Im Samichlaussäcklein spielen sie die Hauptrolle, und auch in der Adventszeit werden sie fröhlich geknabbert: die Spanischnüssli. Bis wir sie geniessen können, legen sie einen weiten Weg zurück – von Ägypten über Antwerpen bis nach Frauenfeld in die Erdnussrösterei Gerelli. Der Röstprozess ist jedoch streng geheim.
Ein betörender Duft umschmeichelt uns. Es sind wunderbare Röstnoten, leicht süsslich. Wie wenn man die Nase in einen frisch geöffneten Sack mit Spanischnüssli steckt. Der Duft versetzt mich in ein wohliges Gefühl, weckt augenblicklich Kindheitserinnerungen.
Wir stehen in einer Produktionshalle der Frauenfelder Firma Gerelli, die Erdnüsse röstet. Hier, in dieser hohen Halle werden die Nüssli abgepackt, gerade sind 1-Kilogramm-Beutel dran. Es rattert und knattert.
Wir stehen also am Ende des ganzen Verarbeitungsvorgangs, der in Ägypten beginnt, dort, wo die Erdnüsse von Gerelli herkommen. Ägypten? «Die Anbaubedingungen auf den dortigen Plantagen sind ideal», erklärt Vertriebsleiter Remo Barile:
«Im sandigen Boden wachsen qualitativ hervorragende Erdnüsse, formschön und mit heller Schale, so wie unsere Kundschaft sie wünscht.»
Remo Barile erklärt uns die einzelnen Verarbeitungsschritte. Dazu kommt noch Patrizia Caravetta, stellvertretende Produktionsleiterin, die am besten weiss, wo es für den Fotografen noch etwas zu sehen gibt.
In der Abpackhalle stehen sechs gegen drei Meter hohe runde Silos. In diese kommen über Förderbänder die Nüssli, die in der Halle daneben geröstet werden. Die Beutel werden automatisch auf das gewünschte Gewicht abgefüllt und verschweisst. Emsige Hände packen sie in Mehrweggebinde, machen sie lieferbereit.
Wenn es auch einen wunderbaren Duft verströmt – vom Röstverfahren ist kaum etwas zu sehen. Es findet nahezu abgeschlossen in einer hohen, hochmodernen Anlage statt, die die Firma Bühler zusammen mit Gerelli entwickelt hat. Sie ist seit 2020 in Betrieb, neben zwei älteren Anlagen. Da sieht man die Erdnüsse bloss mal vorbeiziehen, dort tanzen sie hinter einer Kunststoffscheibe in einem Luftstrom – die zu leichten werden ausgeschieden.
Und irgendwo im Verborgenen arbeitet noch ein Mechanismus, der mit Hilfe von Fototechnik letzte fehlerhafte Nüssli aussortiert. «Das Rösten dauert ungefähr 15 bis 20 Minuten bei Temperaturen zwischen 150 und 170 Grad. Dem folgt eine wichtige Abkühlphase.» Mehr möchte Remo Barile dazu nicht sagen:
«Der Röstprozess ist unser kostbares Know-how, gewissermassen unser Geheimrezept.»
Knackig, auf den Punkt geröstet, also mit feinen Röstaromen sollen die Nüssli am Ende sein. Darüber hinaus entscheidet deren Grösse über die Qualität: je grösser, desto besser. Bei der Premium-Qualität «Chnuspernüssli» entsprechen bei Gerelli 100 Gramm rund 30 Erdnüsschen. Bei den anderen beiden Qualitäten sind es 35 bis 40. Immer gefragter würden die Erdnüsse aus Bioproduktion, erklärt der Vertriebsleiter.
Geröstet wird zwar das ganze Jahr über, doch von Oktober bis Dezember herrscht Hochbetrieb. Stehen bald der Samichlaus und das Christkind vor der Tür, arbeiten die Röster, meist langjährige Mitarbeiter, in zwei bis drei Schichten an den Anlagen. Zwischen 1500 und 2000 Tonnen rohe Erdnüsse werden in einem Jahr insgesamt verarbeitet.
Angeliefert aus Ägypten werden die Erdnüsse von Oktober bis Dezember, also unmittelbar nach der Ernte im Oktober. Sie kommen in sogenannten Big Bags à 650 Kilogramm in Containern per Schiff von Alexandria via Antwerpen nach Basel und von dort per Lastwagen nach Frauenfeld. Erste Qualitätskontrollen finden bereits in Ägypten statt, weitere bei der Anlieferung in Frauenfeld.
Darum kümmert sich hier neben andern auch Patrizia Caravetta. Danach werden die Erdnüsse, die botanisch gar keine Nüsse sind (siehe unten), bei kühlen 12 Grad gelagert, bis sie geröstet werden. Die energieintensive Verarbeitung der Erdnüsse geschieht bei Gerelli CO2-neutral, unter anderem dank einer Fotovoltaikanlage.
Bei Erdnüssen in Schalen ist das Frauenfelder Unternehmen Schweizer Marktführer. Es beliefert Grossverteiler ebenso wie nationale und regionale Grossisten. Seit kurzem betreibt es auch einen Onlineshop, und es exportiert nach Österreich.
Apropos Samichlaus: Remo Barile hat uns verraten, dass ein spezialisierter Kunde Erdnüssli für 700'000 Chlaussäcklein in verschiedenen Grössen bestellt hat. Da hat der Schmutzli ganz schön was zu tragen. Und manches Kind darf hoffen …
Und der Vertriebsleiter hat uns zum Schluss unseres Firmenbesuchs auch noch seinen Favoriten unter den Erdnussrezepten verraten, eine verlockende Süssigkeit: Erdnussplätzchen (siehe Rezeptbox).
Ohne es botanisch auf die Spitze treiben zu wollen: Die Erdnuss ist gar keine Nuss, sondern zählt zu den Hülsenfrüchten wie Bohnen und Erbsen, aber ihre Frucht hat sich entwicklungsgeschichtlich zur Nuss gewandelt. Der englische Name «peanut» – Erbsennuss – deutet auf diese Verwandtschaft hin. Der deutsche Name Erdnuss verweist auf eine weitere Besonderheit, auf die unterirdische Ausbildung der Früchte bzw. der Nüsse. Die Fruchtknoten wachsen an Stielen zuerst in die Höhe, dann krümmen sich diese und bohren sich in die Erde, wo sich die Nüsse entwickeln. Pro Pflanze gibt es 80 bis 100 Stück.
Die Erdnusspflanzen, kleine Büsche, sind einjährig. Im Anbau werden die Kerne im April/Mai gesät, aus der Erde geholt werden die reifen Früchte im Oktober. Dann bleiben sie an den Sträuchern erst mal zum Trocknen auf den Feldern liegen. Danach werden sie maschinell «gedroschen», gereinigt, sortiert und nach Grösse (für den Export) verpackt.
Die Spanischnüssli sind aber nicht nur keine Nüsse, dieser Name hat wahrscheinlich auch nichts mit Spanien zu tun. Erdnüsse stammen ursprünglich aus Süd- und Mittelamerika. Im 16. Jahrhundert wurden die spanischen Eroberer auf sie aufmerksam. Dennoch spielte dies bei der Namensgebung kaum eine Rolle, wie SRF-Mundartexperte Markus Gasser einmal ausführte. Er verwies darauf, dass die Erdnüsse erst am Ende des 18. Jahrhunderts nach Europa gelangten, sehr wahrscheinlich aus den französischen Kolonien in Westafrika. Sie waren etwas Fremdes, Exotisches. Den Leuten kamen sie «spanisch» vor. Uns allerdings kommen die feinen Nüssli längst nicht mehr spanisch vor. (ub)