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Marco Laterza ist das erste Schweizer Fitness-Model. Auf seinem Weg an die Spitze musste der Urdorfer Personal Trainer so einige Rückschläge einstecken.
20 Titelblätter hängen an der Schrägdachwand über Marco Laterzas Hantelbank in seinem Heim-Fitnessstudio in Urdorf. Auf allen ist der durchtrainierte Oberkörper des 34-Jährigen zu sehen. «Das war mein allererstes Cover für ‹Muscle & Fitness›, eines der bekanntesten Fitness-Magazine weltweit», sagt Marco Laterza und zeigt auf das zweite Bild rechts oben, auf dem er selbstbewusst das T-Shirt hochzieht, um seinen Waschbrettbauch zu präsentieren. Das Foto entstand 2013 in Los Angeles und machte den damaligen Bankkundenberater von einem Tag auf den anderen zu einem gefragten Fitness-Model – dem ersten aus der Schweiz. «Es war wie ein Lauffeuer. Nach der Veröffentlichung des Magazins im Sommer 2014 schoss ich ein Titelbild nach dem anderen», erinnert sich Laterza.
Es folgten Anfragen von Leuten, die mit ihm trainieren wollten. So viele, dass er seinen Beruf als Banker an den Nagel hängte und sich 2015 als Personal Trainer selbstständig machte. Einen Wunsch, den er bereits als 18- Jähriger hegte, als er das Krafttraining für sich entdeckte. «Ich war in meiner Jugend ein begeisterter Kunstturner. Als mich ein Meniskus-Riss ausser Gefecht setzte, begann ich ins Fitnessstudio zu gehen», erzählt Laterza. Das Training habe ihm viel Spass bereitet. «Es war schön zu sehen, wie sich mein Körperbau dadurch veränderte.» Dennoch verfolgte er nach dem Gymi eine Karriere als Banker und arbeitete als Berater für vermögende Privatkunden. «Meine Ferien opferte ich aber stets für diverse internationale Ausbildungen in den Bereichen Krafttraining und Ernährung.»
Die Idee, Fitness-Model zu werden, kam Laterza, als er für einen befreundeten Coiffeur vor der Linse stand. «Ich hatte als Kind gemodelt und wurde angefragt, ob ich mich für ein paar Frisur-Fotos zur Verfügung stellen würde.» Als er beim Shooting im Coiffeur- Salon Fitness-Magazine wie «Men’s Health» zwischen die Finger bekam, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. «Ich steckte mir das Ziel, irgendwann auch einmal auf so einer Titelseite abgebildet zu sein.» Kurzerhand bewarb sich der damals 22-Jährige bei verschiedenen Fitness-Magazinen. Doch er erhielt nur Absagen.
Laterza beschäftigte sich mit Erfolgspsychologie und der Ernährungs- und Gesundheitslehre des amerikanischen Trainers und Bestsellerautors Tony Robbins. Mental gestärkt, wagte er 2013 in Köln an der FIBO, der weltgrössten Fitness- und Sportmesse, einen zweiten Anlauf. «Ich habe darauf hintrainiert, als wäre es ein Wettkampf. Ich wollte um jeden Preis auffallen, deshalb lief ich oben ohne durchs ganze Messegelände», erzählt er und lacht. Der Plan ging auf. Ein Unterneh-
mer und früher Förderer von Arnold Schwarzenegger wurde auf ihn aufmerksam. «Er sagte mir, dass ich grosses Potenzial hätte und gab mir ein paar wichtige Kontakte in Kalifornien, die mich schliesslich zum Casting meiner ersten Titelseite führten.»
Laterzas Geschichte klingt wie ein kitschiges Märchen, ist aber das Resultat von Disziplin und Durchhaltewillen. Denn es waren nicht nur die anfänglichen Schwierigkeiten, die den 34-Jährigen auf die Probe stellten. Vor drei Jahren plagte den Personal Trainer ein mysteriöses Darmleiden. «Ich hatte unkontrollierbaren Durchfall, teilweise 15-mal am Tag. Mein Leben und meine Arbeit waren dadurch stark beeinträchtigt», sagt Laterza. «Lymphozytäre Kolitis», lautete die erste Diagnose.
Doch es stellte sich nach zahlreichen Konsultationen diverser Experten heraus, dass der Sportler nicht an einer unheilbaren Dickdarmkrankheit litt, sondern dass er sich beim Sushi-Essen einen Parasiten eingefangen hatte. Um diesem Beine zu machen, begann er, sich vegan zu ernähren und für eine Zeit lang nur Flüssignahrung zu sich zu nehmen. «Die Symptome waren plötzlich weg. Parasiten holt man sich oftmals durch tierische Ernährung. Dieses Risiko wollte ich nicht nochmals eingehen», erzählt Laterza. Und so verzichtet er noch heute auf tierische Lebensmittel und beweist damit, dass man muskulös sein kann, auch wenn man keine tierischen Eiweisse zu sich nimmt.
Zurück gekämpft hat sich Laterza auch dieses Jahr nach dem Tod seiner Mutter. «Mein Mami erlag eine Woche vor dem Lockdown ihrer Krebserkrankung. Dieser Verlust machte für mich diese Zeit, die mich auch geschäftlich stark herausforderte, noch schwerer», sagt Laterza. Er blickt hoch zur Schrägdachwand. «Ich habe meine jüngste Titelseite meinem Mami gewidmet. Sie hat mich bei all meinen Vorhaben immer unterstützt. Dafür bin ich ihr unendlich dankbar.» Auf allen Bildern grinst Laterza in die Kamera. Doch auf der Titelseite des «Men’s Fitness»-Magazin, das im September erschienen ist, schaut das Model zu Boden.
Den Schmerz über den Verlust seiner Mutter wandelte er in positive Energie um, um die Probleme im Zusammenhang mit der Pandemie zu bewältigen. Laterza entwickelte ein Online-Fitnessstudio. «Ich bin sozusagen zum Homeoffice-Online-Coach geworden.» Laterza besorgte sich eine weitwinklige Kamera mit einem externen Bildschirm, die Bewegungen verfolgt. «So kann ich meine Kundschaft virtuell trainieren. Zudem stellte ich 800 Video-Übungen zusammen, auf die Kunden zugreifen können, auch wenn wir keine Online-Verabredung haben.» Zu Laterzas Kundschaft gehören vornehmlich Führungspersonen. Er trainiert sie normalerweise in seinem Fitnessstudio in der oberen Etage seiner Wohnung in Urdorf. Zudem kümmert er sich um ihren Ernährungsplan. Manchmal bestehe das Training aber auch nur aus einem Spaziergang. «Ich nehme dann die Rolle des Entspannungspartners ein, höre meinen Kunden zu, wenn sie Sorgen haben, bin ihnen eine Stütze und stärke sie mental.»
Solange es keine Impfung gegen dieses Virus gibt, ist es essenziell, in sein Immunsystem zu investieren, Stress zu vermeiden, sich fit zu halten und sich gesund zu ernähren.
(Quelle: Marco Laterza, Personal Trainer aus Urdorf)
Laterzas Wohnort kommt bei vielen gut an. «Dass man hier der Natur so nah ist, gefällt meinen Kunden», sagt der diplomierte Fitness-Instruktor und Ernährungsberater. Und auch er ist im Limmattal glücklich. Der Stadtzürcher, der in Albisrieden aufwuchs, zog mit seiner Partnerin und Hund Nico vor gut einem Jahr nach Urdorf. «Nach Jahren in der Stadt sehnte ich mich nach mehr Ruhe. Die habe ich hier nun gefunden.» Ruhe und Wohlbefinden seien auch ganze wichtige Stichworte in Zeiten von Corona, ist sich Laterza sicher. «Solange es keine Impfung gegen dieses Virus gibt, ist es essenziell, in sein Immunsystem zu investieren, Stress zu vermeiden, sich fit zu halten und sich gesund zu ernähren.» Ihn stört es, dass sich die Menschen nun hauptsächlich vor Augen führen würden, was verboten sei, statt sich auf die Dinge zu fokussieren, die immer noch möglich seien. «Es wäre besser, wenn man nicht dauernd von Einschränkungen sprechen würde, sondern wertschätzt, was man hat.»
Viele Leute würden auch denken, dass sein Körperkult mit vielen Einschränkungen und Verzicht verbunden ist. «Es braucht viel Disziplin, aber ich bin kein Priester. Ich habe auch noch ein soziales Leben.» Vier Mal wöchentlich trainiert er 75 bis 90 Minuten am Stück. Das A und O sei dabei die intrinsische Motivation. «Der Wille und die Liebe zu sich selbst müssen von innen kommen», sagt Laterza. Es bringe nichts, gut auszusehen und innerlich nicht zufrieden zu sein. «Wenn man sich ständig mit anderen vergleicht, wird man dazu verleitet, Steroide zu spritzen, Schönheitsoperationen durchzuführen oder exzessiv zu trainieren.»
Es braucht viel Disziplin, aber ich bin kein Priester. Ich habe auch noch ein soziales Leben.
(Quelle: Marco Laterza, Personal Trainer aus Urdorf)
Ein grosses Problem dabei würden die sozialen Medien spielen. «Vor allem Jugendlichen werden dort Ideale vorgeführt, die nicht real sind. Die Bilder sind stark bearbeitet, und ob die Influencer tatsächlich glücklich sind, weiss man nicht.» Glück allein von gutem Aussehen abzuleiten, sei falsch. Laterza hat 279 000 Follower auf Instagram. «Für mich ist die Botschaft wichtig. Ich poste nicht nur Fotos von meinem Körper.» Ihm sei es ein Anliegen, mit Hilfe seiner Erfahrung die Lebensqualität anderer Menschen zu verbessern und etwas zurückzugeben.
Und natürlich liebe er es, vor der Kamera zu stehen, sagt er mit einem Lächeln. Das 21. Titelbild ist bereits geschossen. Im Dezember ziert der Urdorfer das Cover von «My Workout», dem ersten Schweizer Fitness-Magazin. Ob er das Foto auch noch auf der vollen Schrägdachwand anbringen wird? Laterza blickt auf die weisse Decke auf der gegenüberliegenden Seite. «Hier drüben sollten schon noch ein paar Titelseiten Platz haben.»