An zwei Pressekonferenzen informiert der Bundesrat über seine Pläne, wie er einer Gas- und Strommangellage vorbeugen und begegnen will. Nun ist klar: Bei Gasmangel geht es Freizeit und Wellness an den Kragen. Bezüglich Stromsparen ist noch wenig Konkretes bekannt.
Erstmals legt der Bund einen konkreten Plan vor, was im Falle einer Gasmangellage geschehen würde. Wirtschaftsminister Parmelin hat am Mittwoch vor den Medien ein Konzept vorgestellt, mit dem auch Verbote und Kontingentierungen geregelt werden sollen. Nun gehen die Vorschläge bei Kantonen, Verbänden und interessierten Kreisen in eine dreiwöchige Konsultation.
Kommt es trotz des Aufrufs zum freiwilligen Sparen zu einer Verschärfung der Mangellage, kann der Bundesrat die Unterbrechung der Erdgaslieferung für alle umschaltbaren Anlagen anordnen. Damit könne der Ergasverbrauch laut dem Bundesrat rasch um 15 bis 20 Prozent gesenkt werden.
Falls auch dies nicht ausreicht, könnte die Verwendung von Gas eingeschränkt werden. Konkret dürften Häuser mit Gasheizungen nur auf 19 Grad geheizt werden. Bei Boilern, die mit Gas betrieben werden, dürfte das Wasser nur noch auf 60 Grad erwärmt werden.
Verboten würde der Gasverbrauch in den Bereichen Freizeit und Wellness. Sprich: Leerstehende Ferienhäuser und -appartements dürften nicht mehr mit Gas beheizt werden, «sofern nicht Frost oder Feuchtigkeitsschäden entstehen», wie Bundesrat Parmelin an der Pressekonferenz ausführte. Vom Verbot betroffen wären auch Schwimmbäder, Wellnessbecken, Dampfbäder und Saunen sowie Heizstrahler, Gasgrills und Warmluftzelte.
Als letzte Massnahme käme es zu einer Kontingentierung. Betroffen wären alle Verbraucher – ausser sogenannten «geschützten Kunden»: Diese umfassen Privathaushalte, Spitäler, Alters- und Pflegeheime, Polizei und Feuerwehr, Betriebe zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung, der Energieversorgung, der Abwasserreinigung und der Abfallentsorgung und Betreiber von Weichenheizungen auf dem nationalen Schienennetz.
Die von einer Kontingentierung betroffenen Unternehmen könnten nicht genutzte Kontingente über einen Pool miteinander handeln, so der Bundesrat. Damit könnten die volkswirtschaftlichen Schäden verringert werden.
Wie der Bundesrat in der Mitteilung schreibt, käme dieses Konzept «erst im Falle einer unmittelbar drohenden oder bereits bestehenden schweren Mangellage» zum Einsatz. Das betonte auch Bundesrat Parmelin an der Pressekonferenz:
«Es werden immer nur die Massnahmen in Kraft gesetzt, die absolut nötig sind.»
«Mangels eigener Erdgasproduktion oder eigener Gasspeicher» geht es vor allem um Massnahmen, «mit denen die Nachfrage gesteuert wird». Konkret: Mit denen der Gasverbrauch reduziert wird. Ziel dabei wäre stets, «eine Verschlechterung der Versorgungslage und damit die Notwendigkeit von weitergehenden Massnahmen zu verhindern», schreibt der Bundesrat. Die Massnahmen wären befristet und würden «so rasch wie möglich» aufgehoben.
Zudem müssten die Verordnungsentwürfe «unter Berücksichtigung der aktuellen Lage» angepasst werden. Beispielsweise könnten verschiedene Regionen unterschiedlich stark von Gasmangel betroffen sein, so der Bundesrat. Je nach Verlauf sei auch eine gestaffelte Umsetzung möglich.
Es ist eine illustre Runde, die zuvor am Mittwochnachmittag vor die Medien trat. Neben Energieministerin Simonetta Sommaruga und Wirtschaftsminister Guy Parmelin waren verschiedene Vertretungen aus Kantonen, Wirtschaft und Verbänden da. Angesichts des Aufgebots fielen die präsentierten Vorschläge aber eher dürftig aus. Ausser eindringlichen Worten und einfachen Alltags-Tipps, die einer breiten Bevölkerung bereits bekannt sein dürften, schaute wenig Konkretes heraus.
Immerhin: Sommaruga präsentierte eine Sparkampagne. Derzeit funktioniere die Energieversorgung noch, aber im Winter gelte es einen Engpass möglichst zu verhindern – «damit es für alle reicht», erklärte die Bundesrätin. Die Kampagne zeige, wie einfaches und freiwilliges Sparen möglich sei.
Auch Wirtschaftsminister Parmelin rief in Erinnerung: «Jede Kilowattstunde zählt – ob neu produziert, eingespart oder nicht verschwendet.» Das oberste Ziel sei, gar nicht erst in eine Mangellage zu geraten. Dafür schaffe der Bundesrat verschiedene Reserven, doch auch das Sparen mit vereinten Kräften sei zentral:
«Wenn wir uns alle anstrengen, sollten wir einen Engpass verhindern können.»
Parmelin wies auch auf eine Energiespar-Hotline hin, die ab Donnerstag aufgeschaltet wird – täglich von 8 Uhr bis 20 Uhr. Laut Roberto Schmidt, Präsident der Konferenz der kantonalen Energiedirektoren, laufe eine Umfrage bei den Kantonen, welche Massnahmen angedacht sind. Man bemühe sich, die Empfehlungen unter den Kantonen zu koordinieren.
Eindringliche Worte wählte auch Economiesuisse-Vorsitzende Monika Rühl. Der volkswirtschaftliche Schaden einer mehrwöchigen Energiemangellage belaufe sich auf über 100 Milliarden Franken. «Das wäre verheerend», so Rühl. Diese Zahl zeige aber nicht, wie einschneidend eine solche Situation wäre. «Die Grundfunktionen unseres Alltags wären gefährdet», erklärte Rühl.