Trauriger Hitgarant
Mark Ronson produziert für Lady Gaga oder Bruno Mars. Glück bleibt aber aus

Sein neustes Album, "Late Night Feelings", reflektiert die Gemütslage des erfolgreichen Musikproduzenten. In todtraurigen Lieder verarbeitet er seine Scheidung und seine natürliche Melancholie.

Steffen Rüth
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Mark Ronson schrieb Lady Gagas oscarprämierten Filmsong «Shallow». Getty Images

Mark Ronson schrieb Lady Gagas oscarprämierten Filmsong «Shallow». Getty Images

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Er guckt aber auch schon so traurig. Wie ein herrenloses, vom Leben gebeuteltes Hündchen sitzt Mark Ronson auf einem Sofa in einem Berliner Hotel und lässt die Augen, ja das ganze Gesicht, ja die gesamte Person hängen. Körperspannung geht anders.

Vielleicht ist der preisgekrönte Musiker, DJ und Produzent nur müde vom langen Flug, von der Modeschau in Mailand, der er zuvor beiwohnte, vom anstrengenden Jetsetterleben.

Jedenfalls: Wenn man Mark Ronson, dem mit 43 Jahren immer noch schönen, vollschwarzhaarigen und im Gesicht filigran geschnittenen Mann, eines abnimmt, dann ein Album voll mit traurigen, tieftraurigen, todtraurigen Liebeskummerliedern, von dem er behauptet, es sei sein bisher persönlichstes und bestes. Ein Album wie «Late Night Feelings».

Krise wegen Scheidung

«Ich hoffe, es zieht Sie nicht zu sehr runter», sagt Ronson zu uns und macht einen Laut, den man als selbstsarkastisches, kurzes Auflachen beschreiben könnte. Grund für Mark Ronsons Schaumbad in der Melancholie ist vor allem: seine Scheidung von der Französin Joséphine de La Baume, Schauspielerin und Model von Beruf, nach sechs Jahren Ehe. «Ich habe das nicht richtig kommen sehen», blickt Mark auf die Trennung Anfang 2017 zurück, für die er sich übrigens selbst die Hauptverantwortung zugesteht: zu viel an die Arbeit gedacht, zu sehr die Zweisamkeit vernachlässigt, man kennt das.

 Mark Ronson: «Late Night Feelings»ab 21. Juni.

Mark Ronson: «Late Night Feelings»ab 21. Juni.

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«Eigentlich arbeitete ich an einem ganz anderen Album», verrät Ronson. «Aber als sich unsere Ehe aufgelöst hatte, kamen nur noch diese traurigen, desillusionierten Songs dabei heraus, sobald ich mich ans Klavier setzte oder die Gitarre nahm.»

Nicht dass die Musik selbst einen niederschlägt. «Late Night Feelings» ist bei weitem nicht frei von Upbeat-Stücken, man kann absolut dazu tanzen. Auch sind die neuen Songs die modernsten, will sagen: die unretrohaftesten, die Ronson wohl je aufgenommen hat. Was auch an seiner Kollaboration mit Diplo – gemeinsam nennen sie sich Silk City – zusammenhängt. «Ich wollte mich einem zeitgemässeren Sound nicht verschliessen. Meine Musik ist halt beeinflusst von den 23 Jahren, die ich schon in Nachtclubs auflege», so Ronson, der zwar in London geboren wurde, aber in New York aufwuchs. Seit drei Jahren lebt er wegen der Arbeit (unter anderem mit Bruno Mars oder den Queens Of The Stone Age) in Los Angeles, wo er sich mit dem dort dominierenden Gesundheitskult mit «Grünkohl sowie gesunden Säften» allmählich anfreundete.

Songtexte wie der von «Spinning», der von «Don’t Leave Me Lonely» oder auch jener der vorab schon erfolgreichen Country-nahen Single «Nothing Breaks Like A Heart», gesungen von Miley Cyrus, offenbaren aber tiefe Verzweiflung, Einsamkeit und Unsicherheit. Dabei ist es nicht Ronsons Stimme, die man hört, sondern unter anderem jene von Yebba, Lykke Li oder Alicia Keys. «Ich habe mir Sängerinnen ausgesucht, die meine Emotionen verstehen und umsetzen konnten», sagt er.

Dass ausnahmslos Frauen auf «Late Night Feelings» singen, ist freilich ein weiterer Zufall. «Weibliche Künstlerinnen haben in meinem Leben traditionell eine hohe Präsenz. Ich fühle mich Frauen einfach zugeneigt.» Ronson produzierte bekanntlich «Back To Black» von Amy Winehouse, das «Joanne»-Album sowie den mit dem Oscar ausgezeichnete Filmsong «Shallow» von Lady Gaga. «Ich kann gut mit Frauen. Meine Mutter, eine wunderbar exzentrische, grandiose, gefühlsmässig komplizierte Person, ist bis heute ein sehr wichtiger Mensch in meinem Leben.» Auch das Verhältnis zu seinen zwei Jahre jüngeren Zwillingsschwestern Samantha und Charlotte ist sehr eng.

Die erschöpften Augen wandern umher, ohne irgendwo, auch nicht im Gesicht des Gesprächspartners, Halt zu finden. Nun erzählt Mark Ronson ausführlich, wie sehr er sich immer über alles sorge und nie glücklich sei, zumindest nicht dauerhaft. Auch nicht nach dem Monstererfolg mit «Uptown Funk» mit Bruno Mars? Oder dem Grammy und dem Oscar für «Shallow»? «Nein. Da habe ich vielleicht mal eine Nacht Champagner getrunken und gefeiert. Am nächsten Tag war die Realität wieder da.»

Er hadert und grübelt

Vielleicht sei seine Musik deshalb so gut, weil er immer so viel hadere und grüble, dennoch hat sich Mark seit einiger Zeit einem Hobby zur Lebenslagenaufhellung verschrieben. Eigentlich zwei. Er meditiert fast jeden Morgen mindestens 20 Minuten. Und: «Ich habe zwei mittelgrosse und wirklich von Natur aus ulkige Hunde adoptiert.»

Auch eine Freundin hat er wieder, und wer weiss, vielleicht ist auf dem nächsten Album das Discokugelherz ja nicht mehr zerbrochen, sondern wieder verheilt. «Ich habe keine Ahnung», sagt Mark Ronson, «aber mir gefällt der Gedanke.»