Seit Juli wird die Lions-Organisation Schweiz-Liechtenstein vom St.Galler Robert Günthart geführt. Nun erzählt er über seine neue Funktion bei der grössten Serviceorganisation der Welt – und was die Lions Clubs eigentlich so tun.
Der St.Galler Unternehmer Robert Günthart hat einen steilen Aufstieg innerhalb des Lions Club Schweiz-Liechtenstein hinter sich. Nachdem er 2010 Gründungspräsident des Lions Club St.Gallen-Mörschwil war, danach als Zonen- und Regionenpräsident und zuletzt als Governor des Schweizer Distrikt Ost diente, fungiert Günthart seit Juli als neue «Council Chairperson» des Multi Distrikts 102 – auf gut Deutsch: Der 52-jährige Ostschweizer ist neuer Präsident des Lions Clubs Schweiz-Liechtenstein.
Der Schweizer Lions Club ist Teil der Serviceorganisation Lions Club International, die 1917 in Chicago vom amerikanischen Geschäftsmann Melvin Jones ins Leben gerufen wurde. «Lions» steht dabei für Liberty, Intelligence, Our Nation's Safety (zu Deutsch: Freiheit, Intelligenz, Sicherheit unserer Nationen). Heute ist der Lions Club International mit rund eineinhalb Millionen Mitgliedern in über 200 Ländern die grösste gemeinnützige Organisation der Welt. Der Lions Club Schweiz-Liechtenstein, seinerseits einer der ersten Ableger ausserhalb der USA, hat rund 10'000 Mitglieder. Die insgesamt 270 lokalen Lions Clubs sind in drei Distrikte eingeteilt: Distrikt West, Centro und Ost. Unter dem Motto «Wir dienen» unterstützen die Schweizer und Liechtensteiner Lions diverse Wohltätigkeitsprojekte im In- und Ausland.
Auf dem Präsidenten einer so grossen Organisation lastet denn auch eine grosse Verantwortung: «Es ist eigentlich ein 50-Prozent-Job», so Günthart, der zudem als Geschäftsführer der St.Galler Versicherungsmaklerfirma Swibro arbeitet. Es sei eine sehr vielseitige Aufgabe, die grossen Spass mache. Als Präsident repräsentiert Günthart nicht nur die Schweizer und Liechtensteiner Lions bei internationalen Konferenzen, sondern führt auch die Schweizer Governorratssitzungen und die sozialen Aktivitäten der Schweizer und Liechtensteiner Lions Clubs.
«Wir wollen in Schwergewichtsthemen wie Sehkraft, Hunger, Hygiene, Umwelt und Kinderkrebs möglichst viele Aktivitäten lancieren.»
Eine dieser sozialen Aktivitäten ist das Projekt «Clean Water»: Um die Wasseraufbereitung in Tadschikistan, dem ärmsten Land Zentralasiens, zu verbessern, will der Lions Club Schweiz-Liechtenstein bis 2023 zwei Millionen Franken sammeln. Mit dem gesammelten Geld sollen insgesamt acht biologische Wasseraufbereitungsanlagen gebaut werden. Damit will man für adäquate Hygieneverhältnisse in tadschikischen Spitälern sorgen und der hohen Rate an Durchfallerkrankungen im Land entgegenwirken. Bis anhin konnten bereits zwei derartige Anlagen im Wert von je 300'000 Franken finanziert und gebaut werden.
Doch nicht nur im Ausland wird geholfen, auch in der Region setzt sich der Lions Club für das Gemeinwohl ein. In der Ostschweiz unterstütze man diverse, vor allem kleinere Projekte, sagt Günthart. Und weiter:
«Die meisten Projekte sind nicht so medienwirksam und finden daher eher im Hintergrund statt.»
So unterstützen die drei St.Galler Lions Clubs Gossau-Fürstenland, St.Gallen Dreilinden und St.Gallen-Mörschwil jährlich die «Dreamnight» im Walter Zoo Gossau: Für einen Abend im Jahr öffnet der Tierpark die Türen ganz exklusiv für Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen und deren Familien. Die St.Galler Lions helfen jeweils bei der Organisation und Finanzierung des Events.
Weiter unterstütze man öfters einzelne Projekte und Familien in Not, sagt Günthart. Im Juni etwa spendete der Lions Club Bad Ragaz gut 12'000 Franken für acht Familien aus der Region, die aufgrund der Coronapandemie einen schweren persönlichen Härtefall erlitten hatten. Derlei Projekte würden fast täglich von den regionalen Lions Clubs koordiniert werden, unterstreicht der 52-jährige Familienvater. Corona habe das Engagement der Schweizer und Liechtensteiner Lions dabei keineswegs gemindert – im Gegenteil: Da zuletzt viele Events und Meetings aufgrund von Corona abgesagt werden mussten, blieben die Jahreskassen der einzelnen Clubs weitgehend ungeöffnet: «Wir konnten dadurch fast mehr Projekte unterstützen als noch vor Corona», sagt Günthart.
Unterstützung in der Organisationsleitung erhält Günthart in diesem Jahr von einem Frauenquartett: Zum ersten Mal in der Geschichte der Schweizer Lions führen drei Frauen die einzelnen drei Distrikte an. Mit Generalsekretärin Karin Engelmann ist das Vierergespann an Frauen um Präsident Günthart perfekt. Dieser witzelt:
«Ich bin von Damen umgeben, das ist sehr angenehm, aber natürlich auch eine Herausforderung.»
Die numerische Überlegenheit von Frauen in der Führung von Lions Club Schweiz-Liechtenstein zeige, dass derzeit ein regelrechter Aufbruch im Gange sei. Die Lions-Organisation sei zwar nach wie vor männerdominiert, allerdings konnte der Frauenanteil zuletzt von weit unter zehn Prozent auf über zwölf gesteigert werden, so der gebürtige St.Galler. Das liege daran, dass sich viele reine Männerclubs in den letzten Jahren auch Frauen geöffnet haben. Männerclubs haben bei den Lions eine lange Tradition, denn erst seit 1987 dürfen Frauen in Lions Clubs beitreten, 1988 entstand der erste Schweizer Lions Club mit weiblicher Beteiligung in Lausanne.
Früher wurde bei einzelnen Clubs gar Wert darauf gelegt, jeweils nur zwei Personen pro Berufsgattung pro Club zuzulassen. Dies mit der Intention, den unternehmerischen Austausch zu fördern. Das sei mittlerweile nicht mehr so, betont Günthart. Die Lions-Organisation habe sich in den letzten Jahren sehr geöffnet. Bei den Lions seien Menschen jeglichen Geschlechts oder Berufes, jeglicher Herkunft oder politischen Gesinnung willkommen:
«Wir sind offen für alle, die sich für das Gemeinwohl engagieren wollen.»