Meister.
In der Tat hatte Müller und eine SVP-Entourage im Dezember Grenchen.net mit 10 000 Fr. vor dem Untergang bewahrt. Seither sieht sich Meister mit dem Vorwurf konfrontiert, ein Sprachrohr der SVP zu sein, was er aber vehement bestreitet. «Ich habe das Geld nur angenommen unter der Bedingung, dass keinerlei politische Verpflichtungen damit verbunden sind», beteuert der Portalbetreiber. Auch habe immer volle Transparenz bestanden. Müller und die weiteren Investoren (zumindest die Mehrzahl von ihnen, Anm. d. Red) hätten offen kommuniziert. Gleichzeitig hätten die Sponsoren auch gewusst, dass Meisters Büro anlässlich der letzten Gemeinderatswahlen für die SP gearbeitet habe.
Zurück zur Zeugensuche: Er habe in der Folge noch mehr Personen aus Wirtschaft und Politik angefragt, ihn zu einem Gespräch mit Banga zu begleiten: es habe drei weitere Absagen gegeben.
Fraktionschefs waren orientiert
Wollte sich niemand in Grenchen mit Banga anlegen? CVP-Fraktionschef Andreas Kummer bestätigt, von Meister über das «Problem» mit dem Computer der Bangas orientiert worden zu sein. Ob dabei auch über ein weiteres Vorgehen verhandelt wurde, muss offen bleiben. Kummer wollte dazu gestern keine Stellung nehmen. FDP-Fraktionschef Hubert Bläsi bestätigt seine «Mitwisserschaft» ebenfalls, er habe Meister aber geraten mit einem Anwalt bei Banga vorszusprechen, sagt Bläsi. Gar nichts sagen will SP-Fraktionschef Urs Wirth, da es sich um eine Privatangelegenheit der Familie Banga handle.
«Irgendwie hat dann Boris Banga» von der Sache Wind bekommen», so Paul-Georg Meister weiter. Dieser habe aber nicht mit ihm direkt Kontakt aufgenommen, sondern mit seinem Bruder Thomas Meister. Dieser habe Banga schriftlich vorgeschlagen, ein Gespräch unter sechs Augen zu führen. Banga habe aber nicht reagiert.. Später habe er, Paul Georg Meister, Banga selber noch per Mail kontaktiert, worauf ihm Banga mit einer Klage wegen Verleumdung und Ehrverletzung gedroht habe.
«Durchschaubare Schlammschlacht»
Boris Banga war gestern nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Das Ehepaar Banga liess am Abend per Anwalt ausrichten, Barbara Banga entschuldige sich für die Fehler «bei den Betroffenen, der Öffentlichkeit und insbesondere bei Ihrem Mann». Sie habe die Beiträge auch verfasst, um zu zeigen «dass auf grenchen.net nach wie vor jeder Inhalt publiziert wurde» - auch mit Pseudonymen. Dies nachdem sie den Betreiber schon früher aufgefordert habe, die Blog-Beiträge zu überprüfen.
Bangas sprechen ferner von einer «durchschaubaren Schlammschlacht» von grenchen.net. Diese habe angefangen. als Meister das Mandat für die Betreuung der offiziellen Website von Grenchen verloren habe. Die Plattform sei zudem zugestandenermassen aus SVP-Kreisen finanziert.