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Region (LiZ)
Die Zürcher Regierung glaubt, bei der Energieplanung auf Kurs zu sein. Die linksgrüne Opposition sieht es anders.
In den letzten Jahren hat er sich als Politikum erwiesen: der alle vier Jahre erscheinende Energieplanungsbericht der Regierung aus der Küche von Baudirektor Markus Kägi (SVP). Gestern ist der neueste Bericht 2017 erschienen, den der Kantonsrat zu genehmigen hat. Dort liegt der Stolperstein: Den Bericht 2010 zog die Regierung nach der Atomkatastrophe von Fukushima zurück. Den aktualisierten Bericht 2013 akzeptierte das Parlament nicht. SP, Grüne, AL, GLP, CVP und EVP wiesen ihn im September 2014 mit der Begründung zurück, er passe nicht zum Atomausstiegsszenario des Bundes.
Was sagt der neue Bericht zu diesem Punkt? Er bleibt vage und spricht das Thema nicht explizit an. Hansruedi Kunz, Abteilungsleiter (Awel) der Baudirektion, sagt dazu: Schon zum Rückweisungszeitpunkt habe es keine Differenzen zum Atomausstieg des Bundes gegeben. Beim aktuellen Bericht sei das schon gar nicht mehr der Fall, weil das Volk zwischenzeitlich die Energiestrategie 2050 gutgeheissen habe. Diese enthält ein Bauverbot für neue Atomkraftwerke, wobei die bestehenden weiterlaufen dürfen, solange sie als sicher eingestuft werden. «Schon beim letzten Bericht entsprach dies der Haltung des Regierungsrates», sagt Kunz, «daran hat sich nichts geändert.»
Er glaubt, dass sich die Gefahr einer Kollision mit dem Kantonsrat entschärft hat. Kantonsrat Robert Brunner (Grüne, Steinmaur) lässt dies gelten: «Der Regierungsrat hat aus der Vergangenheit tatsächlich gelernt.» Der neue Bericht sei punkto Atomfrage besser als der Vorgänger mit seinen «seltsamen» Formulierungen. Nicht zufrieden ist Brunner aber mit der regierungsrätlichen Haltung zur CO2-Frage: «Wir wollen eine stärkere und schnellere Reduktion.»
Bei der C02-Frage klopft sich die Regierung auf die Schultern: «Der CO2-Ausstoss bewegt sich wie geplant auf das im Energiegesetz festgeschriebene Ziel von 2,2 Tonnen pro Kopf und Jahr bis 2050 zu», schreibt sie in ihrer Mitteilung. Wäre also auch ein ehrgeizigeres Ziel realisierbar, wie es die Städte Zürich und Winterthur kennen? Nein, sagt Kunz. Die bisherige Senkung habe sich relativ einfach realisieren lassen. «Je mehr wir uns dem Ziel nähern, desto schwieriger wird die Umsetzung.» Eine grosse Herausforderung bringe das neue CO2-Gesetz des Bundes. Neue Öl- und Gasheizungen würden ab 2030 durch hohe Anforderungen praktisch verboten.
Dass die CO2-Senkung anspruchsvoller wird, glaubt auch Brunner. Er findet aber, der Kanton könne noch viel mehr tun bei der Förderung von erneuerbaren Energien. Einverstanden ist Brunner mit der im Bericht enthaltenen Aussage, wonach bei der Stromproduktion die Photovoltaik grosses Potenzial hat. Gemäss Bericht verbraucht der Kanton zur Zeit zehn Mal mehr Strom als er selber produziert. Der Anteil alternativer und lokaler Energieträger wächst zwar stark, deckt den mutmasslichen Bedarf von 2050 aber nur zu einem Drittel.
Ein Problem bleibt gemäss Bericht die energiefressende Automobilität. Überraschend ist, dass der Kanton schweizweit Spitzenreiter beim Anteil der Elektroautos ist – genauer bei den Neuzulassungen: 3,5 Prozent sind es 2015. An zweiter Stelle steht Zug mit 2,9 Prozent. Gefüttert mit dem einheimischen Strommix, produzieren Elektroautos nur halb soviel Treibhausgase wie konventionelle Autos. Weniger gut ist die Bilanz mit dem Strommix der EU. Gegenüber Privatautos aller Art ist der öV jedoch unschlagbar.