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Nach einer Generalüberholung für 150'000 Euro in Romanshorn ist der Schaufelraddampfer am Dienstag von der «Oesterreich» nach Hard geschleppt worden. Eine neue Gesellschaft betreibt und vermarktet die beiden nautischen Veteranen ab dieser Saison gemeinsam. Mit an Bord ist auch die Schweizerische Bodensee Schifffahrt (SBS). Der Zusammenschluss ist nicht zuletzt für Fahrgäste aus der Schweiz eine gute Nachricht.
Auf einem riesigen Schlitten gleitet die «Hohentwiel» in Zeitlupentempo ins Wasser vor der Werft der Schweizerischen Bodensee Schifffahrt (SBS) in Romanshorn. Viele Fotografen und Kameramänner halten den Moment fest. Das Schiff sieht nach fünfwöchiger Generalüberholung wieder aus wie damals vor 31 Jahren, als es nach der Rettung in alter Pracht zur zweiten Jungfernfahrt in See gestochen war. Drei Tonnen Quaggamuscheln haben die Werftarbeiter vom Unterwasser abgekratzt und im Gegenzug drei Tonnen Farbe neu aufgetragen, nachdem sie den Rumpf, den Schornstein und die Schaufelräder abgeschliffen hatten. Auch das Wappen mit Schriftzug sowie alle Decks sind wieder so gut wie neu.
150'000 Euro habe sich der Verein Internationales Bodensee-Schifffahrtsmuseum als Eigentümer des letzten Schaufelraddampfers am Bodensee mit Jahrgang 1913 die Frischzellenkur kosten lassen, sagte Präsident Josef Büchelmeier an einer Medienorientierung am Dienstag. Der Auftrag sei ihnen in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders willkommen gewesen, sagte SBS-Verwaltungsratspräsident Hermann Hess.
Zurück in den Heimathafen nach Hard liess sich die «Hohentwiel» vom Art-déco-Motorschiff Oesterreich mit Baujahr 1928 schleppen, das nach aufwendiger Restauration seit 2019 wieder auf dem Bodensee unterwegs ist und der Museumsschiff Oesterreich GmbH gehört. Es wäre zu teuer gewesen, für die kurze Strecke extra den Kessel des Dampfschiffes zu beheizen. Seite an Seite fahren die beiden Oldtimer künftig auch in organisatorischer Hinsicht. Statt zwei Betreibergesellschaften gibt es künftig nur noch eine mit dem Namen Historische Schifffahrt Bodensee (HSB), was vieles einfacher und vor allem auch billiger machen soll.
Benno Gmür, der Geschäftsführer der neuen Firma, sagt:
«Das heutige Konstrukt war nicht führbar und kommerziell nicht erfolgreich.»
Allein in den letzten beiden Jahren ist ein Defizit von rund 900'000 aufgelaufen, für das die Besitzer der beiden Schiffe aufkommen. Der Zusammenschluss dürfte zu Einsparungen im Umfang von 300'000 bis 350'000 Euro führen, schätzte Gmür, der als Delegierter des SBS-Verwaltungsrates und Sanierer der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein über einschlägige Erfahrungen verfügt. Synergieeffekte gebe es auf fast allen Ebenen, von der Nautik bis hin zum Marketing. Neuer Oberkapitän wird Robert Kössler.
Teilhaber der HSB sind neben den beiden Schiffseigentümer auch die Gemeinde Hard mit einer Minderheitsbeteiligung von voraussichtlich rund 10 Prozent sowie die SBS, wobei deren Anteil noch nicht genau definiert ist. Die Rede war am Dienstag von 20 Prozent. Die Entscheide fallen erst in den nächsten Wochen.
Der Einstieg der SBS in welchem Umfang auch immer sei sehr erfreulich, sagte Büchelmeier, der ehemalige Oberbürgermeister von Friedrichshafen und Präsident des Vereins Internationales Bodensee-Schifffahrtsmuseum.
«Mit ihr als professionellem Partner sieht unsere Zukunft viel besser aus.»
Denn bis jetzt war die Schweiz sowohl für die «Hohentwiel» als auch die «Oesterreich» weitgehend unerschlossenes Gebiet. Das soll sich ändern. Das Markt-Potenzial ist da. Dem «Hohentwiel»-Trägerverein gehören aktuell über 1'500 Mitglieder aus der Schweiz an. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 461 und in Österreich 85. Die beiden nautischen Zeitzeugen seien keine Konkurrenz zur eigenen Flotte, sagte Hess. «Sie decken das Luxussegment ab, das wir nur am unteren Rand berühren.»
Auffällig ist, dass weder die deutsche Bodensee-Schifffahrt (BSB) noch die österreichische Vorarlberg-Lines Bodenseeschifffahrt als Pendents der SBS in ihren jeweiligen Ländern mitmachen bei der Hohentwiel-Schifffahrt. Erstaunlich sei das nicht, wenn man wisse, dass es bis heute keine Tageskarte für die Schifffahrt auf dem Bodensee gebe, sagte Gmür. Will heissen: Die Zusammenarbeit am Bodensee ist und bleibt schwierig. Es sei jedoch noch nicht aller Tage Abend, sagte Büchelmeier.