Die FDP Schweiz sucht eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Fraktionschef Beat Walti. Im Gespräch war auch die St.Galler Nationalrätin Susanne Vincenz. Sie verzichtet nun aber auf eine Kandidatur.
Die FDP braucht eine neue Führungsperson im Bundesparlament: Der Zürcher Nationalrat Beat Walti tritt als Fraktionschef zurück. Heute Dienstag läuft die Bewerbungsfrist für seine Nachfolge ab.
Im Gespräch für das Spitzenamt war auch die St.Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher. Sie verzichtet nun aber auf eine Kandidatur, wie sie auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt:
«Ich habe mich entschieden, trotz grossem Interesse an diesem Amt und sehr wertschätzender Unterstützung aus dem Kreis der Fraktionsmitglieder nicht fürs Fraktionspräsidium zu kandidieren.»
Vincenz nennt zwei Hauptgründe für ihren Entscheid. Der erste betrifft die Herkunft: Die Westschweizer Freisinnigen möchten den Sitz in ihre Sprachregion holen. «Ich anerkenne den nachdrücklich angemeldeten Anspruch der Groupe Latin auf dieses Amt», so Vincenz. Mit Olivier Feller (Waadt) und Damien Cottier (Neuenburg) stünden zwei sehr gute Kandidaten mit interessanten Profilen zur Verfügung.
Der zweite Grund: Vincenz möchte Präsidentin der FDP-Frauen Schweiz bleiben. Die parallele Ausübung des Amtes als Fraktionschefin und des Frauenpräsidiums erscheine nicht ideal:
«Bei dieser Ausgangslage gebe ich dem Frauenpräsidium den Vorrang. Es ist mir wichtig, dass wir uns auch zukünftig pointiert äussern können.»
Zudem seien die FDP-Frauen aktuell mit der Volksinitiative zur Einführung der Individualbesteuerung und damit mit einem sehr wichtigen Projekt unterwegs. «Auch sonst haben wir noch viele Pläne, um Frauen für die FDP zu begeistern.»
Pointiert geäussert hatte sich Vincenz vor kurzem in der Debatte über die künftige Stromversorgung der Schweiz. Ein Strategiepapier der FDP-Parteispitze verlangt, dass es keine gesetzlichen Technologieverbote in der Energiepolitik geben dürfe. Damit wäre auch der Bau neuer Atomkraftwerke nicht mehr ausgeschlossen. An ihrer Delegiertenversammlung am kommenden Samstag will die FDP über das Papier entscheiden.
Gegenüber der «NZZ am Sonntag» übte Vincenz vor zwei Wochen Kritik: «Sich jetzt für den Bau neuer AKW auszusprechen, sendet ein falsches und irreführendes Signal aus. Es suggeriert fälschlicherweise, dass die FDP glaubt, man könne mit dem Bau neuer AKW die drohende Stromlücke abwenden. Und es torpediert den Effort für den Ausbau der erneuerbaren Energien.» Die FDP-Frauen würden im Hinblick auf die Delegiertenversammlung eigene Anhörungen mit Fachpersonen planen und dann auf dieser Basis ihre Haltung zum Thema Kernenergie festlegen, so die St. Galler Nationalrätin gemäss dem Artikel.
Einstweilen ist das Rennen um das FDP-Fraktionspräsidium noch nicht entschieden. Die Romandie konnte sich nicht auf einen Kandidaten einigen: In einer Sitzung der welschen FDP-Parlamentsmitglieder erhielten Feller und Cottier fast gleich viele Stimmen. Die Groupe Latin hat der Bundeshausfraktion nun eine offene Wahl vorgeschlagen. Die NZZ und der «Tages-Anzeiger» warfen angesichts dieser Uneinigkeit die Frage auf, ob am Ende vielleicht doch Susanne Vincenz die «lachende Dritte» sein werde. Jetzt ist klar: Dazu kommt es nicht.
Die Wahl des neuen Fraktionspräsidiums ist am 18. Februar geplant. Der Wechsel an der Fraktionsspitze soll bereits auf die kommende Frühjahrssession stattfinden.