Verkehrspolitik
«Warum machen wir keinen Stützli-Bus?»: Nach Debatte im Kreuzlinger Parlament riecht es nach Kompromiss – günstiger statt gratis

Der Kreuzlinger Gemeinderat öffnet mit dem neuen Parkierungsreglement die Geldschatulle aus Parkgebühren- und bussen auch für den öffentlichen Verkehr. Für einen Gratis-Stadtbus reicht der politische Wille aber wohl nicht.

Urs Brüschweiler
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Die Ticketautomaten im Stadtbus werden kaum so rasch abmontiert.

Die Ticketautomaten im Stadtbus werden kaum so rasch abmontiert.

Bild: Andrea Stalder

Das Parkierungsreglement ist unter Dach und Fach. Durch knapp zwei Stunden Diskussion und zwölf Abstimmungen quälte sich das Kreuzlinger Stadtparlament am Donnerstagabend. Doch am Ende wollten 26 der 40 Gemeinderäte die Kuh vom Eis bringen, nachdem eine erste Version der Vorlage im November 2021 einstimmig zurückgewiesen worden war.

«Die Leute wollen ja wissen, warum sie Parkbussen erhalten.» So formulierte SP-Gemeinderat Andreas Hebeisen, Präsident der vorberatenden Kommission, etwas salopp, die Bedeutung des Reglements.

Séverine SchindlerSVP-Gemeinderätin.

Séverine Schindler
SVP-Gemeinderätin.

Bild: PD

Die Debatte verlief vorwiegend sehr detailbetont. Am meisten zu reden gaben jene Parkplätze am Hafen Seegarten, welche Mietern eines Bootsliegeplatzes vorbehalten sind. Statt 100 Franken für eine Saisonkarte sollen diese mit einer neuen Parkkarte 35 Franken pro Monat bezahlen, wie sonst üblich in der Stadt. Was für einige Ratsmitglieder einer drastischen Gebührenerhöhung gleichkam. SVP-Gemeinderätin Séverine Schindler sagt:

«Die Gebührenzahler sind keine Milchkühe.»

Eine knappe Mehrheit entschied jedoch, dass es für die betroffenen Parkplätze künftig keine Sonderbehandlung mehr geben solle.

Mit dem Geld aus den Kreuzlinger Parkuhren, darf künftig auch der öffentliche Verkehr gefördert werden.

Mit dem Geld aus den Kreuzlinger Parkuhren, darf künftig auch der öffentliche Verkehr gefördert werden.

Bild: Andrea Stalder

Sonderstatus für Badi-Parkplatz wankt

Keine spezielle Erwähnung im Reglement findet der Parkplatz des Freibads Hörnli. Dass Badegäste dort günstiger parkieren können, als anderswo, ist einer Abmachung mit der Betreibergenossenschaft geschuldet. Dieser Sonderstatus gehöre eigentlich abgeschafft, forderte Jost Rüegg von der Freien Liste. Dies oer selber über 100-mal die Badi nutzte in der vergangenen Saison. Es sollten keine Anreize mittels Jahreskarte geben, regelmässig das Auto zu benützen. Die Gebühren für die Badigäste werden wohl ins Wanken kommen. Stadtrat Thomas Beringer sicherte zu, dass der Stadtrat die Tarife überprüfen werde. In naher Zukunft wird die Stadt sowieso den Betrieb des Freibads von der Genossenschaft übernehmen.

Quersubventionierung finden nicht alle gut

Politisches Kernstück der Vorlage war jedoch ein anderes. Nämlich was mit den stattlichen Summen passiert, welche jährlich aus Parkgebühren an die Stadt fliessen. Sie füllen eine Spezialfinanzierung, die mittlerweile auf rund 20 Millionen Franken angewachsen ist. In diesen Topf fliessen künftig zusätzlich auch noch die Einnahmen aus den Parkbussen. Mit dem neuen Parkierungsreglement geht nun ein Systemwechsel einher, denn die Überschüsse sollen neu auch zur Förderung des öffentlichen Verkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs verwendet werden können, statt ausschliesslich für die Deckung der Kosten für Parkierungsanlagen. Eine Quersubventionierung, die manch bürgerlichem Politiker zwar nicht passt, für die jedoch in Kreuzlingen ein Konsens gefunden wurde.

Ein Stadtbus am Bärenplatz.

Ein Stadtbus am Bärenplatz.

Bild: Andrea Stalder

Unterstützung für Gratisbus bröckelt

Finanziert werden sollte auf diese Weise, so die Idee von Mitte-Gemeinderat Thomas Dufner, ein Gratis-Stadtbus. Der Vorschlag, welcher im vergangenen Juni klare Unterstützung aus dem Stadtparlament erfuhr, scheint aber nicht Realität zu werden. Ein Bericht des Stadtrats hält das Ansinnen nicht für zielführend. Dufner nahm am Donnerstag Stellung dazu und er zeigte sich höchst unzufrieden damit. Es fehlten schlicht konkrete Aussagen, was das der Gratis-Stadtbus kosten würde und nachvollziehbare Erklärungen, weshalb die Stadt den Versuch nicht wagen wolle.

Thomas DufnerMitte-Gemeinderat.

Thomas Dufner
Mitte-Gemeinderat.

Bild: PD
«Mir machen den Stadtbus einfach ein bisschen günstiger, damit wir nicht den Mut haben müssen, etwas Visionäres zu wagen.»

So nehme er die Haltung der Stadtregierung wahr. Er hoffe, dass sich der Stadtrat noch einen Schupf gibt, und trotzdem einen Versuch wagen will. Dufner glaubt nach wie vor, dass ein Gratisbus, ein Erfolg werden würde.

Und wenn man einfach nur die Tarife senken wolle, dann müsse es schon ein Hammer sein.

«Warum machen wir keinen Stützli-Bus?»

Vieles deutet nun darauf hin, dass immerhin ein Einzelticket für einen Franken aber durchaus bald Realität werden könnte. Der Stadtrat schlägt im Bericht nämlich eine umfassende Preisreduktion von bis zu 60 Prozent vor. 350’000 Franken jährlich wolle er dafür lockermachen. Die Finanzierung über die Einnahmen aus Parkgebühren und Parkbussen ist nun gesichert. Entschieden wird darüber erst, wenn der Stadtrat eine entsprechende Botschaft vorlegt. Im Parlament wird er mit dem Kompromiss gute Chancen haben. Denn während die Unterstützung für den Gratis-Bus zu bröckeln schien – insbesondere die SP betonte, dass der Vorschlag populistisch und nicht die richtige Lösung sei –, können sich mit einer weiteren Vergünstigung die Fraktionen weitestgehend anfreunden.