Letztes Triell vor den Wahlen
Laschet gegen zwei – und wieder holt sich Genosse Scholz den Sieg nach Punkten

Auch beim letzten Triell weiss SPD-Kandidat Scholz die Zuschauer am besten zu überzeugen. Bitter für CDU-Chef Laschet: In der Sendung verbündeten sich Baerbock und Scholz mehrmals gegen ihn. Fünf Erkenntnisse.

Christoph Reichmuth, Berlin Jetzt kommentieren
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Letztes Triell bei Sat1/Pro7: Olaf Scholz (links), Annalena Baerbock und Armin Laschet.

Letztes Triell bei Sat1/Pro7: Olaf Scholz (links), Annalena Baerbock und Armin Laschet.

Bild: Kay Nietfeld / AP (Berlin, 19. September 2019)

Näher bei den Menschen

Das dritte und letzte Triell zwischen den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) und der Herausforderin Annelana Baerbock von den Grünen war nah bei den Menschen: Wie teuer wird Klimaschutz? Wie kommen Kinder aus der Armut? Wie kann man mit 2500 Euro brutto im Monat überleben? Dazu gab es Einspieler-Filme, Menschen erzählten von persönlichen Schicksalen und wie sie den Alltag bewältigen. Rente, Mindestlohn, Hartz IV - mit diesen Themen hatten der Genosse Olaf Scholz und die Grüne Annalena Baerbock leichteres Spiel. Beide wollen einen höheren Mindestlohn und bessere Bedingungen für Familien. CDU-Chef Armin Laschet musste zwangsläufig den Hardliner geben, da seine Union die Einkommen nicht per festgeschriebenen Mindestlohn erhöhen will, sondern die Aushandlung besserer Gehälter den Gewerkschaften und den Arbeitgebern überlassen möchte. Zudem ist die Union gegen höhere Steuern für Gutverdiener - im Gegensatz zu Scholz und Baerbock. Da wirkte Laschet automatisch kaltherziger. Laschet konnte dafür beim Thema innere Sicherheit bei vielen punkten: Er möchte islamistische Gefährder abschieben. Baerbock und Scholz drucksten bei diesem Thema herum.

Wird Laschet den Rückstand auf die SPD nun aufholen können?

Je nach Umfrageinstitut ist die Union drei bis fünf Punkte hinter der SPD - das letzte Triell dürfte kaum jene Trendwende gebracht haben, die der CDU-Chef so dringend benötigt. Laschet war engagiert, hatte aber einen schweren Stand gegen Scholz und Baerbock, die sich in vielen Bereichen politisch nahe stehen und sich mehr als nur einmal verbündeten. Scholz hat abermals deutlich gemacht, dass er mit den Grünen zusammen regieren möchte. So war es zeitweise eine Debatte zwei gegen eins. Allerdings dürften viele Mittelständler, die bislang noch nicht sicher waren, für wen sie stimmen sollten, nach dem Triell ins Lager von Armin Laschet gewechselt haben. Der CDU-Chef machte deutlich, dass er den Klimaschutz nicht mit Verboten durchsetzen, sondern dass er die Transformation in eine klimaneutrale Industrie den Ingenieuren überlassen möchte. Auch höhere Steuern gibt es mit Laschet nicht. Ein von Baerbock gefordertes Verbot für Verbrennungsmotoren ab 2030 und einen früheren Ausstieg aus der Ernergiegewinnung durch Kohle lehnte Laschet ab.

Wer mit wem?

Wer wird mit wem regieren? Das bleibt das grosse Rätsel. Stand jetzt gab es nach einer Bundestagswahl so viele Koalitionsoptionen wie jetzt: Union mit Grünen und der FDP? Oder doch die SPD mit Grünen und der FDP? Oder bleibt die Ökopartei draussen, wenn die Grosse Koalition mit der FDP zusammenspannt - oder kommts mit rot-rot-grün zum Linksrutsch, wovor Armin Laschet gebetsmühlenartig warnt? Spätestens nun ist klar: Genosse Scholz möchte mit den Grünen regieren. Dass er als dritten Partner die Linkspartei ins Boot holen würde, wollte er auch gestern nicht ausschliessen. Laschet regiert in seinem Bundesland Nordrhein-Westfalen ganz gut mit der FDP. Mit denen würde er auch im Bund gerne weitermachen. Fast sicher ist, dass die Grünen in der neuen Regierung als Juniorpartner mitmachen werden. Ob nun die Union die Wahlen gewinnt oder die SPD.

Was war unfair am Triell?

Im Prinzip hätte das Triell zu einem Duell umfunktioniert werden müssen - aus Gründen der Fairness. Realistische Chancen auf das Kanzleramt dürfen sich eine Woche vor den Wahlen nur noch Union und SPD machen. Die Grünen sind mit 16 Prozent weit abgeschlagen auf Rang 3. Sie stehen nur knapp vor der FDP. Dass die Ökopartei die grosse Plattform eines Triells bekommt, dürfte den Liberalen sauer aufstossen. Gemessen an den Kräfteverhältnissen hätte auch die Partei um Chef Christian Lindner zur grossen Fernseh-Show eingeladen werden müssen. Ein klarer Wettbewerbsnachteil, da nur die Grünen die grosse Plattform bekommen haben. Baerbock hat die Bühne gut genutzt: Scholz und Laschet gifteten sich gegenseitig mehrmals an. Sie war in der Rolle der Beobachterin - und konnte beide in die Mangel nehmen, da sowohl die SPD als auch die Union die Bundespolitik der letzten 20 Jahre geprägt haben. Auch aktuell bilden Union und SPD eine Regierung. Beispiel Klimaschutz: Zu lange wurde politisch herumgetrödelt, schimpfte Baerbock. Beide konnten darauf wenig entgegensetzen.

Wer hat bei den Zuschauern gewonnen?

Laut einer ersten Blitz-Umfrage war Olaf Scholz schon wieder klarer Sieger des Triells. 42 Prozent der Befragten fanden den Genossen am besten, nur 27 Prozent seinen Widersacher Armin Laschet. Annalena Baerbock konnte 25 Prozent der Befragten überzeugen. Eine Vorentscheidung ist aber nicht gefallen. Fast 40 Prozent der Deutschen wissen noch immer nicht, für wen sie am Sonntag stimmen sollen.

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