Richard T. Meier und Chamapedia präsentieren historische Aufarbeitung der Theatergesellschaft und der Volksbühne Chams.
Fast wie im Theater fühlte sich das die Kulturfabrik Langhuus füllende Publikum, erlebte es doch die Buchtaufe «Chamer Theater. Geschichte der Theatergesellschaft Cham (1878-1981) und der Volksbühne Cham (seit 1981)» inmitten theatralischer Kulissenbauten und Requisiten! Für eine moderne Ausprägung von «Theatralik» sorgte der Verein Chamapedia, indem dessen Protagonisten, Redaktor Thomas Gretener und Historiker Thomas Fähndrich, frühzeitig den Kontakt zu Buchautor Richard T. Meier suchten, hernach die ganze Theatergeschichte chamapediatauglich aufarbeiteten, mithin die Online-Zugänglichkeit dieses Werks ermöglichten. Dies soll allerdings keineswegs die Lust auf das mit grosser Sorgfalt erschaffene, leserfreundlich gestaltete und reich illustrierte Buch schmälern!
Nicht umsonst beglückwünschte Bruno Werder, Präsident des Vereins Chamapedia, Richard T. Meier zu dessen faszinierender Darstellung der Theatergeschichte. Der mittlerweile als Geheimtipp gehandelte Hauptautor legt dank seiner Affinität zur Historie, seiner eigenen kulturellen Aktivitäten, seiner vielfältigen Netzwerkarchitektur, seiner fundierten Recherchen und umfassenden Aktenstudiums eine gut dokumentierte, aussagekräftige, lebendige Publikation vor, welche er obendrein mit leichtfüssigem sprachlichem Schliff ausstattet! Hinsichtlich der Volksbühne durfte er auf die Assistenz Karl Köpflis zählen. Meier fand heraus, dass die Theatergesellschaft den Orchesterverein Cham für Zwischenaktmusik engagierte – ergo sorgte er an der Buchtaufe für Nämliche, virtuos ausgeführt mit passenden Stücken durch 3 Cellisten und 1 Cellistin des ihm wohl bekannten Klangkörpers!
Grandioser Frischluft-«Wilhelm Tell»!
Die „explodierende Weltfirma «Anglo Swiss» belebte mit ihrer Dynamik auch das gesellschaftliche Leben und beeinflusste mithin die Entstehung einer Theaterkultur, gipfelnd 1878 in der Gründung einer «Theater- und Musikgesellschaft Cham», ab 1890 ohne «Musik». Haus-Architekt Jakob Sennrich baute 1881 an das 1872 errichtete „Neudorf“ einen Saal mit Theaterbühne der TMGC an, worin nicht zuletzt die GV’s der «Anglo Swiss» stattfanden. Dadurch resultierte eine Win-win-Situation für die «Milch-Welt-Stadt»! Wie Meier anhand des Plakates zeigte, gelang dem Verein 1894 ein grandioses Wilhelm-Tell-Theater mit 4 Freilichtaufführungen für 3‘000 Personen und mit 200 Mitwirkenden. Überhaupt rückte er sein Opus mit einprägsamem Bildmaterial ins beste «Bühnenlicht», so mit einem weiteren Exempel, einer Flugaufnahme der gesamten Neudorf-Liegenschaft mit Theatersaal von 1912 sowie zweistufigem Bühnenturm von 1910/11. Ab den späten 20er-Jahren dominierten grossartige Inszenierungen mit lokalhistorischem Bezug, insbesondere «Heinrich von Hünenberg», dreistündig mit Reigen, Tänzen, Chorbegleitungen sowie erstaunlicher Vielfalt der Kulissen.
Leonz Bucher, die «Seele der TG»
Die Wirtschaftskrise erfasste neben der Nestlé auch das Theater, wobei der Autor gar den Rücktritt des gesamten Vorstands vermeldete – doch einmal mehr schaltete sich Leonz Bucher, die «Seele der TG während 50 Jahren», ein, und zwar als Retter in der Not nach Aufgaben als Schauspieler, Regisseur, Präsident. 1944 erwarb sie das «Neudorf», 2 Jahre später weihte sie den durch Fritz Wolf verantworteten Umbau mit Theatersaal und Tonfilmtheater ein. Einem «Vielzweckbau» verweigerte die Gemeindeversammlung unter Rekordbeteiligung knapp die Mitbeteiligung.
«Eine Nacht in Venedig» – an Chams «Lagune»!
Doch «theatralisch» blühte die TG abermals auf, vornehmlich mit gross angelegten Freilichtspielen im Hirsgarten, 1951/52 mit der Operette «Eine Nacht in Venedig» und später dem «Bettelstudent» – Letztere leider mit Schuldenberg. Die Mitwirkenden kamen von Opernbühnen des In- und Auslands, von Cham die Gesangssolisten Oskar Gretener und Marie Eybisch, einige Musiker sowie der Chor unter dem Dirigat Maestro Otto Wolfs. 1951 lockten 20 Aufführungen 40’000 Gäste herbei! Die Theater-Liegenschaft landete endlich bei der Hammer AG und endete 1978 in einem «tödlichen feurigen Akt»! Auch dem originellen Journalisten-Kopf Karl Schönbächler misslang eine Reanimierung der TG; übrig blieb deren Auflösung.
Doch frisches Blut floss aus der Theatergruppe des heimischen Jodlerclubs mit Hauptinitiant und fulminantem Regisseur Josef Bütler sowie mit Amts-Akteuren mit fliegendem Übergang, nach 1981 als «Volksbühne Cham» (VB) etabliert. Die Regie übernahm später Franz Kaufmann; der Verein erhielt 2010 die Auszeichnung «CHAMpion». Jahr für Jahr unterhielt die VB eine zahlreiche Anhängerschaft mit Volkstheaterstücken und erzielte mit ihren historischen Figuren anlässlich der Eröffnung des Industriepfads Lorze 1995 eine hohe Beachtung – ehe die Aktivitäten mit der Pandemie untergingen.
Für die Theatergesellschaft und Volksbühne Cham: Jürg Rohner
Bildlegenden: Hauptautor Richard T. Meier (links) und Mitarbeiter für die Volksbühne Karl Köpfli an der Buchtaufe inmitten von Kulissenbauten der Volksbühne; links das Plakat der Aufführung Wilhelm Tell von 1894.
Das Ensemble der Volksbühne 1993 im Pfarreiheim.
Schlussbild der Aufführung Heinrich von Hünenberg der Theatergesellschaft Cham 1937.