Foodblog Ostbröckli
Wie im Schlaraffenland! Auberginen, Fenchel und Stielmangold schmecken am besten direkt ab Hof

Es ist auf dem Teller längst mehr als nur eine Beilage: das Gemüse. Grossartig, dass wir dabei aus dem Vollen schöpfen und uns bei regionalen Produzenten und Hofläden bedienen können – wie beim Kollektivhof Waldheim in St.Pelagiberg. Zwiebel- und Fenchelfelder werden hier mit eigenem Kompost gedüngt.

Text: Urs Bader, Bilder: Arthur Gamsa
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Es ist schon fast wie im Paradies! Diese Fülle an hochwertigen Gemüsen und Salaten, an denen wir uns jetzt gütlich tun können! Auf Märkten, in Hofläden oder Supermärkten – die Auswahl, die allein heimische Produzenten ausbreiten, ist fantastisch. Stets ist man in Versuchung, zu viel einzukaufen, weil alles so verlockend ist. Die knackig-kleinen Kefen, der zarte Spinat, die bunten Rüebli, der pralle Kopfsalat.

Zu diesem Schlaraffenland trägt auch der Kollektivhof Waldheim in St.Pelagiberg bei. Er ist zwar klein, aber auf eine besondere Art fein. Er liegt idyllisch und etwas abseits hinter dem Kirchhügel. Eine Linde und ein Nussbaum schmücken ihn. Auf diesem, dem eigenen Hof baut ein kleines Kollektiv von vier Personen, die alle Entscheide gemeinsam fällen, Gemüse und Obst, Gewürz- und Heilpflanzen an und bewirtschaftet Wiesland.

Gut vier Hektaren stehen dafür zur Verfügung. «Unser Hof ist von Biosuisse zertifiziert», sagt Dani Knobel, «wir gehen bei der Produktion aber noch weiter, legen noch mehr Wert auf Nachhaltigkeit durch schonende Bodenbearbeitung.»

Düngen mit dem eigenen Kompost – ohne Kupfer und Spinosad

Wir stehen in der frühen Morgensonne vor dem Hof, überblicken die Beete mit Gemüsen und Salaten, eine frisch gemähte Wiese, auf der Hochstammobstbäume stehen. Nichts sieht hier gepützelt aus.

Dem Bodenleben und dem Humusaufbau zuliebe werden die Beete mit einer dicken Mulchschicht bedeckt, wird wann immer möglich eine vielfältige Pflanzenmischung zur Gründüngung angesät, wird auf das Pflügen verzichtet. Zum Mulchen und damit auch zum Düngen wird vorwiegend der Grasschnitt von den eigenen Wiesen verwendet, auf die zur Düngung wiederum eigener Kompost ausgebracht wird.

Auch auf den Einsatz von im Bioanbau erlaubten Pflanzenschutzmitteln wie Kupfer oder Spinosad wird verzichtet. Der 36-jährige gelernte Biogemüsebauer Knobel sagt:

«Wir legen sehr viel Wert auf eine regenerative Landwirtschaft, auf einen geschlossenen Nährstoffkreislauf. Das setzt viel Handarbeit voraus, auch bei der Lockerung des Bodens.»

Unser Rundgang führt zuerst ins unbeheizte Gewächshaus, wo Tomaten, Auberginen, Stangenbohnen, ein sortenreicher Schnittsalat und anderes angebaut ist. Dann stehen wir bei den Beeten mit verschiedenen Salaten, Radieschen, Schnitt- und Stielmangold, Fenchel, Kohlrabi, Frühlingsknoblauch, Kartoffeln, aber auch Kräutern.

Mit Leib und Seele am Werk

Mehrmals schiebt Knobel die Mulchschicht vorsichtig auseinander und zeigt mir und dem Fotografen eine Handvoll wertvoller feinkrümeliger Erde – er ist selbst begeistert davon. Und wir merken, dass da jemand mit Leib und Seele am Werk ist. Unser Rundgang endet in einem kleinen Treibhaus, in dem Setzlinge gezogen werden, ohne die Verwendung von Torf. Schon das Saatgut wird sorgfältig ausgewählt, zum Zug kommen viele alte Sorten.

Statt roh in Olivenöl gedünstet

«Die regenerative Anbaumethode liegt uns sehr am Herzen. Gegenüber unseren Kunden verpflichten wir uns, stets hochwertiges Gemüse auch mit dieser inneren Qualität zu liefern», sagt Knobel. Kunden sind Bioläden, Restaurants, Marktstände. Und seit diesem Mai kann man die Waldheim-Produkte auch im Abonnement haben, im sogenannten Igel-Chorb, den man auf dem Hof oder bei Depots abholt. Damit ist der Hof auch zu einem Teil der Bewegung der Solidarischen Landwirtschaft geworden, die Produzentinnen und Produzenten und ihre Kundschaft näher zusammenbringen will.

Auf unserem Rundgang hat uns Dani Knobel auf einen seiner Lieblingssalate hingewiesen, auf den Forellenschluss, eine Lattich-Sorte. Zum Abschied hat er dann noch ein Rezept dazu verraten. Natürlich kann man ihn roh essen, ihn aber auch feingeschnitten in Olivenöl kurz dünsten, wie es Knobel eben gerne macht. Danach lässt er ihn abkühlen und würzt ihn vor dem Geniessen nur noch mit etwas Zitronensaft und frisch gemahlenem Pfeffer. Einfach, aber gut, wie ich am gleichen Abend noch feststelle. Man kann sich das gut auch lauwarm vorstellen, vielleicht zusammen mit zuvor angebratenen Speckstreifen, oder auch kombiniert mit separat gegarten Erbsen und Kefen.

Auch Spitzenköche schwören auf frisches Gemüse

Nicht nur das Angebot an gutem Gemüse ist heute gross, sondern mittlerweile auch dessen Ansehen. In der anspruchsvolleren Küche spielt es nicht mehr nur eine Nebenrolle. Wer bei der Zubereitung in der Alltagsküche Inspiration sucht, findet sie in Kochbüchern von immer mehr Spitzenköchinnen und -köchen, von Tanja Grandits über Vincent Klink bis Yotam Ottolenghi. «Gault-Millau» hat letztes Jahr gar die Chefin einer veganen Küche als «Entdeckung des Jahres» ausgezeichnet, Zineb Hattab vom Restaurant Kle in Zürich. Ein Wermutstropfen – in der durchschnittlichen hiesigen Gastronomie gibt es noch Luft nach oben, bleibt es doch zu oft bei einer faden Gemüsebeilage. Schade eigentlich, bei diesem grossartigen und vielfältigen Angebot.

Solidarische Landwirtschaft

Das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) gründet auf der direkten längerfristigen Zusammenarbeit von Produzenten und ihrer Kundschaft. Es ist eine weltweite Bewegung. In der Solawi gibt es keine Produkte- oder Marktpreise, sondern Konsumentinnen und Konsumenten finanzieren etwa über Abonnements direkt die Produktion. Dies ermöglicht eine Risikoteilung, entlastet die Produzenten vom Preisdruck und sichert ihr Einkommen. Fällt ein Anbaujahr gut aus, profitieren die Konsumentinnen von grösseren Erträgen, die auf alle Abonnements aufgeteilt werden. Fällt ein Jahr schlecht aus, wird das Überleben eines Hofs durch die Betriebsbeiträge Abonnenten gesichert. Sie verpflichten sich in der Regel für ein Jahr, Gemüse, Obst, Salate, Beeren etc. abzunehmen, was eine präzise Anbauplanung ermöglicht – abgesehen von witterungs- und schädlingsbedingten Ausfällen.
Alles, was in den abonnierten Chorb, in eine Jutetasche oder in ein Kistchen kommt, ist biologisch, saisonal und regional produziert. Aktuell existieren in der Schweiz rund 40 Solawi-Projekte. Die ersten Betriebe wurden bereits Ende der 1970er-Jahre gegründet. Auch in unserer Region gibt es mehrere Betriebe, die in der einen oder andern Form dieser speziellen Landwirtschaft verpflichtet sind wie der Kollektivhof Waldheim in St.Pelagiberg, der Biohof Seebeli in Wienacht-Tobel, der Rütiwies-Hof in Algetshausen, die regionale Vertragslandwirtschaft im Raum St.Gallen oder die Gartenkooperative Region Liechtenstein-Werdenberg in Vaduz.

Stielmangold aus St.Pelagiberg mit Morcheln.

Stielmangold aus St.Pelagiberg mit Morcheln.

Bild: Urs Bader

Rezept Stielmangold mit Morcheln

Zutaten für vier Personen

  • 500 g Stielmangold (weiss, gelb, rot – wenn im Angebot)
  • 1 Schalotte, feingeschnitten
  • Butter, Salz, Zitronensaft, weisser Pfeffer
  • Eine Handvoll Morcheln, getrocknet
  • Weisswein, ev. ein wenig Sherry
  • 3 El Mascarpone

Zubereitung:

  • Kraut vom Stielmangold entfernen, in Streifen schneiden. Stile schräg in mundgerechte Stücke teilen.
  • Beides im oder über Dampf garen, Kraut erst gegen Schluss dazugeben. Ein wenig Biss sollte der Mangold noch haben. Kalt abschrecken. Zur Seite stellen.
  • Getrocknete Morcheln in Wasser einweichen. Ev. mit einem Spritzer Sherry aromatisieren. Dann Pilze je nach Grösse der Länge nach zerteilen und gründlich waschen.
  • Schalotten in Butter andünsten, Morcheln dazugeben und mitdünsten. Mit Weisswein und etwas Einweichwasser ablöschen, köcheln lassen.
  • Wenn fast alle Flüssigkeit verdampft ist, Mascarpone einrühren.
  • Stilmangold in Butter wieder erwärmen. Morcheln beigeben. Mit Salz, weissem Pfeffer und Zitronensaft abschmecken

Variationen:

  • ·Statt getrocknete frische Morcheln verwenden.
  • Dazu passen gut kleine neue Kartoffeln, frische Nudeln oder Trockenreis.
  • Vegetarier können es dabei belassen, Fleischessern sei dazu ein Kalbsplätzli an Zitronensauce empfohlen.
Dani Knobel zeigt Autor Urs Bader auf dem Kollektivhof in St.Pelagiberg Setzlinge für den Gemüseanbau.

Dani Knobel zeigt Autor Urs Bader auf dem Kollektivhof in St.Pelagiberg Setzlinge für den Gemüseanbau.