Energie
Sparappelle, zusätzliche Speicher und Verhandlungen: So wappnet sich die Schweiz für die drohende Gaskrise

Es ist die Ruhe vor dem Sturm: Auch in der Schweiz steigt das Risiko für eine Strom- und Gaskrise. Gleich zwei Bundesräte haben am Mittwoch die Bevölkerung auf einen wohl ungemütlichen Winter vorbereitet. Seine Hausaufgaben hat der Bund gemacht.

Samuel Thomi und Reto Wattenhofer
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Der Ukraine-Krieg wirkt sich auch auf die Gasversorgungs in Europa und der Schweiz aus. Dies einerseits, indem Wladimir Putin dem Westen den Gashahn zudreht. Andererseits, weil aufgrund der Unsicherheit die Preise für Energie generell steigen. Zusätzlich kommt hinzu, dass sich wegen dem warmen und trockenen Wetter die Stauseen in den Alpen weniger schnell füllen. Dabei steht die Stromversorgung bereits unter Druck, weil mehrere Atomkraftwerke in Frankreich aus Sicherheitsgründen bereits stillstehen.

An seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat sich der Bundesrat darüber informieren lassen, wie sich die Gas- und Strombranche sowie die Verwaltung auf mögliche Energieengpässe im Winter vorbereiten. Um die Energiesicherheit sicherzustellen, müssten alle Akteure zusammenarbeiten, erklärte Bundesrätin Simonetta Sommaruga vor den Medien. «Jetzt geht es ums Ganze.» Auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin sagte, dass Gas nächsten Winter knapp werden könnte.

Laut Sommaruga haben Bund, Kantone und die Branchen in den letzten sechs Monaten gut gearbeitet, um eine robuste Krisenstruktur zu etablieren. Während die Gasbranche inzwischen 3,8 der vom Bundesrat vorgegebenen 6 TWh zusätzlichen physischen Speicher im Ausland gesichert hat, und Offerten für den Rest vorliegen, drohen nun zusätzlich auch noch Engpässe in den Stauseen.

Am WEF haben die Bundesräte Sommaruga und Parmelin im Mai mit dem Deutschen Energieminister Habeck Gas-Verhandlungen vereinbart.

Am WEF haben die Bundesräte Sommaruga und Parmelin im Mai mit dem Deutschen Energieminister Habeck Gas-Verhandlungen vereinbart.

Keyston

Erste Verhandlungsrunde mit Deutschland

Die prognostizierten Zuflüsse in die Speicherseen lägen inzwischen «unter der Norm», sagte Werner Luginbühl, Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission. Bislang war die Landesregierung davon ausgegangen, dass Speicherseen für die Schweiz eine Rückfallebene seien.

Zudem hat mit Deutschland eine erste Verhandlungsrunde stattgefunden zu einem Gas-Abkommen. Wie weit die im Mai am WEF in Davos angekündigten Gespräche fortgeschritten sind, lässt der Bundesrat offen. Klar ist nur, dass rund drei Viertel der Gaslieferungen in die Schweiz durch Deutschland führen.

Wer sicher nicht frieren muss

Ebenfalls prüfen lässt der Bundesrat, wie in der Schweiz selber physische Gasspeicher aufgebaut werden könnten. Bislang existieren hierzulande keine. Entscheiden darüber will die Landesregierung im August.

Beschlossen ist dafür bereits, dass der Bund auf den Winter eine gross angelegte Gas-Sparkampagne plant. Sommaruga betonte, der Bund gebe schon seit langem Tipps, wie sich Energie lasse. Auch Kollege Parmelin plädierte dafür, über den eigenen Energieverbrauch nachzudenken. Die Industrie rief er ebenfalls sparsamen Verbrauch auf. Aktiv werden sollten auch Liegenschaftsverwalter.

Bereits festgelegt hat der Bundesrat zudem, wer bei einem effektiven Engpass im kommenden Winter nicht frieren soll: Haushalte sollten zu den geschützten Konsumenten zählen, schreibt die Regierung. Ausgenommen davon sind Bildungsinstitutionen und die öffentliche Verwaltung. Die Details des Kontingentierungsgesetzes will der Bund unter Konsultation der Industrie nun bis Ende August überarbeiten.