Serie
Advents-Serie Folge 6: «Nach dem Essen tanzen wir im Kreis um den Baum»

Verschiedene Traditionen prägen die Advents- und Weihnachtszeit. Doch nicht in jedem Land und in jeder Familie wird auf die gleiche Weise gefeiert. Im Rahmen dieser Serie erzählen Menschen aus aller Welt ihre persönliche Weihnachtsgeschichte. In dieser Folge ist es Marianne Jörgensen, die in Dänemark aufgewachsen ist.

Emilie Jörgensen
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Marianne Jörgensen kreiert jedes Jahr eine neue, besondere Adventsdekoration. (Bild: PD)

Marianne Jörgensen kreiert jedes Jahr eine neue, besondere Adventsdekoration. (Bild: PD)

An mein erstes Weihnachten kann ich mich nicht erinnern, aber ich besitze seitdem drei Gegenstände, die bei mir zu Weihnachten gehören. Ein traditioneller Weihnachtbock aus Stroh, der mit roten Stoffbändern verziert ist. Da diese aber mit der Zeit so grau wie meine Haare wurden, habe ich sie mit passenden grauen edlen Stoffbändern ausgetauscht. Zu den weiteren Gegenständen gehört auch ein handgestickter Adventskalender, der meine Grossmutter für mich gemacht hat.

Ich war das erste Enkelkind, das damit beschenkt wurde. Danach folgten noch weitere vier Enkelkinder und elf Urenkelkinder. Der letzte Gegenstand ist eine handbemalte Glocke, aus der dänischen, königlichen Porzellanmanufaktur, die meine Tante für mich gemacht hat. Ansonsten ist meine Adventsdekoration eher untraditionell, da ich alles selber in Master-Class-Kursen für Floristik mache.

Dieses Jahr besteht die Dekoration aus Weinstockrinde und getrockneten, versilberten Herbstblättern, die ich auf einer dreidimensional gedruckten Abformung einer Lotusschale arrangiert habe. Dazu gehören aus Tradition immer die Kerzen. Die dunkle Adventszeit im Norden wird mit viel Kerzenlicht, warmer Glögg und gebackenen Æbleskiver aus der Gusspfanne «hyggeligt» gemacht.

Am 24. Dezember beginnen wir frühmorgens mit dem Dekorieren des Weihnachtsbaumes. Er wird mit einer Kette mit der dänischen Flagge umgewickelt und an die Spitze kommt ein goldiger Stern. Essbare Sachen wie Äpfel, Mandarinen oder kleine Tüten mit Gebäck und Kerzen hängen am Baum.

Nach Tradition gibt es Entenbraten mit karamelisierten Kartoffeln, Rotkraut, Sauce und Dörrpflaumen. Zum Dessert gibt es in jedem dänischen Haushalt «Ris à l`amande» mit heisser Kirschsauce. Wer in seinem Dessert eine ganze Mandel findet, bekommt sogar ein Mandelgeschenk – oft Bücher oder weiche Kuschelsocken. Nach dem Essen werden endlich die Kerzen am Baum angezündet und wir tanzen im Kreis rund um den Baum und singen traditionelle, dänische Weihnachtslieder. Der letzte Tanz geht wild durchs ganze Haus, um Weihnachten in jede Ecke zu bringen.

Wenn es an der Tür klopft, kommt der Weihnachtsmann und bringt für jeden schöne Geschenke. Als Kind habe ich immer vergeblich versucht, hinter seinen weissen Bart zu schauen. Meist kam mir die Stimme bekannt vor, aber nie konnte ich mich entscheiden, ob es nun der Onkel oder Nachbar war.

Meine schönsten Kindheitserinnerungen sind aber die magischen Momente ganz früh am Morgen des 25. Dezembers, wenn alle Familienmitglieder sich im Wohnzimmer im Schlafrock trafen und nochmals die Geschenke inspizierten. Dabei haben wir immer die Reste von Mandarinli und Marzipankonfekt gegessen, bis das grosse Weihnachtsbuffet am Mittag eröffnet wurde. Den ganzen Nachmittag genossen wir verschiedene hausgemachte Fisch- und Fleischgerichte, gekochten Federkohl und Desserts. Immer waren lustige Gesellschaftsspiele und selbstverständlich Walt Disneys Weihnachtsshow im Fernsehen unser Highlight.

Marianne Jörgensen

Marianne Jörgensen wuchs im Norden Dänemarks auf und lebt nun seit rund 28 Jahren in der Schweiz. Zusammen mit ihrem Mann Michael arbeitet die 54-Jährige in ihrer gemeinsamen Zahnarztpraxis in Wattwil als Dentalhygienikerin. Nebenbei beschäftigt sich die zweifache Mutter mit kreativen Einrichtungs- und Designaufgaben. (emj)

Alle Folgen der Advents-Serie finden Sie hier