Heiraten für Anfänger: So machen Brautpaare am Festtag nichts falsch

Viele Brautpaare wollen dasselbe – und verschätzen sich bei den Kosten. Hochzeitsplanerin Yvonne Hochheuser sagt, wie man auch mit kleinem Budget ein grosses Fest feiert und warum man auf lange Apéros und mitternächtliche Hochzeitstorten verzichten sollte.

Ümit Yoker
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Die Hochzeitsplanerin berät Paare auch in Bezug auf die Finanzen. Ihre pragmatische Art kommt bei künftigen Ehemännern besonders gut an. (Illustration: Selina Buess)

Die Hochzeitsplanerin berät Paare auch in Bezug auf die Finanzen. Ihre pragmatische Art kommt bei künftigen Ehemännern besonders gut an. (Illustration: Selina Buess)

Wer es sich als Journalistin mit Yvonne Hochheuser gleich verspielen möchte, bittet sie zum Gespräch am besten in ein Brautmodegeschäft. «Was soll ich dort?», frage sie sich jedes Mal, wenn sie wieder einmal vor spitzenbesetzten Roben von ihrer Arbeit als Hochzeitsplanerin erzählen soll.

«Die Wahl des Brautkleides gehört nun wirklich nicht zu meinen Aufgaben.»

Als sich Yvonne Hochheuser vor 13 Jahren selbstständig machte, konnte sich kaum jemand etwas unter diesem Beruf vorstellen. Heute haben viele eine falsche Vorstellung davon. «Meine Arbeit hat wenig mit dem zu tun, was einen Wedding Planer im angelsächsischen Raum ausmacht», erzählt die 49-jährige Zürcherin, die früher im Marketing einer grossen Firma gearbeitet hat. Opulente Blumenarrangements, ausgefeilte Farbkonzepte, Pyramiden aus Champagnergläsern – das alles findet sich in ihrem Berufsalltag nicht. «Ich binde auch keine Schleifen.»

Die meisten organisieren Trauung selbst

Hochzeiten werden hierzulande nicht annähernd im selben Mass als Statussymbole gesehen wie es in den Vereinigten Staaten oder in Grossbritannien bisweilen der Fall ist.

Schweizer gehen ihre Feiern vergleichsweise nüchtern an.

«Die meisten Paare organisieren ihre Trauung nach wie vor selbst», erzählt Hochheuser, eine grossgewachsene Frau in Jeans und Converse-Turnschuhen, die blonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden, Typ Hockey-Mum. Ihr Beruf bedeute in erster Linie viel telefonieren und ein grosses Netzwerk pflegen. «So dass ich zur Not auch noch zwei Tage vor dem grossen Fest rasch eine Hochzeitsfotografin auftreiben kann.»

Caterer, Cake Designer, Lamaverleiher

Hochzeitsplanerin Yvonne Hochheuser ist auch als Traurednerin an freien Zeremonien im Einsatz.

Hochzeitsplanerin Yvonne Hochheuser ist auch als Traurednerin an freien Zeremonien im Einsatz.

Wer einen Termin mit der Unternehmerin ausmacht, will sich meistens erst mal zurechtfinden im Dschungel aus Cake Designern und Lokalanbietern, Caterern und Lamaverleihern. Oft bleibt es bei diesem einen Beratungsgespräch, manchmal trifft sie das Paar nach ein paar Monaten oder kurz vor der Trauung noch einmal; dass sie aber ganze Hochzeiten ausrichtet, ist selten. Zu ihrer Arbeit gehören neben der Hochzeits­-planung deshalb auch Schulungen und Einsätze als Traurednerin an freien Zeremonien.

Ein Samstag im Juni in einem Hotel am See

Die Planung einer Hochzeit beginne heute deutlich früher als noch vor einigen Jahren, erzählt Hochheuser dort, wo sie den grössten Teil ihrer Arbeitszeit zubringt: im Büro in ihrem Wohnhaus im zürcherischen Schöfflisdorf, wo sie mit Mann und zwei Söhnen lebt. Ein Vorlauf von eineinhalb oder zwei Jahren ist keine Seltenheit und vor allem der Tatsache geschuldet, dass viele Paare dasselbe wollen: an einem Samstag im Juni heiraten, am liebsten an einem Datum wie dem 20.6.20, in einem Hotel mit Seeanstoss oder auf einem ehemaligen Bauernhof mit Buffet aus Bioprodukten.

«Es bricht mir das Herz, in wie vielen Landgasthofsälen hingegen kaum je mehr die Lichter angehen.»

Drei Stunden Apéro sind zu lang

Trotz des Vorlaufs hält Hochheuser ­viele Hochzeiten für schlecht organisiert. Häufige Fehler: zu langer Apéro, ungünstiges Timing der Fotoshootings, mitternächtliche Hochzeitstorten.

(Bild: Keystone)

(Bild: Keystone)

«Nach einem üppigen Abendessen und mehreren Gläsern Wein ist den meisten Gästen eher nach Zitronensorbet.»

Würde man die ­Torte hingegen nachmittags servieren, hätten ausserdem auch diejenigen etwas ­davon, die nicht ans eigentliche Fest eingeladen seien.

Das Shooting wiederum teile man besser in mehrere kurze Sessions auf, statt nach der Trauung ewig lang hinter einem pittoresken Busch zu verschwinden. Und so verständlich der Wunsch des Brautpaares sei, mit allen Gästen ein paar Worte zu wechseln: «Drei Stunden für einen Apéro sind eindeutig zu lang.»

Für die eingespielte Gruppe von Freunden mag diese Zeit schnell vergehen – nicht aber für die Studienkollegin, die niemanden kenne.

«Was hat euch an anderen Hochzeiten genervt?»

Überhaupt sorgt Hochheuser immer wieder dafür, dass bei allen Wünschen des Brautpaares das Wohl der Gäste nicht aus dem Blick gerät: Schliesslich freue sich nicht jeder Grossonkel über die holprige Postautofahrt bei 35 Grad Celsius, nur weil der Bräutigam schöne Kindheitserinnerungen damit verbinde.

«Ein Fest an abgelegener Lage, das zwingend eine Hotelübernachtung fordere, reisst schnell einmal ein Loch ins Ferienbudget einer jungen Familie.»

Wer für einen zweistündigen Apéro im Tessin erst mal drei Stunden im Stau stehe, murmle hinter dem Steuer zudem nicht unbedingt Segenswünsche vor sich hin. «Was hat euch an anderen Hochzeiten am meisten genervt?», fragt Hochheuser deshalb gerne in ihren Beratungsgesprächen. Und erinnert daran, diese Fehler nicht zu wiederholen.

Money, Money, Money

Am meisten verschätzen sich Paare aber bei den Kosten einer Hochzeit. Wenn wieder einmal jemand ihrem Fragebogen angebe, das Parkhotel Vitznau oder das «Dolder» in Zürich wäre doch schön für ein Fest mit 80 Gästen, man rechne dabei mit Ausgaben von etwa 20000 Franken, pruste sie schon mal los. «Bist du gerade beim Budget?», rufe ihr Mann dann jeweils vom unteren Stock hoch.

«Gerade der gewichtigste Posten – Essen und Trinken – wird häufig unterschätzt.»

Wie viel sie denn beim letzten Abendessen auswärts ausgegeben hätten, fragt Hochheuser ihre Kunden dann. Da komme meist für zwei Leute und eine Dauer von zwei, drei Stunden schon ein stattlicher Betrag zusammen – geschweige denn, wenn mehrere Dutzend Gäste einen ganzen Tag lang verpflegt werden müssen. Selbst ohne exklusive Hors d’Oeuvres und teuren Wein ist man da schnell einmal bei 150 Franken pro Kopf.

Partyservice statt Catering, dekorieren statt frisieren

Trotzdem muss selbst ein grosses Fest nicht unbedingt so viel kosten wie ein Mittelklassewagen.

«Man kann auch mit 10 000 Franken bestens 80 Gäste bewirten»

Allerdings müsse man dafür seine Ansprüche etwas zurückschrauben, viel selbst an die Hand nehmen und den Freundeskreis mobilisieren. Vor einigen Jahren hat sie selbst für eine Freundin eine solche Hochzeit ausgerichtet: Statt Catering gab’s Partyservice, für den Abwasch wurden Studenten aufgeboten, die Musik besorgte ein Freund des Bräutigams.

«In der Zeit, in der sich andere Bräute frisieren lassen würden, war meine Freundin allerdings dabei, Girlanden aufzuhängen.»

Nicht sparen bei Fotos

Einzig bei den Fotos, findet Hochheuser, sollte man auf keinen Fall sparen. «Sie sind das Einzige, das vom Fest bleibt.»

Hochheuser rät Paaren, auch mit der eigenen Familie offen über Finanzen zu sprechen. Oft würden sich Eltern an den Kosten beteiligen wollen und böten beispielsweise an, den Apéro zu übernehmen.

«Auch wenn es Überwindung kostet, ist es besser, einen konkreten Betrag zu vereinbaren.»

So vermeide man Missverständnisse und Enttäuschungen. Ihre pragmatische Art macht Hochheuser insbesondere bei künftigen Ehemännern beliebt: Mehr als die Hälfte der Personen, die bei ihr einen ersten Beratungstermin vereinbaren, seien Männer.

Etwa 40000 Paare schliessen in der Schweiz jährlich den Bund fürs Leben – eine Zahl, die in den letzten Jahrzehnten nur geringen Schwankungen unterlegen ist, während die Zahl der kirchlichen Trauungen deutlich zurückgegangen ist.

In der Kirche, aber bitte ohne Gott

Hochzeiten in der Kirche sind trotzdem weiterhin beliebt. Hochheuser sagt:

«Nur wollen viele Paare nicht mehr unbedingt in der eigenen Gemeinde heiraten, sondern in erster Linie an hübscher Lage»

Nicht jeder Pfarrer mag den grösseren Aufwand einer Feier an einem anderen Ort aber auf sich nehmen. Seien die Menschen bei Beerdigungen dankbar, dass die Kirche in schwierigen Momenten einen Rahmen biete und einen mit Ritualen auffange, mache man bei Hochzeiten meist mehr falsch als richtig, höre sie oft.

Es gebe einen Satz, habe ihr ein Pfarrer erzählt, der komme bei Vorbereitungsgesprächen mit Brautpaaren dieser Tage immer häufiger vor: «Wir wären einfach froh, wenn in der Predigt nicht über Gott geredet würde.»