Die Nagra hält das Zürcher Weinland als Tiefenlagerstandort weiterhin für geeignet. Neuste Bohrungen untermauern diese Haltung.
Bei der nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) vervollständigt sich das Bild des Untergrunds in der Standortregion Zürich Nordost. Seit März wurden in Marthalen bis in eine Tiefe von 1100 Meter zahlreiche Gesteinsproben entnommen, die in den nächsten Monaten in der Universität Bern weiter analysiert werden.
Die Resultate der diesjährigen Bohrung in Trüllikon und der Bohrung Ende der 1990er-Jahre in Benken zeigen: Der feingliedrige Opalinuston, eine Gesteinsschicht, die sich aus Sicht der Nagra für ein Endlager eignet, befindet sich in einer Tiefe zwischen 600 und 700 Meter. Er sei über 100 Meter dick, wasserdicht und erfülle somit die Grundvoraussetzungen für ein Wirtsgestein für die Tiefenlagerung. «Die grösste Knacknuss war das Durchbohren einer Kluft», sagt Philipp Senn, Geologe der Nagra. In 900 Meter Tiefe habe es im Gestein einen Riss im Zentimeterbereich gegeben, wodurch Bohrspülung verloren ging.
Philipp Senn erklärt an einem Online-Mediengespräch weiter, dass die Nagra zurzeit Vorbereitungsabklärungen für eine zusätzliche Bohrung in Rheinau treffe, wo es tektonische Zerreiss- oder Bruchstellen im Untergrund, sogenannte Störungen, gebe. Die Untersuchung soll jedoch nicht der Standortcharakterisierung dienen, sondern belegen, welchen Einfluss Störungszonen im Gestein auf den Opalinuston haben. Im Herbst soll die Entscheidung fallen, ob man diese Untersuchung mit einer Tiefenbohrung in Rheinau, in einer anderen Standortregion oder sogar mit Modellierungen im Felslabor Mont Terri durchführen wird. Die Erkenntnisse sollen allen drei Standortregionen dienen und würden am Ergebnis der Bohrungen im Weinland nichts mehr verändern.
Zurzeit wird der Bohrplatz in Marthalen abgeräumt und das Equipment samt Bohrturm in die Region Jura Ost gebracht, wo im August eine zweite Bohrung beginnt. In der Standortregion Zürich Nordost wurden acht Gesuche für Tiefenbohrungen eingereicht. «Es ist nicht ausgeschlossen, dass es eine zweite Bohrung gibt, aber es sieht nicht danach aus», sagt Senn. Auf Thurgauer Gemarkung seien auch keine Messungen mehr geplant.
Bei der Bohrung in Trüllikon wurde zum Schluss noch eine kleine Bohrlochseismik gemacht, die über die Kantonsgrenze hinaus ging. Auf Thurgauer Gemarkung könnten allenfalls noch ein paar seismische Untersuchungen nötig werden. Senn bemerkt, dass das Tiefenlager aber nicht unter das Gebiet der Gemeinde Schlatt kommen werde.
In der zweiten Etappe des Standortauswahlverfahrens wurde der Radius für die Erschliessung der Oberflächeninfrastruktur über die Zürcher Kantonsgrenze hinaus gelegt. Mittlerweile fokussiert sich die Lage der Oberflächeninfrastruktur auf die Gemeinden Marthalen, Rheinau und Benken.