ST.GALLEN. In Vilters haben zwei Katzen Wursträdchen heimgebracht, die mit Rattengift versetzt waren. Der Polizei fehlen bisher Hinweise, wer dahinter steckt. Klar ist: Wesentlich gefährlicher als Rattengift sind für Haustiere Schneckenkörner. Und: Dem Liebling abzutrainieren, etwas vom Boden zu fressen, ist praktisch unmöglich.
Das Erfreuliche vorneweg: Den beiden Katzen, die am vergangenen Freitag mit Rattengift versetzte Wurst nach Hause gebracht haben, geht es gut. Das erklärt Hans Peter Eugster, Mediensprecher der St.Galler Kantonspolizei, auf Anfrage. Er blickt zurück: Die Halterin der Tiere sei stutzig geworden, als diese die Wursträdchen nicht gefressen hätten. Daraufhin habe die Frau einen bläulichen Schimmer im Fleisch bemerkt. Die Tiere wurden vorsorglich behandelt. Hinweise, wer die Wurststücke ausgelegt hat, gibt es bisher nicht. Genauso wenig wie andere aktuelle Fälle von vergifteten Ködern im Kanton – laut Eugster registriert die Polizei pro Jahr nur einzelne davon.
Kein Arsen und Strychnin mehr drin
Filippo Bentivoglio ist Tierarzt in St.Gallen. Er hatte in den vergangenen Jahren weder eine Katze noch einen Hund in Behandlung, der wegen Mäuse- oder Rattengift schliesslich gestorben wäre. «Ein Grund ist, dass die Mittel nicht mehr so stark sind wie früher, als Arsen und Strychnin darin enthalten waren», sagt er. Die heute verwendeten Gifte führen laut Bentivoglio zu Blutungen oder wirken narkotisch. «Katzen und vor allem Hunde müssen ein rechtes Quantum zu sich nehmen, bis es gefährlich wird», hält er fest. Ruft ein besorgter Tierhalter an, versucht Bentivoglio abzuklären, welche Menge an Mäuse- oder Rattengift die Katze beziehungsweise der Hund zu sich genommen hat. Ist ein tierärztliches Eingreifen angezeigt, erhält der Vierbeiner Vitamin K oder eine Bluttransfusion, sofern das Gift Blutgerinnungsmittel enthielt. Wenn es narkotische Wirkung hatte, wird das Tier überwacht, allenfalls wird ihm auch Wärme zugeführt, um ein Abkühlen zu verhindern.
Krämpfe, Organschäden
Wesentlich gefährlicher als Mäuse- und Rattengift ist für Haustiere laut Filippo Bentivoglio Schneckengift: «Es führt zu Krampferscheinungen, Koordinationsstörungen und Organschäden», sagt der Tierarzt. Bentivoglio hat deswegen schon Hunde einschläfern müssen, beispielsweise wegen Nierenschäden. Katzen sind weniger betroffen, weil sie laut Bentivoglio zurückhaltender bei der Aufnahme von giftigen Stoffen sind - was sich auch bei den beiden Katzen in Vilters gezeigt hat.
Selbst im Welpenalter sehr schwierig
Die Redewendung sagt: Eine Katze ist eine freie Mitarbeiterin, die sich wenig bis nichts sagen lässt; der Hund hingegen ein Angestellter, der Gehorsam lernt. Trotzdem: Bello beizubringen, nichts vom Boden zu fressen, ist praktisch unmöglich. Das bestätigt Josua Conrad, Präsident der Sektion St.Gallen der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft. «Der Gehorsam muss Hunden bereits im Welpenalter antrainiert werden. Aber bereits da ist es sehr schwierig durchzusetzen, dass ein Hund nichts vom Boden frisst», hält er fest. Der Grund: Hunde seien von ihrem Naturell her Jäger.
«Alles geht viel zu schnell»
Natürlich könne der Besitzer das Tier zu sich rufen, wenn er sehe, dass es sich beispielsweise einem Miststock nähere, sagt Josua Conrad weiter. «Aber wenn vergiftete Köder ausgelegt sind, merkt das der Halter nicht im Vornherein. Und wenn der Hund sie riecht, geht alles viel zu schnell, um ihn noch am Fressen zu hindern», so Conrad. Umso verwerflicher findet er es, wenn Menschen auf solch perfide Art versuchen, Tiere zu vergiften. «Wenn ich von solchen Vorfällen höre, habe ich jeweils schlimme Gedanken – warum sollte man einer Katze oder einem Hund so etwas antun?»