Grosser Hahnberg: Ein Anwesen fast wie aus einem Märchen

Das Barockschloss wurde vor über 400 Jahren auf einer Domäne oberhalb Arbons erbaut. Es ist von einem traumhaften Garten umgeben

Hana Mauder Wick
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Blick in ein Wohnzimmer mit Kamin..

Blick in ein Wohnzimmer mit Kamin..

Bild: Andrea Stalder (10. August 2020)

Das Anwesen liegt verborgen hinter hohen Hecken. Ein prachtvolles schmiedeisernes Tor verschliesst mächtig den Eingang. Das über 400-jährige Schloss war einst Wohnsitz einer einflussreichen Patrizierfamilie aus St. Gallen. Die Fassade leuchtet weiss, der Treppenturm steckt seine Spitze hoch in den Himmel. Diese Perle barocker Baukunst liegt eingebettet in einen traumhaften Garten.

In einer stillen Ecke ebendieses Gartens steht der Märchenbrunnen im Schatten der Bäume: Die Silhouette eines Mädchens beugt sich über einen kleinen Frosch, der nur einen Kuss später zum Prinzen werden will. Diesen Augenblick der Schwebe zwischen Wunsch und Wirklichkeit hat der Künstler Fritz Mettler auf anrührende Weise festgehalten. Der Brunnen steht als Sinnbild für die Geschichte, die zwar kein Märchen ist – aber schön genug, um wie eines zu klingen. Denn in 400 Jahren wechselte das Schloss mehr als 20 Mal den Besitzer.

Märchenbrunnen im Garten.

Märchenbrunnen im Garten.

Bild: Andrea Stalder (10. August 2020)

Ein Bijou mit 8'000 Quadratmeter Umschwung

Das einst stolze Anwesen verlor seinen Glanz, der Garten verwilderte, und Efeu rankte sich um den Turm. Bis das Schicksal vor 30 Jahren an die Tür klopfte: Der heutige Eigentümer erwarb das Anwesen und verwandelte es in ein Bijou. Auf die rund 8'000 Quadratmeter grosse Gartenanlage ist der Besitzer zu Recht stolz. Gegen 500 Rosenstöcke tauchen die Welt in satte Farben und verströmen ihren süssen Duft. Ein Sitzplatz mit Sonnenuhr lädt dazu ein, die Zeit zu vergessen.

Rosengarten Schloss Hahnberg

Rosengarten Schloss Hahnberg

Bild: Urs Bucher (4. August 2014)

Vom Märchenbrunnen zum Schloss hinauf führt der Weg vorbei am Jagdpavillon, der 40 Gästen bequem Platz bietet. In einem kleinen Weiher blühen Seerosen und spiegeln sich die Äste rarer Gehölze. Dazu zählt der «Taschentuchbaum» (Davidia involucrata). Seinen deutschen Namen trägt er, weil seine Blütenköpfchen von zwei cremeweissen Hochblättern umschlossen sind. Aber auch der Rad- oder Sauerbaum und sogar ein Küstenmammutbaum haben im Schlossgarten Wurzeln geschlagen. Im Frühling blühen hier Azaleen und Rhododendren in opulenter Farbenpracht. Perfekt geschnittene Ebenhecken umschliessen ein Rasenviereck mit Wegkreuz.

Ein Garten wie aus dem Bilderbuch

Ein Brunnen nach römischem Vorbild mit drei Schalen lenkt den Blick auf sich. «Diesen Brunnen habe ich gerettet», erzählt der Besitzer. «Er wäre sonst im Zürisee versenkt worden.» Stille Winkel und Nischen abseits des Notwendigen: Es ist ein Garten wie aus einem Bilderbuch. Am Rand dieses blühenden Paradieses ragt leicht erhöht das Schloss mit dreigeschossigem Hauptbau mit Kreuzgiebel gegen den Himmel auf. Ein Turm mit Kuppelhaube lenkt den Blick auf sich. «Erbaut 1626», steht über dem Eingangsportal aus Sandstein zu lesen.

Garten mit strengen geometrischen Formen.

Garten mit strengen geometrischen Formen.

Bild: Andrea Stalder (10. August 2020)

Ein Abbild des heiligen Georg wacht über die Geschicke all jener, die durch die schwere Nussbaumtüre eintreten. Im Gästezimmer im Erdgeschoss sorgt ein Himmelbett mit Baldachin und St. Galler Stickereien für ein fürstliches Ambiente. «Eine Besonderheit ist der über 100 Jahre alte Warenaufzug. Er gehört zu den ersten der Traditionsfirma Schindler», erzählt der Eigentümer. Der Respekt vor der Geschichte zieht sich als roter Faden durch die Ecken und Winkel des Hauses. Das Herzstück des Hauptgebäudes bilden zwei übereinanderliegende Säle. Von hier aus führen die Türen in die verschiedenen Räume.

Hier wird gelebt, geplant und gearbeitet

Die Schönheit liegt im Detail: Jeder der rund 3,20 Meter hohen Räume hat seinen eigenen Charme. Der Hausherr öffnet die Tür zum Saal im ersten Stock. Der Blick fällt auf einen hohen Kamin mit Sandstein-Einfassung und kunstvollen Verzierungen. «Die Jugendstildecke ist beeindruckend», erklärt er. Tatsächlich. Wer den Kopf in den Nacken legt, kann sich im Anblick der einzelnen Szenen verlieren: Schöne Tänzerinnen, ein Füllhorn, Musikinstrumente, Landschaftsszenen und ein Hirsch mit Jäger sind zu erkennen.

Ein alter Kachelofen.

Ein alter Kachelofen.

Bild: Andrea Stalder (10. August 2020)

Jedes Zimmer birgt einen historischen Schatz. Zum Beispiel die Stuck- und Kassettendecken sowie historische Kachelöfen aus dem 18. Jahrhundert. Vom Biedermeier-Sofa über den Barocktisch bis hin zum Zürcher Wellenschrank: Die Möbel aus dem 17. und 18. Jahrhundert stehen nicht als Ausstellungsobjekte im Raum. Hier wird gelebt, geplant und gearbeitet. Das ist kein Schloss aus einem Märchen und kein Museum. Es ist ein Zuhause mit einem gewissen Extra, das längst aus seinem Dornröschenschlaf erwacht ist.