Tatort-Kolumne
Neuster «Tatort» aus Münster: Wenn der Zufall das Drehbuch schreibt

Thiel verliert sein Gedächtnis im Suff und Kollege Boerne geht unter die Esoteriker. Die 40. Folge aus «Münster» ist ein Amnesie-«Tatort» der Extraklasse.

Julia Stephan
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Ermittler Thiel leidet unter der Hirntumordiagnose seines Vaters genauso stark wie an seinem Gedächtnisverlust.

Ermittler Thiel leidet unter der Hirntumordiagnose seines Vaters genauso stark wie an seinem Gedächtnisverlust.

Bild: ARD

Wie ein typischer Amnesie-«Tatort» funktioniert, braucht man einem Fan dieser Krimireihe nicht mehr zu erklären. Wie oft hat man das schon gesehen, wie oft hat man das schon mitgemacht! Auch die Jubiläumsfolge 40 des beliebten «Tatorts» aus Münster nutzt das Schauerpotenzial dieses beliebten Fernsehtricks.

Kommissar Thiel verfolgen nach einem alkoholgetränkten Abend Flashbacks. Eigentlich hatte er mit dem Spiritus am Bartresen den tennisballgrossen Tumor im Kopf seines Vaters vergessen machen wollen. Doch in «Des Teufels langer Atem» wird aus der privaten Verdrängungsleistung ein Fall für die Mordkommission: Hat Thiel in derselben Nacht beduselt vom Fusel mit seiner Dienstwaffe einen verurteilten Mörder getötet?

In 90 Sendeminuten reiht sich Zufall an Zufall. Sie verblüffen nicht nur die hinzugezogene Kommissarin, die bald gegen Thiel ermittelt. Sie verblüffen auch Boerne und Thiel. Aus Zufall wird Fügung und Thiel fügt sich bereitwillig in sein Schicksal als Mörder, das ihm plausibel scheint. Da hilft auch nicht, dass Professor Boerne für seinen Freund den Narzissmus etwas zurückfährt, und trotz seiner felsenfesten Wissenschaftsgläubigkeit plötzlich von Wildschweinen als Krafttieren redet, die Thiel erden und ihn aus dem Dunkeln seiner Amnesie herausführen sollen.

Und weil wir sicher sein können, dass der WDR seine Cashcow Thiel niemals sterben lassen wird, löst der Totentanz, den die beiden schon in zahlreichen Folgen so gut getanzt haben, wieder ein warmes, wohliges Schaudern aus.

«Tatort» aus Münster: «Des Teufels langer Atem». SRF 1, 20.05 Uhr. Den Trailer finden Sie hier. Wir geben vier von fünf Sternen.