Fotografie
Blick in die Vergangenheit – so machen Aargauer Fotografinnen und Fotografen aus Bildern berührende Erinnerungen

An der PhotoSchweiz stellen 17 Aargauer Fotografinnen und Fotografen ihre Bilder aus. Ein bewegendes Projekt kommt aus dem Hospiz Aargau.

Anna Raymann
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Für das Projekt «Die Sicht der anderen» haben Bewohnerinnen und Bewohner des Hospiz Aargau ihren Alltag fotografiert.

Für das Projekt «Die Sicht der anderen» haben Bewohnerinnen und Bewohner des Hospiz Aargau ihren Alltag fotografiert.

Selina Widmer und Michel Pernet / Photoschweiz

Der besondere Blickwinkel und der Auslöser im richtigen Moment machen aus alltäglichen Situationen eindrückliche Bilder. Am Freitag eröffnet in Zürich Oerlikon die 18. Ausgabe der PhotoSchweiz. Die grosszügige Ausstellung gibt als Werkschau Einblick in das handwerkliche Können und einen Überblick über das kreative Schaffen hiesiger Fotografinnen und Fotografen.

Über 200 Fotoprojekte werden gezeigt, und auch der Aargau ist mit 17 Kunstschaffenden gut vertreten. Unter ihnen sind Werber, Modefotografinnen, Landschaftsfotografen und Gestalter mit besonderem Geschick für digitale Bildbearbeitung. Ihre Bilder erzählen von der regionalen Umgebung oder schweifen in die Ferne, hoch in die Berge und darüber hinaus.

Das Kino ist tot, lang lebe das Elite

In Oerlikon zu sehen gibt es etwa Aufnahmen imposanter Industrieanlagen aus dem Ruhrgebiet (Jens Herre) oder eleganter Kulturhäuser wie die Elbphilharmonie, die die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron in Hamburg gebaut haben (Philipp Fuchs).

Das Projekt von Ivo Dominique Stalder lässt hingegen ein Kulturlokal aus der Region wieder auferstehen. Seit einem Geschenk zum 14. Geburtstag geht der gebürtige Romands mit einer Kamera durchs Leben, nicht zum ersten Mal kommen ihm dabei Geschichten und Motive aus dem Aargau vor die Linse. Im letzten Jahr dokumentierte er die Entstehung des neuen Thermalbads in Baden, nun blickt er hinter die verschlossenen Türen des Kino Elite in Wettingen, das Anfang Jahr für immer schliessen musste. Stalder erzählt: «Es war eine selten gewordene Lokalität, um sich wohlzufühlen und grosses Kino zu geniessen. Und dann – plötzlich Schluss. In Rekordzeit wurden die Filmplakate und die Dekorationen an Kinoliebhaber verschenkt, die altehrwürdigen Kinoprojektoren für den Abtransport vorbereitet.» Das Licht funktionierte bei seinem Besuch noch und gab dem Samt der Sessel einen melancholischen, seidigen Glanz: «Zeit, ein letztes Mal zu träumen», sagt der Fotograf.

Liebe Grüsse aus dem Jenseits

Fotografien halten wertvolle Erinnerungen fest. In diesem Sinne steht auch ein ganz besonderes Projekt, das der Gründer der PhotoSchweiz, Michel Pernet, gemeinsam mit Dieter Herrmann, Präsident des Verbands Schweizer Hospize, lanciert hat. Elf Patientinnen und Patienten haben ihren Alltag im Hospitz Aargau mit Einwegkameras festgehalten und geben so einen berührenden Einblick in die letzten Momente ihres Lebens.

Für das Projekt «Die Sicht der anderen» haben Bewohnerinnen und Bewohner des Hospiz Aargau ihren Alltag fotografiert.

Für das Projekt «Die Sicht der anderen» haben Bewohnerinnen und Bewohner des Hospiz Aargau ihren Alltag fotografiert.

Selina Widmer Und Michel Pernet / Photoschweiz

«Es ging uns darum, dem Tabu Hospiz ein realitätsnahes fotografisches Gesicht zu geben», sagt Projektinitiator Pernet. Umgesetzt hat das Projekt schliesslich die 22-jährige Selina Widmer aus Baden, die eigentlichen Fotografinnen und Fotografen wünschten jedoch anonym zu bleiben. Michel Pernet: «Das besondere am Projekt ist: Zum Zeitpunkt der Werkschau Anfang Januar werden alle elf Teilnehmer, die mit grosser Freude beim Projekt mitgemacht haben, nicht mehr leben. Es sind fotografische Grüsse aus dem Jenseits, sozusagen.»

PhotoSchweiz

6. bis 10. Januar, Halle 550, Zürich Oerlikon

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