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Weil ein Autofahrer eine Privatstrasse benutzte, stellte sich ihm ein Anwohner in den Weg. Danach kam es zur Schlägerei zwischen den beiden. Das Kreisgericht St.Gallen sah die Schuld des einen Mannes als nicht erwiesen.
Ein 34-jähriger Schweizer sah sich am Kreisgericht St.Gallen mit dem Vorwurf konfrontiert, er habe bei einem Gerangel seinen Kontrahenten an der Schulter und einer Rippe verletzt. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm einen Strafbefehl wegen einfacher Körperverletzung geschickt und ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 150 Franken und einer Busse von 900 Franken sanktioniert.
An der Verhandlung begründete der Beschuldigte, weshalb er den Strafbefehl nicht akzeptieren wollte. Er schilderte, wie an einem Samstag im Mai 2022 abends nach 20 Uhr ein Wagen auf die Privatstrasse seines Wohndomizils eingebogen sei. Trotz klar signalisiertem Fahrverbot komme es oft vor, dass Autos die Strasse benutzten. Er sei dem Fahrzeug entgegengegangen und habe dem Lenker mit den Händen signalisiert, dass er wenden solle.
Weil die Insassen des Wagens, zwei Männer und zwei Frauen, der Aufforderung zum Wenden nicht nachkamen, nahm der Beschuldigte sein Handy hervor und machte eine Fotoaufnahme des Fahrzeugs. Daraufhin stieg einer der Männer aus dem Wagen und forderte den Beschuldigten auf, das Foto zu löschen. Es kam zu einem ersten Gerangel, bei dem der Privatkläger das Handy des 34-Jährigen nahm und es in Richtung eines Walds warf.
Er habe erkannt, dass er gegen die Autoinsassen nichts ausrichten könne, habe sein Handy aufgehoben und sich in Richtung Wohnhaus entfernt, beschrieb der Beschuldigte den weiteren Verlauf des Geschehens. Plötzlich habe er im Nacken und später in den Kniekehlen einen Schlag verspürt. Er sei zu Boden gegangen und habe für eine kurze Zeit ein Blackout gehabt.
Nachdem er sich aufgerappelt habe und weiter auf das Haus zugelaufen sei, habe ihn der Privatkläger erneut angegriffen und rückwärts gerissen. Dabei seien beide gegen hinten gefallen, wobei er auf dem Privatkläger zu liegen gekommen sei. Schliesslich kehrte der eine zum Auto zurück, der andere ging ins Haus und rief die Polizei an.
Die Verteidigerin verlangte einen Freispruch von Schuld und Strafe. Sämtliche Personen, die beim Vorfall dabei gewesen seien, hätten das Geschehene unterschiedlich geschildert. Damit sei in keiner Weise belegt, was sich wirklich zugetragen habe. Eine weitere Ungereimtheit sei, dass der Privatkläger zu Protokoll gegeben habe, er habe an jenem Tag wenig Alkohol getrunken. Eine der Frauen habe hingegen ausgesagt, er sei ziemlich stark betrunken gewesen.
Höchst fraglich sei zudem, ob die Verletzungen tatsächlich von diesem Vorfall stammten. Als der Privatkläger Tage später in ärztliche Behandlung gegangen sei, habe er einen Treppensturz als Grund für die Verletzungen angegeben. Erst als er von der Anzeige gegen ihn erfahren habe, sei er auf eine andere Geschichte umgeschwenkt. Auch habe niemandem von den Auskunftspersonen erzählt, der Privatkläger habe nach dem Vorfall über Schmerzen geklagt. Eigentlich sei es absurd, dass überhaupt ein Strafbefehl gegen ihren Mandanten erlassen worden sei.
Der Einzelrichter kam ebenfalls zum Schluss, dass der Beschuldigte einen Freispruch erhalten muss und die Zivilklage des Privatklägers abzuweisen ist. Es gebe tatsächlich vier verschiedene Versionen vom Ablauf des Geschehens, erklärte er zum Urteil. Auch sei nicht klar bewiesen, dass die Verletzungen des Privatklägers von jenem Samstag im Mai 2022 stammten. Die Verfahrenskosten von 1950 Franken trägt der Staat. Ausserdem erhält der Mann für seine private Verteidigung eine Entschädigung von 5460 Franken.