Pandemie
Das Bundesamt für Statistik kann die Übersterblichkeit im zweiten Coronajahr nicht komplett erklären

Selbst die Corona-Zahlen in der Todesursachenstatistik verlieren an Aussagekraft: Gab es schon während der Delta-Welle eine Covid-19-Dunkelziffer? Die Statistik zeigt keine vollständige Erklärung für die damalige Übersterblichkeit. Die gute Nachricht: Die Suizide nahmen 2020/2021 tendenziell ab.

Sabine Kuster
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Es war der Höhepunkt der Welle mit der Coronavariante Delta: Impfzentrum in Trimbach Ende Dezember 2021.

Es war der Höhepunkt der Welle mit der Coronavariante Delta: Impfzentrum in Trimbach Ende Dezember 2021.

Bruno Kissling

Oft schon war von der verschlechterten psychischen Gesundheit der Jugendlichen besonders seit Beginn der Pandemie die Rede. Bezüglich Suizide wenigstens zeigen die aktuellen Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) in den beiden Haupt-Pandemie-Jahren 2020 und 2021 wenig Veränderungen, und wenn, meist positive: Bei den 15- bis 24-Jährigen gab es 2021 weniger Suizide als 2019 oder 2018. Im Jahr 2020 zeigt sich bei den jungen Frauen eine geringe Zunahme.

Nur vereinzelte Selbstmorde gibt es zum Glück bei den unter 15-Jährigen. Einzig in dieser Altersgruppe wie auch bei den Frauen über 85 kam es in den beiden Pandemiejahren zu mehr Suiziden. Über alle Altersklassen gesehen gab es 2021 bei den Männern eine Abnahme von 4,8 % und bei den Frauen eine Zunahme von 3,8 Prozent. 2020 war die Veränderung noch deutlicher: Die Suizide bei Männern nahmen im Vergleich mit 2019 um 6,2 % ab, bei den Frauen blieben sie gleich.

Die Todesursachenstatistik 2020/2021 zeigt aber auch, dass in drei Wellen (Frühling 2020, Herbst 2020 und Ende 2021) 12 029 Personen mehr als erwartet gestorben sind. Über beide Jahre hinweg gesehen, starben über
15 000 Personen mit Covid-19 als gemeldete Haupttodesursache (14 480 davon über 65 Jahre alt).

Doch für den November/Dezember 2021 schreibt das BFS, die Meldungen mit Covid-19 als Todesursache könnten «das Ausmass der Übersterblichkeit nicht mehr vollständig erklären». Weil sich die Übersterblichkeit aber sehr gut mit der damaligen Welle der Delta-Variante deckt, ist von einer Covid-19-Dunkelziffer auszugehen: Dass also nicht mehr alle Verstorbenen auf das Virus getestet wurden. Schon im März 2021 hob Swissnoso, der Fachverband für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene, die Empfehlung auf, alle Patienten bei Spitaleintritt auf Corona zu testen. Nach und nach begannen die Spitäler darauf, nur noch Patienten mit typischen Symptomen auf Covid-19 zu testen.

Doch unter welchen Todesursachen wurden die zusätzlichen Todesfälle verbucht, wenn Covid-19 nicht nachgewiesen wurde? Diese Fälle erscheinen in keiner anderen Todesursache deutlich, auch nicht in den Herz-Kreislauf-Krankheiten, diese haben als Todesursache sogar leicht abgenommen (-4,5%). Die zusätzlichen Todesfälle verteilen sich laut dem BFS über verschiedene gemeldete Ursachen. An unerwünschten Covid-Impfnebenwirkungen sind 2021 gemäss der Statistik 19 Personen gestorben.