Die türkischen Behörden entziehen mehreren deutschen Korrespondenten die Akkreditierung. Jetzt reagiert Berlin mit einer Verschärfung der Reisehinweise für die Türkei.
Nach dem Entzug der Arbeitserlaubnis für deutsche Journalisten hat das Auswärtige Amt in Berlin seine Sicherheitshinweise für Türkei-Reisende verschärft. Es sei nicht anzuschliessen, dass die türkische Regierung «weitere Massnahmen gegen Vertreter deutscher Medien sowie zivilgesellschaftlicher Einrichtungen ergreift», heisst es in den überarbeiteten Hinweisen des Ministeriums. In den letzten beiden Jahren seien vermehrt auch deutsche Staatsangehörige willkürlich inhaftiert worden, zum Beispiel bei Verdacht auf Kontakte zur Gülen-Organisation. Staatschef Recep Tayyip Erdogan sieht in seinem früheren Verbündeten, dem Exil-Prediger Fethullah Gülen, den Drahtzieher des Putschversuchs vom Juli 2016.
In den Reisehinweisen erinnert Berlin auch an die Warnung des türkischen Innenministers, dass Urlauber bei der Einreise in die Türkei festgenommen werden, wenn sie im Ausland an Versammlungen von «Terrororganisationen» teilgenommen haben. Dazu gehört nach türkischer Auslegung neben der kurdischen Arbeiterpartei PKK auch die Gülen-Bewegung. Das Auswärtige Amt warnt Türkei-Urlauber vor regierungskritischen Äusserungen in sozialen Netzwerken, wobei schon die Weiterleitung oder das «Liken» eines fremden Kommentars für eine Strafverfolgung reiche. Zu besonderer Vorsicht mahnt das Auswärtige Amt deutsche Staatsbürger mit engen privaten und persönlichen Verbindungen in die Türkei und Personen, die neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit besitzen.
Bundesaussenminister Heiko Maas kritisierte die Entscheidung der türkischen Behörden, mehreren deutschen Korrespondenten die Verlängerung ihrer Akkreditierung zu verweigern. «Wenn Journalisten an der Arbeit gehindert werden, ist das mit unserem Verständnis von Pressefreiheit nicht vereinbar», sagte Maas dem «Tagesspiegel am Sonntag». Die betroffenen Journalisten müssen die Türkei jetzt verlassen. Unter ihnen ist Thomas Seibert, der für den Berliner «Tagesspiegel» akkreditiert ist und in den vergangenen Jahren auch für unsere Zeitung über die Türkei und den Nahen Osten geschrieben hat. Gegen den Entzug seiner Akkreditierung will Seibert Einspruch einlegen.
Auch weiteren ausländischen Berichterstattern könnte die Ausweisung drohen. Nach inoffiziellen Angaben warten noch rund 50 Türkei-Korrespondenten auf die Verlängerung ihrer Akkreditierung. Insbesondere seit dem Putschversuch vom Sommer 2016 geht Erdogan scharf gegen kritische Medien vor. Der Staatschef liess per Dekret 31 TV-Sender, 34 Radiostationen, fünf Nachrichtenagenturen, 62 Zeitungen und 19 Magazine schliessen. Mehrere regierungskritische Medienhäuser wurden von Erdogan-nahen Unternehmern übernommen. Heute liegen über 90 Prozent der türkischen Medien auf Regierungslinie.
Mit dem Entzug der Akkreditierungen erhöht die türkische Regierung jetzt den Druck auf die Vertreter ausländischer, insbesondere deutscher Medien. Im Jahr 2017 hatten die deutsch-türkischen Beziehungen wegen der Festnahmen der Journalisten Deniz Yücel und Mesale Tolu sowie des Menschenrechtlers Peter Steudtner einen Tiefpunkt erreicht. Jetzt bahnt sich eine neue Krise im Verhältnis zwischen Berlin und Ankara an.