Jaime Gartzia kommt jeden Juni für zwei Wochen nach Basel. Wenn die Ströme des Kunstmarktes zusammenfliessen, richtet er hinter den Kulissen die Art Basel ein.
Es ist Samstagmorgen, Jaime Gartzia musste mit wenig Schlaf auskommen. Die Uhr tickt. Schon übermorgen soll alles bereit sein. Er packt Kunstwerke aus, setzt sie zusammen, verschiebt, hebt an, befestigt, hängt auf, und koordiniert die Abläufe. Dabei hat er es mit einer Vielzahl an Materialien und Grössen zu tun. Sei es eine Betonmauer, ein Porträtbild oder eine mehrteilige Skulptureninstallation, er erfüllt die Wünsche der Galeristen und Künstler.
Gartzia ist Art-Handler.
Für Messen und Ausstellungen installiert der 40-jährige Baske Kunst. Nach einem Studium der Bildenden Kunst in Bilbao hatte er seine erste Stelle im dortigen Guggenheim Museum. Er wurde bald Teil des museumstechnischen Dienstes. Und ging dann mal für den Aufbau einer Messe mit nach Madrid. «So kam ich rein. Es folgten die Art Basel Miami, die Art Basel Hongkong, viele andere Messen und irgendwann auch die Art Basel selbst.»
Seit 19 Jahren arbeitet er als Freelancer auf diesem Beruf. In Basel ist er für ein amerikanisches Unternehmen in der Kunst-Logistik tätig. Dieses bietet Galerien den Transport und die Installation an.
Im globalen Kunstmarkt geht es ums Sehen und Gesehen-Werden – nicht nur der Menschen, vor allem der Kunst. Deshalb soll die Kunst auch überall gezeigt werden. So rüstete Gartzia in Miami auch schon Villen von Superreichen mit der angesagtesten Kunst aus, auf dass diese während einer Party allen Gästen den Status der Gastgeber demonstriere.
«Basel ist die älteste, grösste und die am besten organisierte Kunstmesse, die ich kenne. Basel ist der Supermarkt der Kunst,» sagt er. So sind es an der Art die lokalen Logistiker, die die Kisten von den Lastwagen hieven und in die Hallen bringen. An anderen Orten müsse er das selbst machen. Trotzdem seien es jedes Jahr zwei verrückte Wochen. «Wir sind die Problemlöser, die alles geradebiegen. Wir sind wie die Ratten im Theater: Wir wuseln wild umher und wenn der Vorhang hochgeht, verschwinden wir. Nur der Glamour bleibt.»
Nach dem Auf- und vor dem Abbau ist Gartzia auch während der Messe jeden Morgen in den Hallen unterwegs, um kleine Änderungen vorzunehmen, etwas zu verschieben oder zu reparieren. In Museen und an kleineren Messen sei er für weniger Dinge verantwortlich, dafür sei der Service umfassender. Da eskortiert ein Art-Handler auch mal ein Objekt um die halbe Welt.
Ein so vielschichtiger Beruf ist heute selten. Mit der Massenproduktion wurde in der Logistik alles automatisiert: So wenig Hände wie möglich sollen am Transport beteiligt sein. Bei den exklusiven Einzelstücken des Kunstmarktes bleibt der Mensch jedoch zentral. Art-Handler verbinden deshalb harte körperliche Arbeit mit organisatorischem Geschick und künstlerischem Wissen.
Sie sind die Vertrauensinstanz, der man die Werke mitgibt. Die Berufsanforderungen sind entsprechend vielseitig, eine klare Ausbildung gibt es nicht. Aber viele von Gartzias Kollegen hätten ein künstlerisches Studium absolviert.
Entlang den Flüssen des globalen Kunstmarktes kommt Gartzia viel herum. Dieses Jahr war er bereits in Mexico City, Hongkong, New York und Sao Paolo, daneben arbeitete er für Museen in Spanien und Frankreich. «Nun folgen Paris, London, Miami. An meinen Reisen sieht man auch, wo das Geld sitzt. Deshalb ist die wichtigste Kunstmesse auch im Herzen Europas bei den Banken.»
An all diesen Orten trifft er immer wieder auf andere Art-Handler, von denen viele seine Freunde geworden sind. «Es ist eine Riesengemeinschaft.» Die Aufenthalte sind aber intensiv. «Die ersten Male, als ich in Basel war, kam ich nie auf die andere Seite des Rheins.» Mittlerweile möge er Basel aber, auch wenn er sich nicht wirklich vorstellen kann, wie die Stadt ausserhalb der zwei Juniwochen aussieht.