Neue Restaurants sind dazu da, um zu merken, wie gut die altbewährten sind.
Wäre ich doch nur etwas interessierter am Neuen! Aber nein, ich höre lieber zum 148. Mal Mozarts 27. Klavierkonzert als irgendein Unbekanntes, in Mailand besuche ich statt der Fondazione Prada eher zum 41. Mal das Brera-Museum. Und noch schlimmer: Ich gehe immer in dieselben Restaurants.
Mal gewählt, bald geliebt, bleibe ich ihnen jahrelang treu. Das geht bisweilen bis zur Schmerzgrenze, aber sind ein Zuhause in fremden Orten geworden. Immerhin: Öffnet in einer meiner Lieblingsstädte ein vielversprechendes Restaurant, muss ich Wunderfitz eben doch reinschauen.
Vor kurzem geschah es gleich ums Eck in Zürich, dort, wo über Jahre ein Kebab-Pizza-Dosenbier-Anbieter sein Glück versuchte: Besitzer kamen, Besitzer gingen, es roch genau gleich trostlos aus dem Lokal. Sogar «Bumann, der Restauranttester» war da, konnte ebenso wenig helfen wie die Anzeige «Für Schüler Kebab und Getränk 12 Franken», denn da gibt es keine Teenager-Schule in der Nähe. Vor Weihnachten waren die Fenster mit Zeitungen verhängt, bald kam der Designer, dann öffnete das «Arctika».
Die Homepage hielt mit Versprechungen nicht zurück: «Das Resultat ist ein neues Food-Erlebnis. Direkt aus den Wäldern von Lappland zu dir. Die eigens entwickelten Lapas gibt es exklusiv nur bei Arctika». Und «Über 5 Jahre Gastro-Erfahrung in Lappland sind die Basis für das erste Arctika-Restaurant in der Schweiz.»
Mal drin, wurden wir von Personal umsorgt, das kaum 5 Wochen Gastro-Erfahrung hatte. Aber egal, man is(s)t heutzutage nachsichtig. Der kleine Amuse-Bouche entpuppte sich als bestellter Gang. Diese Pilzkroketten erinnerten am ehesten an Tapas, waren es doch Babykroketten, die allerdings pro Stück 5 Franken kosteten. Schnell war klar, dass Lapas nichts mit den berühmten Ahnen zu tun haben würden, ausser dass die Teller klein waren: Gegessen wurde mit Messer und Gabel. Lecker, aber wer nicht 5 Gänge bestellt, geht hungrig heim, wer es tut, bezahlt 90 Franken. Für einen Neustart riskieren die Neuen viel.
Heute Abend esse ich im «Paneolio». Gewiss, das ist auch nicht 50 Jahre alt, aber vor 12 Jahren beim ersten Besuch, nach der besten Carbonara nördlich von Mailand, war ich überzeugt, dass ich da noch in 24 Jahren sitzen würde. Dannzumal gibt es ums Eck statt Hering, Elch und Rentier (Bild) ziemlich sicher wieder Kebab-Pizza-Dosenbier.