Zürich
Wer eine E-Ladestation braucht, erhält ab sofort 500 Franken vom Kanton

Der Zürcher Kantonsrat hat einem Rahmenkredit über 50 Millionen Franken für die Förderung der Elektromobilität zugestimmt. Kritik erntete vor allem die Geldquelle.

Sven Hoti
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Knapp drei Prozent der Fahrzeuge im Kanton Zürich ist vollelektrisch betrieben – Tendenz steigend. Dafür braucht es Ladeinfrastruktur.

Knapp drei Prozent der Fahrzeuge im Kanton Zürich ist vollelektrisch betrieben – Tendenz steigend. Dafür braucht es Ladeinfrastruktur.

Themenbild: Gaëtan Bally/Keystone

Elektromobilität boomt. Um der steigenden Nachfrage nach vollelektrischen und Hybrid-Fahrzeugen gerecht zu werden, will der Zürcher Kantonsrat 50 Millionen Franken in die Förderung unter anderem von E-Ladestationen stecken. Der Zürcher Kantonsrat hat einen entsprechenden Rahmenkredit am Montag mit 121 Ja- zu 54 Nein-Stimmen bewilligt.

Konkret ist unter anderem ein Pauschalbetrag von 500 Franken pro Parkplatz vorgesehen. Wie der Regierungsrat in seinem Antrag vom 22. Juni 2022 an den Kantonsrat schrieb, liegt der Fokus vor allem bei den Privaten. Rund 80 Prozent des Rahmenkredits soll in die Ausstattung von Ein- und Mehrfamilienhäusern fliessen. Er ortet dort die grössten Hindernisse. Denn die Eigentümerinnen und Eigentümer müssen bei Bedarf die Grundinstallation jeweils für die ganze Garage vornehmen – selbst wenn sie nur einen Parkplatz ausstatten wollen. Der Regierungsrat rechnet insgesamt mit rund 19’000 Gesuchen.

Vom Rahmenkredit profitieren sollen aber auch Unternehmen, die ihren Fuhrpark auf elektrische Fahrzeuge umrüsten möchten, sowie öffentliche Parkplätze in Blauen Zonen. Regierungs- und Kantonsrat möchten darüber hinaus Pilotanlagen für Wasserstofftankstellen fördern. Geplant sind etwa drei bis vier solche Standorte. Der Rahmenkredit ist befristet auf die Jahre 2023 bis 2026. Das Geld dafür will der Kanton aus dem Strassenfonds nehmen.

Einzig die SVP war dagegen

Vor allem mit dem letzten Punkt, der Geldquelle, zeigte sich die SVP nicht einverstanden, weshalb sie als einzige Partei den Antrag ablehnte. Sie bezeichnete es als stossend, dass der Kredit ausgerechnet jenen Fahrzeugen zugutekommt, die bisher von Verkehrsabgaben und somit Einzahlungen in den Strassenfonds befreit waren. Wenn überhaupt, sei es an der Zeit, dieser Befreiung ein Ende zu sagen, sagte Christian Lucek (SVP, Dänikon).

SVP-Kantonsrat Christian Lucek hält das Förderprogramm für unnötig.

SVP-Kantonsrat Christian Lucek hält das Förderprogramm für unnötig.

zvg

Die SVP finde es zwar grundsätzlich richtig, dass E-Fahrzeuge zu Hause geladen werden, fuhr er fort. Da die steigende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen aber ohnehin den Ausbau der dafür nötigen Infrastruktur antreibe, brauche es nicht noch zusätzliche Hilfe vom Staat. «Wir fördern etwas, was längst im Gange ist.» Stockwerkeigentümerinnen und -eigentümer seien nun versucht, zuerst «den Batzen vom Staat» abzuwarten, statt selber zu investieren. Kritisch sah die SVP die Förderung der E-Infrastruktur aber auch vor dem Hintergrund der Energiekrise.

Wieso es diese Anschubfinanzierung seiner Meinung nach doch braucht, erklärte Alex Gantner (FDP, Maur) anhand einer Analogie zum Bobsport: «Es kommt darauf an, dass der Start mit einem kräftigen Kick gelingt. Nachher kommt die Sache von alleine auf Touren, am besten ungebremst.» Natürlich verändere sich der Markt von selbst in die gewünschte Richtung, doppelte Felix Hoesch (SP, Zürich) nach. «Aber die Klimakatastrophe verlangt von uns, wesentlich schneller vorwärts zu machen als die Kräfte des freien Marktes es würden.»

Die Klimakatastrophe verlange mehr Tempo, findet SP-Kantonsrat Felix Hoesch.

Die Klimakatastrophe verlange mehr Tempo, findet SP-Kantonsrat Felix Hoesch.

zvg

Zur Befreiung der E-Fahrzeuge von Abgaben in den Strassenfonds fügte Ruth Ackermann (Mitte, Zürich) an: Es sei an der Zeit, diese Praxis zu überdenken. «Sonst haben wir bald kein Geld mehr, um solche wichtigen Projekte zu fördern.» Barbara Franzen (FDP, Niederwenigen) wies darauf hin, dass der Regierungsrat diesen Umstand bis 2025 ohnehin angehen wollte.

Grüne mit Vorbehalten

Ein «Ja, aber» zum Rahmenkredit kam von den Grünen. Diese unterstützten den Antrag zwar grossmehrheitlich. «Eine Verschiebung hin zu mehr Fuss- und Radverkehr sowie multimodaler Mobilität wäre allerdings viel zentraler», sagte David Galeuchet aus Bülach. «Wir erwarten dazu von der Volkswirtschaftsdirektion weitere Massnahmen.»

Kritisch sah der Kantonsrat der Grünen zudem, dass die Investitionen auch Parkplätzen im öffentlichen Raum zugutekommen sollen. «Es ist nicht Staatsaufgabe, Ladeinfrastruktur zu erstellen.» Die öffentliche Hand solle vor allem auf Privatgrundstücken investieren.

Fehlende Ladeinfrastruktur «ein Bremsklotz»

«Die Mobilität befindet sich im Wandel», sagte Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP). Knapp 18 Prozent der verkauften Neuwagen seien reine Elektroautos. Im Kanton Zürich machten diese inzwischen rund drei Prozent der Fahrzeuge aus. «Die fehlende Lade- und Betankungsinfrastruktur ist der Bremsklotz für die weitere Verbreitung von Elektrofahrzeugen.» Niemand kaufe ein solches Auto, wenn man es nicht auch einfach laden könne.

«Die Zeit zum Handeln ist jetzt», sagt Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP)

«Die Zeit zum Handeln ist jetzt», sagt Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP)

Alex Spichale

Das Förderprogramm sei eine wichtige Massnahme, um die Klimastrategie des Kantons – also das Erreichen des Netto-Null-Ziels bis spätestens 2050 – umzusetzen. Der Verkehr mache noch immer rund 39 Prozent der Treibhausgasemissionen aus. Ohne Förderung würden manche Unternehmen nur zögerlich auf erneuerbare Energiequellen umsteigen. Und ein Festhalten an konventionellen Energieträgern sei keine Option, wie auch die derzeitige geopolitische Lage zeige. «Die Zeit zum Handeln ist jetzt.»

Die Umsetzung des nun beschlossenen Antrags soll möglichst zügig vonstatten gehen. Zürcherinnen und Zürcher können ihre Gesuche nach der 60-tägigen Rekursfrist einreichen. Die Gesuche werden gemäss Walker Späh dann rückwirkend per Kantonsratsbeschluss vom 6. Februar ausbezahlt.

Kantonsrat will CO2-arme Schifffahrt

Nicht nur der Verkehr auf den Strassen, auch derjenige auf den Zürcher Gewässern soll künftig möglichst CO2-arm werden. Dafür hat sich der Kantonsrat an der Sitzung von Montag ausgesprochen. Er hat ein entsprechendes Postulat mit 100 Ja- zu 74 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung überwiesen.

Der Vorstoss der Grünen-Kantonsräte Thomas Schweizer aus Hedingen, Daniel Heierli aus Zürich und Thomas Forrer aus Erlenbach verlangt vom Regierungsrat einen «Umsetzungsplan für die rasche Treibhausgasneutralität der öffentlichen Personenschifffahrt auf den Zürcher Gewässern vorzulegen». Der Regierungsrat hat dafür nun zwei Jahre Zeit. (sho)