Ein Akademiker hat sich am Kantonsgericht vergeblich gegen eine Verurteilung wegen Pfändungsbetrugs und anderer Delikte gewehrt. Die Wurzel allen Übels sei ein erstinstanzliches Urteil, betont er.
Claudia Schmid
Der Mann war im Jahr 2003 bei der Scheidung dazu verpflichtet worden, seiner Exfrau und dem gemeinsamen Kind monatlich 5200 Franken Alimente zu zahlen. Dieser Betrag wurde zwei Jahre darauf bestätigt. Schon damals habe er gesagt, das sei ein krasses Fehlurteil, welches ihn ruinieren werde, erklärte der Beschuldigte an der Berufungsverhandlung. Und genau so sei es gekommen. Die persönliche Verletzung habe ihn an den Rand eines Suizids geführt, die Höhe der Alimente in die Schuldenfalle.
Nach seiner zweiten Heirat und der Geburt zweier Kinder wurde der Betrag an die Exfrau und das erste Kind zwar auf 3300 Franken herabgesetzt, die Schuldenspirale hatte sich aber bereits gedreht. Diverse Rechnungen blieben unbezahlt. Die Geprellten waren unter anderem das Steueramt, die Krankenkasse, Versicherungen und andere Gläubiger. Das Betreibungsamt leitete die Pfändung ein. Alle Einkünfte über dem gesetzlich festgelegten Existenzminimum musste der Beschuldigte fortan abliefern. Der Mann ging darauf diversen Nebenerwerbstätigkeiten nach und verschwieg diese dem Betreibungsamt. Der Pfändungsbetrug flog auf. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Strafverfahren ein. Im März 2016 verurteilte ihn das Kreisgericht St. Gallen zu einer bedingten Geldstrafe von 240 Tagessätzen à 120 Franken und einer Busse von 500 Franken.
Die Wurzel des Problems liege eindeutig darin, dass er seiner Ex-Frau und dem gemeinsamen Kind 5200 Franken Alimente habe zahlen müssen, wiederholte der Beschuldigte mehrmals vor Gericht. Seine zweite Frau habe nicht verstehen können, wieso die Ex-Frau so viel Geld bekomme und sie sich einschränken müsse. Sie habe ihm erklärt, gehe dies mit den finanziellen Verhältnissen so weiter, verlasse sie ihn. Also habe er Nebenerwerbstätigkeiten gesucht, um die Schulden zurückzahlen und der Familie etwas bieten zu können.
In letzter Zeit habe er sich wieder gefangen. Er sei aktiv an der Bewältigung seiner finanziellen Angelegenheiten und schaue mit Zuversicht auf die kommenden Jahre. Nun wolle er, dass ihm die Gerichte nicht weitere Steine in den Weg legten. Er verlange einen Freispruch von Schuld und Strafe. Gleichzeitig mit dem Urteil habe das Kantonsgericht ein Konzept zu erstellen, wie er nach dem krassen Fehlurteil aus dem Jahre 2003 weiterhin gesunden könne. Einem der Richter des Kreisgerichts sei eine Rüge zu erteilen und gegen eine Betreibungsbeamtin ein Strafverfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung zu eröffnen.
Der vorsitzende Richter versuchte dem Beschuldigten zu erklären, dass das Kantonsgericht keine gesetzliche Berechtigung dazu habe, irgendwelche Konzepte zu erstellen oder Rügen zu erteilen. Seine Aufgabe sei es, das erstinstanzliche Urteil vom 15. März 2016 zu überprüfen. Er gab auch seiner Verwunderung Ausdruck, dass der Beschuldigte gegen die beanstandeten Pfändungsverfügungen nie unentgeltliche Beschwerde eingereicht und damit den Rechtsweg beschritten hatte. Er habe nicht gewusst, dass dies möglich sei, sagte der Mann.
Das Richtergremium beschloss, das Urteil zu einem späteren Zeitpunkt bekanntzugeben. Ungeachtet dessen, wie der Entscheid ausfalle, wünsche er dem Beschuldigten von Herzen, dass er den nun eingeschlagenen Weg weitergehe, betonte der vorsitzende Richter. Er anerkenne seine Bemühungen und sei überzeugt, dass er sich auf den richtigen Pfad begeben habe.
In der Zwischenzeit hat das Kantonsgericht sein Urteil veröffentlicht. Es veränderte den Entscheid der Vorinstanz nur geringfügig. So wird der Mann des mehrfachen Pfändungsbetrugs, der mehrfachen Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte, des mehrfachen Ungehorsams des Schuldners im Betreibungsverfahren, des Fahrens ohne Fahrzeugausweis, der missbräuchlichen Verwendung von Kontrollschildern und der Übertretung der Verkehrsregelverordnung für schuldig erklärt. Die bedingte Geldstrafe fällt etwas geringer aus. Sie beträgt 240 Tagessätze à 80 Franken. Die Busse bleibt bei 500 Franken.