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Kultur
Die Spoken-Word-Autorin Daniela Dill schaut in ihrem neuen Buch «Durzueständ» mit charmant-bissigem Spott auf unsere Gegenwart.
Das Wunschkind aus dem 3D-Drucker? Schwanger von Franz Kafka? Daniela Dill hat in vielen ihrer Kürzestgeschichten einen Sinn für tolle, surreale Pointen. Die Drehung ins Skurrile geschieht bei der Spoken-Word-Autorin zumeist mit einem leichten Kopfschütteln im Blick auf den Lebensalltag. So sagt etwa im Kurztext «Projekt Chinder» die Gynäkologin, Frau Meyer, zur Erzählerin: «Si, mir spinnen alli mitenand!»
Damit hat die gute Frau natürlich recht und meint in dieser Geschichte alle, die sich mit der Kinderplanung schwertun oder sich mit vermeintlich guten Ratschlägen für das Duo Karriere/Kinder aufdrängen. Frau Meyer trifft aber eben gleichzeitig den achselzuckenden Ton, der sich durch das Buch zieht. Und weil Meyer ein Allerweltsname ist, versteckt die Autorin auch in dieser Lebensweisheit eine leise Ironie. Bei Daniela Dill kann man sich ständig auf noch einen doppelten Boden freuen. Aber ja, spinnen tun in ihren Kurztexten so ziemlich alle. Sie erzählt davon mit nüchternem Lächeln, lakonisch und mit viel Herz.
Aber Vorsicht! Hier textet keine, die nur harmlose Alltäglichkeiten aus dem Zwischenmenschlichen zum Besten gibt. Sie serviert ihren Spott auf Businessfixierte, Lebensoptimierte, Lippenaufgespritzte, auf Backpacker und Globetrottel oft mit einem märchenhaft-surrealen Beiklang. In «Mutter Natur» etwa spannt sie mit einer Ladung Sarkasmus den Lebenslauf eines Karrieristen auf, oder sie wischt die elterliche Überangepasstheit im trockenen Telegrammstil weg.
Grosses Vergnügen machen die Texte aber, weil vor allem Daniela Dills virtuose Sprachrhythmik sich mal verspielt und luftig, dann wieder im zackigen Staccato dem jeweiligen Thema anpasst. Die Spannweite ist gross. In «Du hast mir versprochen!» steigert sich eine Enttäuschungsrede zum sprachlichen Maschinengewehr, im herzigen «Wettsch der Nuggi?» hingegen will die kleine Lia, statt mütterlicher Hyperaktivität zu folgen, nur auf das «Bibbi!» in ihrem Büchlein zeigen.
Wenn sich Dill in «Ich persöönlich» fragt, wer denn dieses Ich ohne den Zusatz «persönlich» sei, wird sie auch zur Sprachkritikerin. Höhepunkt ist das Tornado-Gedicht «Glückspilz», das auch grafisch wie ein Tornado wirbelt: «Du trainierst Dein Glück unermüdlich mit der Hantel … und dann verschimmelst Du. Denn auch ein Glückspilz ist ein Pilz.» Herrlich!