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Kultur
In seiner Kolumne erklärt Schriftsteller Pedro Lenz diese Woche, wie sich der Ausdruck «so was von» ins Schweizerdeutsche eingeschlichen hat.
Normalerweise ist die Klage über den allmählichen Zerfall der eigenen Muttersprache auch eine Klage über die Zunahme von Anglizismen im deutschen Sprachraum. Viele Zeitgenossen finden es nicht okay, dass traditionelle Ausdrucksweisen wie «in Ordnung» oder «richtig» von einem schlichten und saloppen «okay» verdrängt werden.
Und manche Sprachpuristen glauben, die Sprache des Imperiums sei die einzige Gefahr für unsere althergebrachten Mundarten. Dabei verdrängen neuere Mundartbegriffe wie das englische «Sorry» oder das ebenso englische «Byebye» höchstens ältere Lehnwörter wie «Excusez» oder «Adieu», die unsere Vorfahren einst aus dem damaligen Imperium Frankreich importiert und bald auch adoptiert hatten.
Es ist demnach nicht ganz korrekt zu glauben, für eine mögliche Verwässerung oder Verunreinigung der Schweizerdeutschen Dialekte sei vor allem das Englische verantwortlich. Die wirklich skurrilen, um nicht zu sagen schmerzerzeugenden Sprachinnovationen stammen nicht selten aus unserer näheren Umgebung.
So hört man hierzulande immer öfter Ausrufsätze wie etwa: «I bi so öppis vo hässig!» oder «Är isch geschter so öppis vo müed gsi!». Die Struktur «so was von», bei der es sich letztlich um eine ebenso beliebte wie unnütze Steigerung des Adverbs «sehr» handelt, scheint ihren Siegeszug in der Alltagssprache noch lange nicht abgeschlossen zu haben.
Es verhält sich mit der Form «so was von» wie mit vielen Sprachmoden: Sie sind auf einmal da, ohne dass man mit Sicherheit sagen könnte, wer sie eingeführt oder wer sie popularisiert hat. Wie derartige Sprachneuheiten dann zu uns gelangen, ist weniger schwer zu erklären.
Wir dürfen vermuten, die Ausdrucksweise «so was von» habe sich über das deutsche Privatfernsehen in einzelnen Ohren der Deutschschweiz eingenistet. Es dürfte aber eine Weile gedauert haben, bis Schweizer TV-Konsumenten verstanden haben, wie dieses «so was von» zu verstehen und in welchen Lebenslagen es anzuwenden ist. Das ist die übliche Entwicklung vom passiven zum aktiven Sprachgebrauch.
Nach Abschluss dieser Entwicklung folgte, wie oft bei neuen Germanismen, eine Phase, in der die Wendung in der Schweizer Umgangssprache noch unübersetzt verwendet wurde «D Aasichte vo mim Nochber si mer so was vo egau!».
Erst allmählich vermochte sich schliesslich die eingeschweizerte Form «so öppis vo» durchzusetzen. Es gibt Internet-Sprachforen, in denen englischsprachige Nutzer, die sich für Deutsch interessieren, verzweifelt nachfragen, was das soll mit diesem ständigen «so was von». Diese Nutzer schreiben dann Sätze wie: «I am confused by the phrase «so was von». Especially the preposition «von». I searched on google but found no clear definition.»
Tja, liebe englischsprachige Mitmenschen, es tut uns sehr leid, aber nicht auf jedes linguistische Phänomen findet Google gleich eine passende Antwort. Oder um es auf Englisch zu sagen: «If you don’t understand «so was von» we are so what of sorry.