«Jung & Alt»-Kolumne
Warum backen alte Männer keine Kuchen?

In der «Jung & Alt»-Kolumne schreibt unsere Autorin Samantha Zaugg alternierend mit Ludwig Hasler, Philosoph und Publizist, 76. Diese Woche erklärt sie, warum die Frauen der älteren Generation als Veredlerinnen der Ehe gelten sollten.

Samantha Zaugg
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«Backen ist noch immer Frauensache», schreibt unsere Autorin. (Symbolbild))

«Backen ist noch immer Frauensache», schreibt unsere Autorin. (Symbolbild))

Jiri Reiner

Lieber Ludwig

Du sagst, die Rolle der Eheveredler gehört deiner Generation. Da stimme ich zu. Gleichzeitig muss ich auch widersprechen.

Die Eheveredelung, wie du es nennst, ist den Frauen deiner Generation zuzuschreiben. Denn die Männer hatten gar keinen Anreiz, etwas zu ändern. Als Mann muss es sogar ziemlich cool gewesen sein. Man war per Gesetz das Oberhaupt der Familie und konnte tun, was einem passte.

Die Frauen durften nicht so viel. Nur schon das mit dem Wählen und Stimmen war ja ein fürchterlicher Krampf. Appenzell Innerrhoden musste gar vom Bundesgericht zum Frauenstimmrecht gezwungen werden. Letzte Woche hat sich das gejährt, es sind seither erst 30 Jahre vergangen. Jesses.

Seither ist einiges passiert. Dennoch scheint sich etwas nicht geändert zu haben. In der Vorweihnachtszeit wird das besonders deutlich. Backen ist noch immer Frauensache. Warum eigentlich? Ich habe mich schon mit einigen älteren Männern darüber unterhalten. Viele von ihnen haben tatsächlich in ihrem ganzen Leben noch nie einen Kuchen gebacken.

Ich für meinen Teil bin im Moment sehr damit beschäftigt, Guetsli­zutaten zu besorgen. Nicht für mich, sondern für die Grossmutter. Wegen der Pandemie darf sie nicht aus dem Haus, trotzdem will die Guetsliversorgung sichergestellt werden. Ich werde also entsandt, um Unmengen an Zutaten herbeizuschaffen. Vor allem Butter. Das bringe ich dann der Grossmutter, die daheim im Réduit gegen die Pandemie anguetslet. Und damit ist sie offenbar nicht allein. Der Butterbedarf ist in der Schweiz derart gestiegen, dass sogar die Importkontingente erhöht werden mussten.

Schon im Frühsommer alarmierte die Branchenorganisation Milch, dass es im Hinblick auf das nationale Guetslibacken ein grösseres Lager brauche. Der Bundesrat reagiert prompt, es dürfen zusätzliche 2000 Tonnen importiert werden. Ganz ehrlich, was wollen wir mit so viel Butter? Ich hab mal eine Milchbüechlirechnung gemacht. Geht man von einem durchschnittlichen Kalorienbedarf aus, kann man mit 2000 Tonnen Butter fast 8 Millionen Leute einen Tag lang durchfüttern. Das ist fast die ganze Schweiz! Und die 2000 Tonnen, das ist ja nicht mal der Gesamtbedarf. Laut dem «Schweizer Bauern» beträgt er jährlich 43'000 Tonnen.

Wer soll das alles essen? Item. Der Bundesrat wird schon wissen, was er tut. Oder so.

Zum Schluss noch eine Frage, du ahnst es schon: Wie hast du’s mit dem Backen? Hast du schon je einen Kuchen gebacken? Warum backen alte Männer nicht?

Samantha

Samantha Zaugg ist Journalistin, Fotografin, Filmemacherin, 26.