SVP-Delegiertenversammlung
SVP gibt Sommaruga Schuld an der Energiekrise – und fordert Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg

Die drohende Energiekrise stand im Fokus der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz in Zug. Sie sei die absehbare Folge der Energiestrategie 2050, so der Tenor.

Peter Walthard
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Marco Chiesa attackierte an der Delegiertenversammlung der SVP die Politik von Bundesrätin Simonetta Sommaruga.

Marco Chiesa attackierte an der Delegiertenversammlung der SVP die Politik von Bundesrätin Simonetta Sommaruga.

Keystone

«3200 Franken mehr bezahlen – und erst noch kalt duschen?» Mit diesem Slogan machte die SVP 2017 gegen das Energiegesetz mobil – und verlor an der Urne. Nun will sie aus dem damaligen Slogan spätes politisches Kapital schlagen: «Was machten die anderen Parteien? Sie lachten uns aus. Heute lacht niemand mehr.» Mit diesen Worten eröffnete Parteipräsident Marco Chiesa am Samstag die Delegiertenversammlung der SVP Schweiz in Baar.

Grosses Thema: Die Energiekrise. «Ab dem Herbst kann es in der Schweiz kalt und dunkel werden. Dann ist fertig mit lustig», sagte Chiesa. Verantwortlich dafür sei Energieministerin Simonetta Sommaruga. Sie hätte deshalb nach Wunsch der Parteileitung am Samstag den SVP-Delegierten Red und Antwort stehen sollen. Ebenso der Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission, Werner Luginbühl. Beide hätten aber abgesagt, so Chiesa.

«Vom Ausland abhängig gemacht»

In die Höhle des Löwen gewagt hatte sich dafür SP-Nationalrat Roger Nordmann. Er hielt vor den Delegierten ein Referat über die Vorzüge der Solarenergie. Die Schweiz brauche einen massiven Ausbau der Photovoltaik. 13 Staumauererhöhungen und zwei neue Stauseen in den Alpen sollen dafür die Speicherkapazität liefern. Damit solle auch gleich der ganze Verkehr elektrifiziert und Gas- und Ölheizungen ersetzt werden, um auch noch von Benzin und Diesel unabhängig zu werden. In 20 Jahren werde die Solarenergie 50 Terawattstunden liefern, versprach er.

Nationalrat Alber Rösti brachte lieber Zahlen aus der Gegenwart. Bis jetzt habe die Energiestrategie 2050 keine Zuwächse bei Wasser- und Windkraft gebracht, und der Ausbau der Photovoltaik helfe im Winter nicht. «Das einzige, was mit der Energiestrategie 2050 realisiert wurde, ist der konkrete Ausstieg aus der Kernkraft», sagte Rösti mit Blick auf den Rückbau des AKW Mühleberg. Die Schweiz habe sich damit vom Ausland «dermassen abhängig» gemacht, dass fehlende Gasimporte nun der letzten Tropfen sein könnte, der das Fass zum Überlaufen bringe.

Swissmem-Präsident kritisiert «Schönwetterkonstruktion»

«Die von der SVP bei der Abstimmung über die Energiestrategie 2050 eingebrachten kritischen Argumente werden heute allesamt bestätigt», fasste er zusammen. Diese sei von einem sinkenden Stromverbrauch ausgegangen, Zuwanderung und Dekarbonisierung führten aber in naher Zukunft zu einer Verdoppelung des Verbrauchs.

Auch Stefan Brupbacher, Direktor des Branchenverbandes der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem kritisierte die Energiestrategie 2050 stark. Diese habe bei der Winterstromversorgung einfach auf Importe gesetzt. Das erweise sich nun als Schönwetterkonstruktion. Er verlangte, dass die Planung neuer Atomkraftwerke wieder möglich werden solle. «Es braucht Technologieoffenheit, weil wir heute nicht wissen, was die Technologie morgen bringt», sagte Brupbacher.

Martullo-Blocher: Anderswo werden AKW in sieben Jahren gebaut

Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher stiess in dasselbe Horn, kritisierte aber das Verhalten von Brupbachers Partei, der FDP. Diese habe einen entsprechenden Vorstoss der SVP nämlich nicht unterstützt. Nordmanns Argument, Atomkraftwerke könnten nicht kurzfristig gebaut werden, liess sie nicht gelten. In anderen Weltgegenden würden sie innerhalb von sieben Jahren gebaut, sagte Martullo-Blocher.

In einer im Anschluss an die Delegiertenversammlung versendeten Medienmitteilung wiederholte die SVP ihre Forderung nach dem Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Atomenergie. «Die Schweiz muss möglichst schnell neue Kernkraftwerke bauen dürfen», heisst es darin. Das Verbot neuer Atomkraftwerke in der Schweiz müsse aus dem Gesetz gestrichen werden, es handle sich um ein «Technologieverbot».

Nein zur Massentierhaltungsinitative, Ja zur AHV-Reform

Am Nachmittag fassten die Delegierten die Parolen für die Abstimmung vom 25. September. Sie sagten deutlich Nein zur Massentierhaltungsinitiative und Ja zu den beiden Vorlagen zur AHV-Reform.

Zur teilweisen Abschaffung der Verrechnungssteuer gab es keine Abstimmung – aus Zeitgründen und weil die Vorlage unbestritten ist, so die Mitteilung. Der Parteivorstand habe deshalb bereits im Vorfeld abschliessend die Ja-Parole gefasst.