Der Thurgauer Regierungsrat lässt einen Kauf von Schloss Gottlieben offen. Zunächst wolle er Abklärungen treffen, erklärt Bauvorsteher Dominik Diezi. Der Kaufpreis beträgt 15 bis 20 Millionen Franken. Dazu kommen erhebliche Sanierungskosten. Von einem Publikumsmagneten, schwärmt GP-Kantonsrätin Karin Bétrisey.
Offensichtlich liegt die Idee in der Luft. Gleich zwei Thurgauer Kantonsrätinnen legten am Mittwoch in der parlamentarischen Fragestunde dem Regierungsrat den Kauf von Schloss Gottlieben ans Herz. «Die Bevölkerung wünscht sich einen öffentlichen Zugang zu Schloss und Park», sagte Nina Schläfli (SP, Kreuzlingen).
Von einer «einmaligen Gelegenheit, dieses Juwel der Baukultur öffentlich zugänglich zu machen», schwärmte Karin Bétrisey (GP, Kesswil), die auch den touristischen Aspekt des «Publikumsmagneten» herausstrich: «Besucher könnten ab Frauenfeld mit dem Zug an den Bodensee und dann mit dem Schiff weiter nach Arbon gelangen.» Der Kanton habe die Möglichkeit, ein «unvergleichliches denkmalpflegerisches Leuchtturmprojekt» zu schaffen. Es würde weit über die Kantonsgrenze hinausstrahlen, da es direkt an der Landesgrenze liege.
Von den insgesamt 54 Schlössern des Kantons Thurgau seien nur 14 teilweise öffentlich zugänglich, meist als Seminarhotel, Restaurant oder Schulhaus. «Die Bijoux sind allesamt in Privatbesitz.» Schloss Arenenberg sei das einzige, das in seiner Substanz und Nutzung als Schloss erhalten sei und integral besichtigt werden könne, allerdings sei es «sehr klein und beschaulich». Schloss Gottlieben wäre deshalb nach Bétriseys Ansicht eine ideale Ergänzung zu Schloss Arenenberg.
Und anders als 2017, als das hoch über dem Untersee gelegene Schloss Eugensberg zum Verkauf stand, zeigte sich der Regierungsrat bei Gottlieben offen für ein kantonales Engagement. «Eine teilweise öffentliche Zugänglichkeit wäre wünschenswert», sagte Regierungsrat Dominik Diezi (Mitte). Die genaue Rolle des Kantons müsse er noch offenlassen. Zunächst müssten Gespräche mit den interessierten Seiten geführt werden. Die Frage sei: «Wie stellen wir das historische Erbe sicher?»
Diezi würdigte Schloss Gottlieben als «einzigartiges Baudenkmal». Die Wehrtürme stammten aus dem 13. Jahrhundert. Das Schloss verfüge über eine handwerklich hervorragende Innengestaltung. Die venezianische Fassade stamme vom Umbau durch den späteren französischen Kaiser Napoleon III. Der böhmische Reformator Jan Hus, der während des Konzils von Konstanz verbrannt wurde, sei von Ende März bis Anfang Juni 1415 im Westturm von Schloss Gottlieben eingekerkert gewesen. Die städtischen Museen Konstanz und das tschechische Kulturministerium seien deshalb auch interessiert. Diezi erwähnte eine «sichtbare statische Senkung im Innern». Die notwendigen Stabilisierungsmassnahmen seinen noch nicht absehbar. Es bestehe grosser Handlungsbedarf, auch im Park.
Bétrisey, die eine der beiden Fragestellerinnen, zeigte sich erfreut. Diezis Stellungnahme sei ein «Zeichen in die richtige Richtung». Sie übergab Diezi zum Dank ein Geschenk, das aus der Distanz nach Gottlieber Hüppen aussah. An einer öffentlichen Übergabe wurde sie von Ratspräsidentin Barbara Dätwyler gehindert, die am Mittwoch ihre liebe Not damit hatte, dass das unlängst eingeführte Format der Fragestunde nicht für anderes als einen knappen Informationsaustausch genutzt wurde.
In der Begründung ihrer Anfrage warnte Bétrisey auch davor, dass am Seerhein ein zweites Schloss Sonnenberg entstehen könnte: «Niemand will einen Besitzer, der ignorant in der Karibik weilt und jahrelang einen Kran stehen lässt». Auch auf Schloss Eugensberg spielte sie an: «Niemand will Tech-Millionäre, die historische Substanz ignorieren und aus egoistischen Gründen zerstören.»
Seit 1950 führte die Opernsängerin Lisa Della Casa mit ihrem Ehemann Dragan Debeljevic in Schloss Gottlieben ein zurückgezogenes Leben. Sie verstarb vor zehn Jahren, ihr Ehemann zwei Jahre nach ihr. Schlossherrin ist heute die 71-jährige Vesna Debeljevic. Nach Angaben der Immobilienmaklerin Ginesta AG verfügt Schloss Gottlieben über eine Nutzfläche von über 1400 Quadratmeter mit Option für weitere Flächen. Der Umschwung beträgt 16000 Quadratmeter. Der Preis liegt im Bereich von 15 bis 20 Millionen Franken.