Betreutes Bieseln bei der Frauenfelder Narrengesellschaft

Die Murganesen führen am Open Air die «WC Island». Hier kostet das Geschäft, dafür gibt’s Waschtrog, Schminkspiegel und Duftspray.

Stefan Hilzinger
Drucken
Händewaschen am Trog auf der «WC Island» der Murganesen. (Bild: Reto Martin)

Händewaschen am Trog auf der «WC Island» der Murganesen. (Bild: Reto Martin)

Die Herren der Schöpfung haben’s offenbar nicht gecheckt. «Keine Pissrinne» steht über dem Waschtrog schwarz auf weissem Karton. «Die einen meinten, das sei ein Pissoir», sagt Ivan Gubler, Präsident der Frauenfelder Narrengesellschaft Murganesen. Auf der «WC Island» gibt’s nur Sitzpinkler, ob Mann nun will oder nicht.

Seit vielen Jahren schon kümmern sich die Frauenfelder Narren um WCs auf dem Gelände des Frauenfelder Open Airs. Bis vor wenigen Jahren war dies meist eine Batterie blauer Toitoi-Boxen. Auch Duschen haben die Murganesen schon betrieben. Seit zwei Jahren nun liegt ihre Hüsli-Insel auf der Nordseite der Rennbahn beim Eingang zum Bühnenbereich. Zwölf Kabinen gibt es im Baucontainer, von aussen zugänglich und ohne Geschlechtertrennung.

Am Donnerstagnachmittag herrscht relative Ruhe. Im Gegensatz zu den anderen WCs auf dem Festivalgelände kostet der Gang zur Toilette zwei Franken. Mit Charme und Humor halten die Helferinnen und Helfer der Murganesen den Eingang unter Kontrolle. Wenn’s pressiert, darf auch schon mal jemand ohne Abbuchung der obligaten zwei Franken passieren. Ein Nicken quittiert die Aufforderung: «Gell, Du zahlst, wenn Du zurückkommst!»

Knapp vier Tage rund 
um die Uhr im Einsatz

Der Duftspray «Pure Cotton» sitzt griffbereit im Holster. (Bild: Reto Martin)

Der Duftspray «Pure Cotton» sitzt griffbereit im Holster. (Bild: Reto Martin)

Die Anlage mit den zwölf Kabinen ist rund um die Uhr im Betrieb. Rund 360 Stunden leisten die 25 Helferinnen und Helfer von Mittwoch, 18 Uhr, bis Sonntag, 14 Uhr in Schichten zu acht Stunden. An der Kasse steht immer jemanden, ausserdem zwei bis drei Personen pro Schicht, die zum Rechten schauen. Es muss stets sauber, und das Verbrauchsmaterial immer aufgefüllt sein. Bei Ivan Gubler steckt der Duftspray im Holster wie ein Revolver. Anita Müller, Vizepräsidentin der Murganesen, organisiert den Einsatz gemeinsam mit Gubler. Sie sagt:

«Bei uns fehlt der Ekelfaktor. Das schätzen die Leute.»

Kaum jemand verlässt die Insel ohne einen Blick in einen der vielen Spiegel, die an den Sichtschutzwänden hängen. Schnell mit den Fingern durchs Haar, etwa Lippenstift nachgezogen. Sitzt. Und wieder raus ins Gewühl des Festivals. Satte Beats beschallen die Insel. «Manche meinten schon, wir hätten hier eine Partyzone», sagt Gubler.

Abends, vor dem Hauptacts, staue sich das Volk jeweils vor den Kabinen und beim Waschtrog. Morgens habe ihn ein Mann mit eingeschäumten Bauch gefragt, wo er sich abduschen könne. «Wir sind ein WC, keine Dusche», habe er gesagt. Kaltes Wasser aus der Gartenbrause tat es dann auch.

Ein dankbarer Einsatz, gut für die Vereinskasse

Die Murganesen betreiben die WC Island im Auftrag des Organisationskomitees des Open Airs. Die Einnahmen aus der Benützung der WCs gehen ans OK. Die Arbeit der Murganesen entschädigt das Open Air im Stundenlohn. «Unser gemütliches Eggli ist eine wichtige Einnahmequelle für den Verein», sagt Müller. Wie viel das ist, bleibt geheim.

Bei vielen Frauenfelder Vereinen habe das Open Air einen guten Ruf, um mit einem Helfereinsatz etwas für die Vereinskasse zu verdienen. «Es ist toll hier, auch wenn einem die Musik nicht unbedingt gefällt», sagt sie. Die Arbeit auf der Grossen Allmend ermögliche ihr einen Einblick in eine völlig andere Welt, sagt die Leiterin des Ladengeschäftes der Firma Haabersaat.

15'000 WC-Besucher von Mittwoch bis Sonntag

Die Murganesen betreiben viel Aufwand für die vier Tage, damit der Gang aufs WC zum Erlebnis wird. «Mir scheint, als ob wir jedes Jahr mehr Material anschleppen», sagt Gubler. Da gehe es ihnen nicht anders, als den Open-Air-Besuchern, sagt er mit Blick auf die vorbeiziehenden, schwer bepackten Gruppen. Am Eingang meldet sich Kundschaft an. Ruhig halten alle den Bändel hin, um den Obolus abzubuchen Von Hektik noch keine Spur. Einer will nicht kapieren, dass zwei Franken fällig werden. Die Helfer schicken ihn freundlich weg. «Vergangenes Jahre durften wir 15'000 Kunden empfangen.»