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Zürich
Lehrer für Deutsch als Zweitsprache sind bei den Gemeinden angestellt. Um den heutigen «Wildwuchs» zu vereinheitlichen, wünschen sie sich eine kantonale Anstellung. Die Kantonsratskommission ist aber dagegen.
Lehrerinnen und Lehrer für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) sind häufig die ersten Kontaktpersonen, die Flüchtlingskinder im Schweizer Schulsystem antreffen. DaZ-Lehrer helfen aber nicht nur ihnen beim Schuleinstieg, sondern verhindern auch, dass Kinder von Expats wie stumme Fische im Klassenzimmer sitzen müssen.
Obwohl Lehrer, die über ein Klassenlehrdiplom und eine DaZ-Zusatzausbildung verfügen, längst zur Regelschule gehören, sind sie im Kanton Zürich kommunal angestellt. Damit sind sie Therapeuten ohne Lehrdiplom gleichgestellt, etwa Logopädinnen. Um dies zu ändern haben vor gut zwei Jahren Monika Wicki (SP, Wald), Hanspeter Hugentobler (EVP, Pfäffikon) und Karin Fehr Thoma (Grüne, Uster) im Kantonsrat eine parlamentarische Initiative eingereicht. Diese verlangt die kantonale Anstellung von DaZ-Lehrpersonen.
Tatsache sei heute, dass viele DaZ-Lehrpersonen nebenbei noch Musik oder Englisch unterrichten und somit zugleich kommunal und kantonal angestellt seien. Dies sagt Marianne Sigg, Präsidentin des Vereins Zürcher Lehrpersonen Deutsch als Zweitsprache, der am Vorstoss mitgearbeitet hat. Sind die Lehrerinnen in mehreren Gemeinden tätig, erhalten sie oft unterschiedliche Löhne. Solche «Patchwork»-Anstellungen seien keine Ausnahme, sondern der Normalfall, sagt Sigg. Das kann zu Problemen führen, weil gewisse Gemeinden nicht wie der Kanton bei der Pensionskasse BVK angeschlossen sind.
Ohne kantonale Kontrolle herrsche in den Gemeinden Wildwuchs, sagt Sigg. Sowohl bei den Löhnen als auch bei den Deutschstunden und Aufnahmeklassen, die bewilligt werden. Zudem unterrichteten manche Lehrer zu lange ohne DaZ-Diplom. Dieses sollte spätestens nach drei Jahren absolviert werden. Ohne Kontrolle könne diese Vorschrift aber durch einen Stellenwechsel umgangen werden.
Wie wenig Anerkennung die DaZ-Lehrkräfte erhalten, zeigt sich auch darin, dass unklar ist, wie viele von ihnen im Kanton tätig sind. «Lange gingen wir von 900 Lehrpersonen aus, dann zeigte sich kürzlich, dass es eher 1600 sind», sagt Sigg.
Das Anliegen der DaZ-Lehrer hat vor kurzem einen Rückschlag erlitten. Die parlamentarische Initiative wurde Anfang Juli mit 8 zu 6 Stimmen von der zuständigen Kantonsratskommission abgelehnt. Obwohl sie im Verlauf der Beratung noch dahingehend angepasst wurde, dass der Kanton – wie bei Klassenlehrern auch – 20 Prozent des Lohnes finanzieren müsste. Damit sollten die Gemeinden an Bord geholt werden.
Die Kommissionsmehrheit sieht keinen Grund für eine erneute Gesetzesänderung, nachdem erst 2013 Lehrpersonen mit Kleinstpensen kantonalisiert wurden. Bereits damals sei ein Minderheitsantrag, der die DaZ-Lehrer einbeziehen wollte, abgelehnt worden, schreibt die Kommission. Weiter müssten wohl manche DaZ-Lehrer mit Lohneinbussen rechnen, wenn der Kanton übernehme.
- Marianne Sigg, Präsidentin des Vereins Zürcher Lehrpersonen Deutsch als Zweitsprache
Marianne Sigg lässt diese Gründe nicht gelten: «2013 wurden sogar Schwimmlehrerinnen kantonalisiert», sagt sie. Ihr gehe es um die Gleichbehandlung der Lehrpersonen: «Was mit den DaZ-Lehrkräften passiert, wird einfach dem Zufall überlassen.»
Schliesslich befürchtet die Kommission Mehrkosten. So argumentiert auch der Regierungsrat, der die Meinung der Mehrheit stützt. Er rechnet mit 300 000 bis 400 000 Franken zusätzlichen Administrationskosten und 13 Millionen Lohnkosten jährlich. Da die Vertreter von SVP, FDP, CVP und GLP in der Kommission gegen den Vorstoss gestimmt haben, dürfte er es im Plenum schwer haben.