In Oberdorf fordert der neu gewählte Gemeinderat Michael Wild Gemeindepräsident Piero Grumelli heraus.
Das politische Leben in Oberdorf pulsiert. Nachdem bei der Erneuerungswahl der Exekutive am 9. Februar der Bisherige Salman Fistik (SP) das absolute Mehr verpasst hatte und sich danach zurückzog, kam es bei der Nachwahl Ende März zu einem Zweikampf zwischen alt Landratspräsident Hannes Schweizer und Tino Kobler, den der SP-Vollblutpolitiker deutlich für sich entschied. Nun steht am 28. Juni eine Kampfwahl ums Gemeindepräsidium an.
Das im Februar neu gewählte Gemeinderatsmitglied Michael Wild (parteilos) will gleich auf den Präsidentensessel und tritt gegen Amtsinhaber Piero Grumelli (CVP) an, der seit 2008 der Oberdörfer Behörde angehört und dieser seit knapp vier Jahren vorsteht.
«Mich reizt diese Aufgabe unglaublich. Ich möchte gestalten, Impulse setzen und das Dorf fürs nächste Jahrzehnt fit und attraktiv machen», erklärt Wild seine Motivation zur Kandidatur. Zudem wolle er damit den Stimmbürgern eine Wahl ermöglichen. Der 54-Jährige war einst Gemeindeverwalter von Niederdorf, noch bis Ende Juni ist er Mitglied der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission von Oberdorf. Die Exekutiverfahrung fehlt ihm bisher. Das dürfe man auf kommunaler Ebene nicht überbewerten, meint Michael Wild, der als Finanzinspektor für den Kanton Bern tätig ist. Man habe sich wahrscheinlich schnell in die Thematik eingearbeitet.
Der Herausforderer hat auch keine Bedenken, dass ihm als erst neu gewählter Gemeinderat seine Bewerbung fürs Präsidium als Arroganz ausgelegt werden könnte. «Ich könnte mir vorstellen, dass die Einwohnerschaft sogar goutiert, wenn sich ein Neuer gleich ins Zeug legen will.» Wild attestiert Gemeindepräsident Grumelli, «dass er in seiner stillen Art die Aufgabe sehr gut macht». Dennoch ist er überzeugt: Oberdorf brauche ein wenig mehr Drive, was er in den Gemeinderat und zum Wohl des Dorfs einbringen könnte.
Der 42-jährige Piero Grumelli kann gut leben mit Michael Wilds Kandidatur. «Diese hat er mir gegenüber offen kommuniziert, ich gehörte zu den Ersten, die davon erfuhren.» Er sei ohnehin der Meinung, dass die Leute eine Wahl haben sollten, meint Grumelli, der vor vier Jahren in stiller Wahl Gemeindepräsident geworden ist. Er versteht den kommenden Urnengang auch als Chance zu erfahren, ob er gute Arbeit geleistet hat und die Dorfbevölkerung mit ihm zufrieden ist. Bei der Erneuerungswahl erreichte der CVPler mit 425 Stimmen das beste Resultat, Wild kam auf 393 Stimmen. Das zeige, dass er als Gemeinderat geschätzt sei, so Piero Grumellis Interpretation.
«Wenn ich Ende Juni als Gemeindepräsident nicht gewählt werde, dann weiss ich, dass ich vier Jahre Mist gebaut habe», sagt er nicht ohne Humor. Sollte dieses Szenario eintreffen, würde Grumelli als «gewöhnlicher» Gemeinderat weitermachen. Umgekehrt würde Wild dem Gewählten gratulieren und sich «mit aller Kraft meinem Amt als Gemeinderat widmen».
Egal, wie die Wahl ausfällt – die beiden werden das Resultat sportlich nehmen. Kein Wunder: Piero Grumelli ist auch Präsident des TV Oberdorf, Michael Wild spielte früher erfolgreich Tennis.