Der Ort, wo im Märchen die Schenke stehen würde, und wo man lacht und traurig ist.
Als ich letzte Woche in einer schlaflosen Nacht an meine Lieblingsrestaurants dachte, merkte ich, wie sehr ich gewisse von ihnen vermisse. Es sind oft Lokale, die man früh entdeckte und denen man im Unterschied zu einigen Lieblingsmenschen treu blieb: Lebensorte, wo man lachte und traurig war.
«Mario» in Florenz etwa oder «A la biche au bois» in Paris. Mittlerweile sind dort hippe Restaurants angesagt, die Alten aber bleiben. Bei ihnen würde man beim nächsten runden Geburtstag am liebsten mit allen Freunden, den alten und den neuen, besuchen – das «Antichi Sapori» bei Andria etwa.
Lieblingsrestaurants sind selten perfekt, es sind auch nicht jene Lokale, wo ich am besten in meinem Leben gegessen habe, aber ganz bestimmt jene, wo ich am glücklichsten war. Ich erinnere mich genauso gut an die von Claudio Abbado dirigierte Mahler-Sinfonie, die Dritte, an einem Lucerne-Festival-Samstag 2007, wie an das Pot-au-feu im «Galliker» danach. Und an die Menschen am Tisch.
Ein anderes Schweizer Lieblingsrestaurants ist mir der «Alte Torkel» in Jenins. Einst versuchte man dort den Spagat zwischen Gourmetrestaurant und Wandererbeiz. Sympathisch. Jetzt gelingt er dank Olivier Friedrich: Mit ihm ist ein Richtigmacher aus der grossen Kochwelt in der Bündner Herrschaft angekommen. So erhält man denn weiterhin ein paar Punkte vom «Gault-Millau». Aber darum geht es hier nicht. Warum sollten sonst Hörnli und Ghacktes (25.– Fr.) auf der Karte stehen? Die sind einfach nur gut – die Aprikose-Bergkäse-Ravioli sogar sehr gut: Für 19 Franken gibt’s die kleine und für 29 die nicht riesige «grosse» Portion.
Das war kein Klagen, denn die Portionen ermuntern zu einer Vorspeise – etwa einem Rindsmarkbein (18.– Fr.) oder der Aubergine mit Brombeere (22.– Fr.). Diese Grossartigkeiten sind das eine. Noch schöner ist, dass der «Alte Torkel» da steht, wo im Märchen die Schenke zu finden wäre: In einem Weindorf, wo die Reben ins Restaurant ranken. Naturgemäss ist das Weinangebot überragend. Es gibt glasweise Tropfen zwischen 5 und 10 Franken. Warum diese mit Warnungen statt mit Empfehlung vom Personal ausgeschenkt werden, ist ein Rätsel. Sollte man statt des Riesling-Silvaners von Sven Fröhlich (7.– Fr.) wirklich ein Glas Completer von Giani Boner (49.– Fr./1 dl) trinken?
Wer nach dem Besuch fröhlich nach Maienfeld oder Malans spaziert, weiss, dass er nachts daran denken wird, wann er zurückkehren könnte.