Ob Hazel Brugger, Emil, Peach Weber oder die Instant-Satirikerin Patti Basler. Wir verraten die Geheimrezepte der erfolgreichsten Lustig-Profis der Schweiz.
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Es klebt an ihr wie ein falsches Etikett: «Die böseste Frau der Schweiz.» Es stand im «Tages-Anzeiger». Fast alle schreiben es nach. Wer mit Achselzucken schwarzen Humor zum Besten gibt, trägt ein solches Etikett. Besser passt Überrumpelungsspezialistin oder Advocata diaboli. Eingesetzt bei Heiligsprechungsverfahren, sollten sie gegen die Heiligsprechung Argumente liefern. Und weil wir alle keine Heiligen sind, hat Hazel Brugger leichtes Spiel. Sie lüftet den Heiligenschein unserer modernen Sentimentalität und vermeintlichen Moralität. Ihre Lakonik scheint angeboren, und wenn sie ihren Bruder einen «Probemenschen» nennt, sagt sie zum lachenden Erschrecken des Publikums nur eine entwicklungspsychologische Wahrheit:
«Tun Sie nicht so, Sie haben diese Gedanken alle auch.»
Ob das hirnverquere «Ogtern» im Kreuzworträtsel, das auftrumpfende Familienoberhaupt mit «lueg, es Chileli vo Wassen» oder die rührende Slapstick-Pointe «Jo-du-du-du-duu» mit dem zusammenklappenden Kinderwagen – Emil Steinberger zeichnet mit wenigen Requisiten liebevoll den eidgenössischen Biedermann. Der wird gerade nicht zum Brandstifter. Emil ist ja nicht Max Frisch, nicht Gerhard Polt. Ob gehemmt, zerstreut, gutgläubig, verärgert, verträumt – Emils Figuren sind rührend. Er hat den Zeitgeist der 60er- und 70er-Jahre getroffen und wurde zum Nationalheiligen der eidgenössischen Humorszene, weil SBB und Post, wo einige seiner legendären Sketche spielen, noch Heiligtümer waren. Bei aller Gutmütigkeit übersieht man leicht, dass seine präzisen Figuren dezent die Mimik-Tradition früher Slapstick-Komödianten in sich weiterleben lassen.
Was diese beiden tun, ist Kunst. Jahrzehntelang war ihr Markenzeichen die synchron gesprochene Publikumsbegrüssung – inklusive Räuspern, äh und jo. Das bleibt im Gedächtnis, im Lachen als pure Freude am akrobatischen Irrwitz und als Parodie auf die Floskelhaftigkeit des Sprechens. Ihre Anfänge als Clownin und Pantomime kommen dem Duo zugute. Im Wortwitz sind sie Avantgardisten mit Hochgeschwindigkeitspräzision und Einschlag ins Groteske, Surreale und Alberne. Beispiel: «Extremfisch» nannte Nadeschkin den Seehund im Circus Knie. Ironie macht ihre verdrehten Rollenspiele zu Lachnummern, ihre Frotzeleien und Hahnenkämpfe drehen immer von Schadenfreude ins Absurde. In Lobreden werden sie deshalb mit Samuel Beckett oder den Marx Brothers verglichen. Das Angenehme an ihrer Komik: Es geht nie ums Verlachen, sondern um die Absurdität unseres Daseins.
Klar, der Appenzeller! Der Typus gibt das Genre vor. Ein ruppiger Geselle mit seinem liebsten Hobby: selbstgefällige Schimpftiraden mit dickem Hals. Und einer, der immer mit schamloser Bauernschläue auf seinen Vorteil bedacht ist. Simon Enzler hat diese Genrefigur politisch hellwach neu erfunden und verspottet so überhebliche Volkstümelei. Er mimt den Rassisten, den Hinterwäldler, den Autofreak, den Neider und Macho. Seine Satire schlägt das Stammtischgepolter mit dessen eigenen Mitteln. Mit deftiger politischer Unkorrektheit führt er genüsslich gängige Klischees vor und macht sie dadurch vollends lächerlich. Das Erzählen ist sein Metier, weshalb er mühelos Soloabende stemmt. Auf die Sennenhose, die er zu Beginn seiner Karriere auf der Bühne trug, kann er unterdessen getrost verzichten, seine Figur ist über den Appenzeller hinausgewachsen.
Gereimte Spontanzusammenfassungen – was für ein kurioses Genre hat diese Sprachvirtuosin da erfunden! Die studierte Erziehungswissenschafterin ist eine Lehrerin, die Fehler nicht korrigiert, sondern gnadenlos protokolliert. «Wortspiele sind ihr Colt», lobte denn auch die Jury des Salzburger Stiers, den die preisgekrönte Slam-Poetin 2019 erhielt. Und was gibt es Schöneres als Lob auf dem eigenen Sorgentelefon? Am Telefon ihrer Radiosendung «Die dargebotene Faust» hört Patti Basler für ihre satirischen Ratschläge immer: «Jetzt danke ich Ihnen also vielmals.» Satire als Lebenshilfe! Anrufen dürften auch Bankräuber, die nicht wissen, wohin mit dem vielen Geld. Oder Abwarte – «also Menschen, die Schulhausabwart geworden sind, weil das ihre einzige Möglichkeit gewesen sei, die Schule abzuschliessen».
Ungerührt erzählt dieser Witzbold von sich: kein Sex, kein Talent, dazu noch Haarausfall und Übergewicht. Das Leben als totale Niederlage. Zum Glück weint der Mann auf der Bühne nicht. Als anständiger Mensch müsste man ihn tröstend in den Arm nehmen. Aufwandersparnis sei der Schlüssel zum Lachen, erklärte Chefpsychoanalytiker Sigmund Freud. Peach Weber erspart uns Mitleid, gönnt eine Verschnaufpause von unserer überschätzten Kultiviertheit. Letztlich schmerzlos: Man kann auf den Deppen herunterschauen, der das missglückte Leben trotzdem mit albernem Humor nimmt. Er ist ein schräger, gemütlicher Onkel, fern von Besserwisserei (eine Plage vieler Satiriker). Freud interessierte sich für das Lachen, weil es ein Fenster zum Unbewussten sei. Peach Webers Lieblingsgag hätte Freud gefallen: «Mein Lieblingstier ist das Poulet.» Der Witz könnte von Obelix stammen.