Reporterin Rebekka Balzarini schreibt in der "Aargauer Zeitung" vom 16. August, der Aargau könnte in Zukunft von Israels Erfahrung im Umgang mit Frischwasser profitieren. "Ja nicht!", findet Reporter Samuel Schumacher. Israel darf punkto Wassermanagement keine Vorbildfunktion einnehmen.
Wie heiss und trocken die kommenden Jahre auch werden: Israels Umgang mit dem "blauen Gold" darf nicht zum Vorbild für den Wasserkanton Aargau werden. Klar: Der Umgang des jungen Landes mit der kostbaren Ressource ist – von der technologischen Warte aus betrachtet – eindrücklich. Bessere Wassermanagement-Systeme als in Israel gibt es kaum irgendwo und das Planungsvermögen israelischer Ingenieure ist zweifellos bewundernswert.
Doch Israel steht exemplarisch für eine Konsumhaltung, die den Umgang mit Wasser mittelfristig zum politischen Streitpunkt macht und die langfristig gar bewaffnete Konflikte um das nasse Gut provozieren dürfte. Die Strategie des jüdischen Staates könnte man mit "Israel First!" überschreiben. Dass Israel – ein Land, das kaum einmal Regen abbekommt und in dem es im Sommer unangenehm heiss wird – Autowaschanlagen, Aquaparks und sogar Ski-Zentren mit Kunstschnee betreibt, ist angesichts des grossen Wassermangels im direkt benachbarten Palästina pervers.
Die gefährlich egoistische Haltung, die Israel einnimmt, ist historisch gewachsen. Seit 1967 kontrolliert der Staat sämtliche Wasserressourcen im besetzten palästinensischen Autonomiegebiet. Flüsse, Seen, Bergquellen: Alle werden (mit Ausnahme einiger weniger Wasserquellen im palästinensischen Gaza-Streifen) von Israel kontrolliert. Das Grundwasser wird illegal aus den Flüssen abgepumpt und landet statt auf palästinensischen Feldern in israelischen Siedlungen.
Die Quelle des geschichtsträchtigen Abrahams-Brunnen vor den Toren der palästinensischen Grossstadt Nablus zum Beispiel ist schon vor Jahren versiegt. Der angrenzende Swimming-Pool, zu dem palästinensische Schulklassen im Sommer auf ihren Schulreisen pilgerten, ist leer. Um die wenigen Wasserquellen im Jordan-Tal, in dem arabische Beduinenstämme der Bruthitze trotzen und ihre Ziegen durch die trockenen Büsche jagen, patrouillieren israelische Soldaten. Wenn die Beduinen versuchen, an die Quellen zu kommen, werden ihre Wasserkarren beschlagnahmt. Wenn Touristen versuchen, die israelischen Pumpstationen zu fotografieren, werden sie von bewaffneten Soldaten gezwungen, die Bilder zu löschen.
Aktuelle Zahlen der Israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem zeigen das Missverhältnis beim Wasserkonsum deutlich auf. Ein Israeli konsumiert im Schnitt 242 Liter Frischwasser pro Tag, ein Palästinenser hat gerade mal 79 Liter zur Verfügung.
Die gesetzeswidrigen Grundwasserpumpen und die Quellsperren in den palästinensischen Gebieten zeigen: Leider ist Israel bezüglich der illegalen Wasserbeschaffung mindestens ebenso innovativ wie beim Erdenken neuer Wassermanagement-Systeme. Verschlimmert wird das durch die illegale "Schutzmauer", mit der Israel das besetzte Westjordanland umzieht und die Palästinenser zu faktischen Gefangenen in ihrer austrocknenden Heimat macht.
Kurz: An Israels völkerrechtswidrigem Umgang mit Wasser ist – abgesehen von ein paar technologischen Innovationen – nichts vorbildlich, im Gegenteil.