Die nationalrätliche Sozialkommission spricht sich für die BVG-Reform aus und gegen das Kompensationsmodell der Sozialpartner. Die Linke taxiert die Ausgleichsmassnahmen als ungenügend.
Die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) hat sich in einer dritten Lesung mit der Sanierung der Beruflichen Vorsorge (BVG) befasst. Dabei hat sie die Reform mit 14 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen gutgeheissen, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilen. Kernelement der Vorlage ist die Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent sowie eine austarierte Kompensation für die daraus resultierenden Renteneinbussen.
Dieser Zuschlag soll mit den überobligatorischen Leistungen der Pensionskasse verrechnet werden. Die Sozialkommission sieht dabei folgendes Kompensationsmodell für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen vor: Für die ersten fünf Jahrgänge beträgt der Zuschlag maximal 2400 Franken im Jahr, für die zweiten fünf Jahrgänge maximal 1800 Franken und für die dritten fünf Jahrgänge maximal 1200 Franken pro Jahr. Dieses Ausgleichsmodell erfasse rund 35 bis 40 Prozent der Rentnerinnen und Rentner, heisst es.
Darüber hinaus beantragt die Kommissionsmehrheit, anders als ursprünglich beabsichtigt, dass die Versicherten den Rentenzuschlag nur soweit solidarisch finanzieren, als allfällig gebildete Rückstellungen der einzelnen Pensionskassen nicht ausreichen. Dazu soll der Sicherheitsfonds bei den Pensionskassen Beiträge von 0,15 Prozent der nach BVG versicherten Löhne erheben.
Zwei starke Kommissionsminderheiten beantragen dagegen andere Ausgleichsmodelle, so die Parlamentsdienste. Eine unterstützt das Modell des Bundesrates, der für alle Neurentner einen Rentenzuschlag vorsieht. Eine andere Minderheit sieht nur für Versicherte mit einem Altersguthaben bis zu gut einer halben Million Franken einen Rentenzuschlag vor. Dieser wäre für die ersten 20 Jahrgänge ausgerichtet und würde von Jahrgang zu Jahrgang sinken. Damit würden etwa 70 Prozent der Rentner erfasst.
Die FDP zeigt sich zufrieden mit den Kommissionsbeschlüssen. Die Entscheide seien «ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um die ungewollte Umverteilung zu reduzieren», lassen die Freisinnigen verlauten. Das von der Kommission verabschiedete Kompensationsmodell sehe «gezielte Ausgleichsmassnahmen» vor im Gegensatz zum Kompromiss der Sozialpartner, welchen auch der Bundesrat unterstützt hat. Diesen taxiert die FDP als «unnötig teuer».
Die Linke übt hingegen starke Kritik an den Beschlüssen. Die Sozialdemokraten schreiben in einer Stellungnahme: «Die rechte Mehrheit der SGK-N torpediert weiterhin die Reform der beruflichen Vorsorge.» Die Ausgleichsmassnahmen seien ungenügend und unsolidarisch finanziert. «Der Ständerat muss dies nun korrigieren», lässt sich Nationalrätin Barbara Gysi (SP) zitieren.
Auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB kritisiert die Entscheide. Die Bedingungen für eine solide Reform seien gut gewesen, die Sozialpartner hätten sich auf ein Kompensationsmodell geeinigt. «Doch anstatt die Realität der Versicherten zu anerkennen, orientiert sich die bürgerliche Kommissionsmehrheit an den Anliegen der Versicherer und Banken», so der SGB. Unter dem Strich bedeute das Modell der Kommission «massive Zusatzkosten für Arbeitnehmende mit tiefen Löhnen und Normalverdienende».
Nebst der Reform der zweiten Säule befasste sich die Sozialkommission auch mit derjenigen der ersten Säule. Diese sieht eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters für Frauen um ein Jahr auf 65 vor. In der Differenzbereinigung hält die Kommission mit 14 zu 10 Stimmen daran fest, dass die Erträge der Schweizerischen Nationalbank aus den Negativzinsen in die AHV fliessen sollen. Wie die Frauen der Übergangsgeneration von Kompensationen profitieren können sollen, will die Kommission laut Mitteilung aufgrund zusätzlicher Berechnungen an ihrer nächsten Sitzung beschliessen.