Brot sollte man immer im Haus haben. Doch schnell ist die Rinde zäh statt knusprig. Keine Sorge – gut ist es immer noch. Von der Fotzelschnitte über Semmelknödel bis zum leckeren Brotpudding: ein paar Tipps zur Verwertung von altbackenem Brot.
Als kleiner Junge wehrte ich mich selten dagegen, zu den Grosseltern in die Ferien zu gehen. Meistens spazierte man zum Hafen und fuhr nach Konstanz, wo das Horn ertönte und die Matrosen das Dach des Oberdecks hinunterliessen. Vielleicht fuhren wir gar bis Meersburg.
Zurück im Haus spielten wir «Weltreise», bis Grossmutter mit der blechernen Puddingform aus der Küche kam. Der Inhalt war zwar nicht besonders schön anzuschauen. Aber zusammen mit dem Kompott das beste Essen, das ich kannte: Brotpudding.
Irgendwann hatte ich dann auch herausgefunden, dass der hauptsächlich aus vertrocknetem Brot bestand. Was zeigt: Brot ist nicht nur dann gut, wenn es frisch aus dem Ofen kommt und diesen unwiderstehlichen Duft verbreitet. Nein, auch wenn es längst aussen zäh und innen trocken statt knusprig und flauschig ist, kann man daraus noch den einen oder andern Snack, Znacht oder Dessert kitzeln.
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Am einfachsten ist es natürlich, wenn das Brot erst grad noch gut war. Mit Butter und Confi ist es vielleicht nicht mehr der Genuss, der es noch gestern gewesen wäre. Aber es taugt noch hervorragend als Käseschnitte oder Toast: Beinahe alles lässt sich darauf mit Käse überzogen zu einer leckeren Mahlzeit überbacken. Nicht nur Schinken oder Salami bietet sich dafür an. Auch andere Reste passen zwischen Brot und Käse: übrig gebliebenes Ofengemüse, Tomatensauce, ein Pilzgericht oder Bolognese.
Wer lieber einen süssen Znacht hat, legt die alten Brotscheiben in eine Mischung aus Eiern, Milch und Vanillezucker ein und brät diese dann in Butter. Mit Zimtzucker und Kompott sind Fotzelschnitten die Vorstufe des Brotpuddings.
Allerdings hat man gar nicht so oft genügend altes Brot im Haus, um damit als Käseschnitte die Familie zu füttern. Manchmal sind es nur einige Scheiben. Doch auch die muss man nicht wegschmeissen. Keine Pommes-Chips im Haus? Ein paar dünne Scheiben altes Brot mit etwas Kräuterbutter oder gewürztem Öl bestreichen, 10 Minuten in den Ofen – und der Filmabend ist gerettet.
Auch altes Fladen- oder Pitabrot lässt sich so wiederverwenden: Gepressten Knobli und etwas Salz mit Öl vermischen und das Brot damit bestreichen. Bei 180 Grad in den Ofen, bis es knusprig wird. Dann kann man es zerbrechen und wie Chips essen – oder die Gelegenheit nutzen und Fatoush machen.
Fatoush ist nach Taboulé der wichtigste Salat der levantinischen Küche. Wichtigste Zutat dabei ist altes (Fladen-)brot. Aber auch dünne Brotscheiben sind dafür geeignet.
Ganz ähnlich gehen Croutons: Das Brot in kleine Würfel schneiden, in Öl würzen und knusprig braten – schon wird aus einem zusammengewürfelten Salat ein Festessen.
Altes Brot ist auch eine wichtige Zutat für viele Hackfleischgerichte: Es hilft, Hamburger oder Hackbällchen zusammenzuhalten. Ist aber viel altes Brot im Haus, kann man das Fleisch auch weglassen: Polpette di Pane sind die italienische Version der deutschen Semmelknödel. Das Prinzip ist dasselbe. Altes Brot wird in einer Mischung aus Eiern, Milch, gedünsteten Zwiebeln und Petersilie eingeweicht, geformt und dann gegart. Bei den Polpette kommen noch zwei Löffel Parmesan dazu.
Und während bayrische Semmelknödel traditionell in Wasser gekocht werden, kochen Polpette di Pane gerne in Sugo. Man kann sie aber auch backen oder – paniert – frittieren.
Semmelknödel aus altem Brot:
Die fertige Masse etwas kneten, bis ein Teig entsteht. Dann zu Ping-Pong-Ball-grossen Kugeln formen. Falls die Masse zu feucht ist, Paniermehl hinzufügen. Unterdessen Salzwasser aufkochen. Die fertigen Kugeln dazugeben und die Hitze auf tiefste Stufe zurückdrehen, 20 bis 30 Minuten garen.
Tipp: Beim Kochen kann es sein, dass sich die Brotmasse etwas auflöst. Stellt man die Knödel erst eine Weile in den Kühlschrank, halten sie besser zusammen.
Semmelknödel passen gut zu Pilzrahmsauce.
Grossmutters Brotpudding nachzukochen, ist natürlich hoffnungslos. Denn selbst wenn man einen Block mit Grossmutters Küchennotizen erben sollte, ist das Resultat doch nie so gut wie die Erinnerung daran. Das gilt nicht nur für Brotpudding. Einen Versuch ist es aber wert. Oder besser zwei.
Eine Schwierigkeit bei Brotpudding wie Semmelknödeln ist, dass altes Brot ein eher ungenauer Begriff ist. Beides lässt sich aus Brot herstellen, das einfach nicht mehr ganz frisch ist, aber auch aus schon ziemlich trockenen Krumen. Frisches Brot wird leicht zu matschig. Trockenes Brot kann viel mehr Milch-Ei-Masse aufsaugen. Aber es geht eine Weile, bis es eingeweicht ist.
Rezepte für süsse Speisen und Aufläufe aus altem Brot gibt es einige. Hier ein Rezept für einen Pudding in einer Gugelhopfform. Dafür braucht es einen Topf, der gross genug ist, dass die Form darin stehen kann.
Brotpudding ist besonders lecker zu Kompott oder Apfelmus.
So fiel auch mein erster Brotpudding auseinander: Er war zu feucht, wohl weil ich ungeduldig wurde und mehr Milch zur Mischung gab. Dabei geht es nicht darum, das Brot mit der Masse zu bedecken. Besser, man lässt die Masse länger stehen und rührt das Gemisch regelmässig um. Und tatsächlich: Schon beim zweiten Versuch flutschte der Pudding nach einer knappen Stunde im Wasserbad schön fest aus der Form – und er hielt.
Gut war er auch. Klar: An Grossmutters Brotpudding kommt er wohl nicht heran. Aber ich hab ja noch Zeit zum Üben.
Bis Brot innen wirklich hart wird, kann es lange dauern. Zeit, um daraus noch Semmelknödel oder Brotpudding zu machen, ist also genug. Doch es lohnt sich, ein paar Scheiben aufzuheben und durchtrocknen zu lassen. Denn dann eignet es sich am besten für Paniermehl. Zugegeben: Hart ist nicht nur das Brot, sondern auch das Los dessen, der dafür nur eine gewöhnliche Küchenreibe zur Verfügung hat. Besser geht es in einer Kaffeemühle oder mit einer Trommelreibe. Der Vorteil: Paniermehl lässt sich trocken lange lagern.