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Dank einer Spende hat das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) des Kantons St.Gallen neu ein Beratungsangebot für traumatisierte Flüchtlinge aus der Ukraine. Dies kam dank einer Spende zu Stande. Geschäftsleiter Christian Rupp sagt, was es mit dem neuen Projekt auf sich hat.
Das SRK Kanton St.Gallen hat ein neues Projekt, das psychologische Unterstützung für Kinder und Erwachsene aus der Ukraine anbietet. Wie kam es dazu?
Christian Rupp: Aufgrund der allenfalls grossen Anzahl traumatisierter Geflüchteten aus der Ukraine wollten wir diesen Menschen möglichst rasch und effektiv Unterstützung bieten können. Das Restaurant Jägerhof in St.Gallen hat an einem Benefiz-Dinner 10’000 Franken für ukrainische Flüchtlinge gesammelt. Geschäftsführer und Küchenchef Agron Lleshi hat sich entschieden, den gesamten Betrag dem Schweizerischen Roten Kreuz Kanton St.Gallen zu spenden. Diese grosszügige Spende hat die Umsetzung der Idee nun möglich gemacht.
Die Gravita ist das Zentrum für Psychotraumatologie des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) des Kantons St.Gallen. Gravita klärt ab und behandelt im tagesklinischen Setting psychisch schwer belastete geflüchtete Menschen und Asylsuchende welche an einer Traumafolgestörung leiden. Geflüchtete Menschen haben oftmals schon im Kindes- und Jugendalter durch Krieg, Verfolgung, Inhaftierung, Folter und Flucht traumatische Erfahrungen gemacht. (bro)
Wohin genau fliesst das Geld?
In die Gravita, unser Zentrum Psychotraumatologie. Mit der Jägerhof-Spende können wir konkret die Dolmetscher-Kosten für ein Abklärungsgespräch und zwei therapeutische Folgegespräche decken.
Dass sich Gravita um von Flucht traumatisierte Menschen kümmert, ist nicht neu. Was ist beim Ukraine-Projekt anders?
Normalerweise werden die Geflüchteten bei Gravita über 20 Wochen verteilt während dreier Tage am Stück in einer Tagesklinik behandelt. Beim neuen Angebot, das sich an die traumatisierten Geflüchteten aus der Ukraine richtet, handelt es sich um eine Krisenintervention und damit ambulante Behandlung. Das heisst, psychologische und medizinische Fachpersonen kümmern sich nach einem ärztlichen Abklärungsgespräch in fünf therapeutischen Gesprächen um die traumatisierten Menschen aus der Ukraine.
Warum richtet sich dieses Angebot nur an ukrainische Geflüchtete?
Der Ukraine-Krieg brach plötzlich aus, innert kurzer Zeit erreichten Tausende Frauen und Kinder die Schweiz, Hunderte davon den Kanton St.Gallen. Wir wissen nicht, wie lange diese Menschen bei uns bleiben. Daher wollten wir möglichst rasch ein niederschwelliges Angebot auf die Beine stellen. Aufgrund des Schutzstatus S, wodurch ein ordentliches Asylverfahren – wie zum Beispiel bei Flüchtenden aus Syrien oder Afghanistan – entfällt, war der Aufbau dieses Ukraine-Projekts möglich. Aktuell befinden wir uns in der Startphase. Wir haben bereits einzelne Zuweisungen von Kindern erhalten.
Gibt es weitere Unterschiede?
Ja. Der Schutzstatus S für die Geflüchteten aus der Ukraine vereinfacht deren Integration. Dadurch liegt der Fokus mehr auf den medizinischen als den integrativen Aspekten. Neu werden auch Kinder und Jugendliche behandelt, was bisher nicht der Fall war.
Welche Unterstützung bietet Gravita in der Ukraine-Krise sonst noch an?
Es gibt eine Telefonberatung für alle jene Personen, die Geflüchtete aus der Ukraine betreuen. Dort erhalten sie Hilfe, wenn sie nicht mehr weiter wissen und vor einer besonders herausfordernden Situation stehen. Zum Beispiel, wenn der Vater einer ukrainischen Familie im Kampf gefallen ist.
Was sind die Symptome eines Kriegtraumas?
Nicht alle Menschen, die Gewalt und Flucht erlebt haben, entwickeln automatisch eine Traumafolgestörung. Andere leiden durch im Krieg gemachte traumatische Erfahrungen an Symptomen wie Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwäche oder fehlende Emotionsregulierung und sind dadurch massiv in ihrer Alltagsfunktion eingeschränkt oder entwickeln eine Depression oder Angststörung.