Paul Laube steht in täglichem Kontakt mit Freunden und Geschäftspartnern in Japan. Im ganzen Land herrsche grosse Solidarität. Alle wollten helfen, berichtet das Vorstands- und Ehrenmitglied der Schweizerisch-Japanischen Gesellschaft.
«Die Leute reagieren erstaunlicherweise sehr ruhig», sagt Paul Laube. Seit dem verheerenden Erdbeben und der anschliessenden Flutkatastrophe in Japan ist der Geroldswiler täglich mit Freunden und Geschäftspartnern vor Ort in Kontakt. «Im ganzen Land herrscht eine grosse Solidarität. Alle wollen helfen», erzählt Laube, der Vorstands- und Ehrenmitglied der Schweizerisch-Japanischen Gesellschaft ist, deren Ziel darin besteht, die kulturellen Beziehungen zwischen Japan und der Schweiz zu vertiefen.
Allerdings, so Laube, gestalte sich die Unterstützung schwierig, wie ihm berichtet wurde. Viele Strassen seien zerstört, unzählige Menschen seien abgeschnitten von der Hilfe auf dem Landweg. «Noch weiss man nicht, wie die Versorgung mit Wasser und Lebensmittel vonstattengehen soll», erklärt er. Rund 300 000 Menschen seien derzeit in Notfallcamps untergebracht, teilweise unter prekären sanitären Bedingungen. Zudem herrsche grosse Angst wegen der Elektrizität. «Die Energielieferung ist eingeschränkt. Das wirkt sich bereits nach Tokio aus», so Laube. Er sei zutiefst betroffen und fassungslos.
Laubes Verbundenheit mit dem Inselstaat im Pazifik ist gross, seit er vor über 50 Jahren erstmals geschäftlich in Osaka zu tun hatte. Damals, kurz nach dem Abschluss der KV-Lehre, wurde Laube von seiner Arbeitgeberin, einer Textilfirma, gefragt, ob er in Osaka arbeiten wolle. Laube sagte ja und arbeitete vier Jahre in der mit 2,6 Millionen Einwohnern nach Tokio und Yokohama drittgrössten Stadt Japans. Seither besucht er das Land regelmässig.
Heute verkauft der bald 78-jährige Laube paramedizinische Produkte nach Japan. Der Grossteil seiner Geschäftspartner ist in Tokio zu Hause. «Diese Gegend ist nicht so stark von der Katastrophe betroffen, wie die Stadt Sendai», so Laube. Seine Geschäftspartner, hätten ihm aber gesagt, sie würden seine medizinischen Produkte gratis an die Not leidende Bevölkerung abgeben.
«Eine Überforderung für das Land»
Neben der im Inland organisierten Hilfe hofft Laube auch auf internationale Unterstützung. «Das Erdbeben, der Tsunami und nun die Probleme mit den Atomkraftwerken sind wahrscheinlich eine Überforderung für das Land», sagt er. Dies, obschon man sich in Japan gewohnt sei, mit dem Risiko eines Erdbebens zu leben. Jedes Jahr würden in den Firmen und Schulen Notfallübungen durchgeführt. «Die Leute wissen, was zu tun ist, wenn die Erde bebt», so Laube. Die Kinder müssen sich dann unter ihren Schulbänken in Sicherheit bringen, damit sie nicht von herunterfallenden Deckenteilen getroffen werden. Dies sei auch im aktuellen Fall vorgekommen. Allerdings sei das Ausmass der Katastrophe dieses Mal aussergewöhnlich gross.
Laube selber hat ebenfalls schon Erfahrungen mit Erdbeben in Japan gesammelt. «Ich habe schon einige Erdbeben erlebt. Einmal war ich in einem Hotel in meinem Zimmer im 10. Stock, als das Beben begann. Wegen der Erschütterung bin ich aus dem Bett gefallen», erzählt er. In solchen Momenten gingen einem hunderte Gedanken durch den Kopf. «Was ich aber wusste, ist, dass man nie in einen Lift einsteigen darf, weil man dann stecken bleiben kann», hält er fest. Es sei nicht auszudenken, wenn einem dasselbe in einer U-Bahn widerfahre, aus der es keine Fluchtmöglichkeiten gebe.
Glück hatte Laube auch beim grossen Erdbeben in Osaka 1995. Er sass im Flugzeug nach Japan und erreichte Tokio einen Tag, nachdem sich die Katastrophe ereignete und die Stadt schwer beschädigt wurde. «Es war für viele Japaner eine grosse Überraschung, dass sich in Osaka ein derart grosses Erdbeben ereignet. Die Gegend galt bis dahin als relativ sicher», so Laube. Auch er habe sich in jener Zeit, als er noch dort arbeitete keine grossen Sorgen gemacht. Beim Beben sei sein damaliges Haus komplett zerstört worden. «Es wurde dem Erdboden gleich gemacht. Es stand gar nichts mehr», erinnert er sich.
Im Gegensatz zur damaligen Katastrophe in Osaka, sei Japan dieses Mal gleich doppelt in Mitleidenschaft gezogen worden. «Das Ausmass des Erdbebens und der Flutwelle ist deshalb so gross, weil vor allem die Ostküste Japans stark besiedelt ist», sagt Laube. Das Landesinnere weise dagegen eine viel tiefere Bevölkerungsdichte auf.