Schallplatten
Schallplatten-Sammler Müller: «Die Vinylplatte ist heute wieder in»

Ernst Müller, Präsident der Vereinigung Analogue Audio Association Switzerland, möchte die Analogtechnik bekannter machen. Müller, dessen Plattensammlung mehr als 10'000 Scheiben umfasst, sagt, dass die Vinylplatte die CD als Medium überleben wird.

Thomas Brunnschweiler
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Der Analog-Fan Ernst Müller vor seiner Plattensammlung.

Der Analog-Fan Ernst Müller vor seiner Plattensammlung.

Juri Junkov

Am nächsten Sonntag findet in Basel das Analogforum der Analogue Audio Association Switzerland (AAA) statt. Mit dem Präsidenten der Vereinigung, Ernst Müller aus Biel-Benken, hat die bz ein Gespräch geführt. Der pensionierte Gymnasiallehrer ist seit 2005 Präsident der AAA und Spezialist für klassische Musik. Seine Plattensammlung umfasst mehr als 10 000 Vinyl-Scheiben.

Herr Müller, seit wann interessieren Sie sich für die analoge Wiedergabe von Musik und insbesondere für Vinyl-Platten?

Ernst Müller: Bereits als Jugendlicher habe ich französische Chansons auf Vinylplatten gehört. Vom 24. Lebensjahr an begann ich, mich intensiv mit klassischer Musik zu beschäftigen. Ich bin ein ausgesprochener Musikliebhaber und besuche im Jahr zwischen 60 und 70 Konzerte. Dieser Direktkontakt zur Musik ist wichtig, denn wer etwa in der Realität nie eine Oboe gehört hat, weiss auch nicht, wie sie klingt, selbst wenn er sie in einer Aufnahme hört. Zum Sammler von Langspielplatten wurde ich, weil ich von der Klangqualität der CD enttäuscht war, die zu Beginn tatsächlich viel schlechter war als heute.

Können Sie dem Laien erklären, welche Vorteile die Analogtechnik gegenüber der digitalen Verarbeitung und Wiedergabe hat?

Ganz kurz gesagt: Analog klingt wärmer. Analog- und Digitaltechnik sind zwei unterschiedliche Arbeitsmethoden. Bei der analogen Aufzeichnung wird der Schall direkt aufgezeichnet. Bei der Digitaltechnik wird er gewandelt in binäre Zeichen. Das Problem besteht darin, dass auch bei sehr vielen Messpunkten pro Sekunde eine Kurve immer eine Treppenstufe bildet. Auch bei guten digitalen Aufnahmen fallen Obertöne weg, welche bei einer analogen Aufnahme noch vorhanden sind. Die Obertöne sind für die Klangfarbe verantwortlich. Sie machen die Wärme und Rundheit des Klangs aus. Überdies nützt die beste digitale Aufnahme nichts, wenn der Hörer zu Hause nur einen billigen Wandler hat, der die Zeichen einer CD qualitativ schlecht dekodiert.

Ich konnte mich von der unmittelbaren Präsenz, Wärme und Rundheit des Klangs von guten Vinyl-Platten selbst überzeugen. Hat die Analogtechnik eine reale Chance auf ein grosses Revival?

Die Analogtechnik wird eine Nische bleiben. Sie ist heute wieder in, und sicherlich wird die Vinylplatte die CD als Medium überleben. Der physische Datenträger hat aber ganz allgemein ausgedient. Bereits kann man hochwertig aufgenommene Musik gegen Bezahlung herunterladen und weniger hoch Aufgelöstes gratis beziehen. Vinyl hat nur wegen Rock und Pop überlebt, nicht wegen der Klassik. Ein grosser Markt für teure analoge Technik sind die «neureichen» Länder wie China und Russland; hier wird ein Luxussegment bedient. Gerade die Schweiz profitiert dank der Swissness von diesem Boom. Auch dies unterstützt das Revival.

Die Vereinigung AAA, der Sie vorstehen, gibt es seit 1991. Warum wurde sie gegründet und welche Ziele verfolgt sie?

Ursprünglich glaubten einige, das Blatt wieder wenden zu können, was eine Illusion war. Die Vereinigung will die Herstellung von Vinylplatten fördern, eine Plattform für den Informationsaustausch über analoge Geräte sein und Liebhaber zusammenbringen. Das Ziel ist es, die Analogtechnik öffentlich bekannt zu machen. Wir haben auch Mitgliedertreffen und machen Firmenbesuche. Alle arbeiten ehrenamtlich und wir werden auch nicht von Marken gesponsert. In einer dreimal pro Jahr erscheinenden Zeitschrift werden neue Platten und Geräte vorgestellt. Ich schreibe gerade einen Artikel über die Berliner Meister Schallplatten, die Direktschnittplatten herstellen. Dabei überträgt ein Schneidstichel die Musik direkt in eine Lackfolie.

Worauf muss jemand achten, der seine alten Langspielplatten wieder zum Klingen bringen will oder neu in die Analogtechnik einsteigt?

Es gibt einige Betreiber von Hi-Fi-Geschäften, die Analog-Fans sind. Dort gibt es günstig neue Geräte zu kaufen, wie etwa Pro-Ject, Rega oder NAD. Es lassen sich aber auch Occasions-Geräte von Thorens oder Lenco wieder zu neuem Leben erwecken. Plattenspieler lassen sich durchaus «veredeln». Es gibt prinzipiell drei Antriebsarten: Direktantrieb, String- und Reibradantrieb. Darüber, welcher der beste Antrieb ist, gehen die Meinungen auseinander. Natürlich ist eine Anlage nur so gut wie das schwächste Glied. Erfreulich ist, dass heute wieder über Plattenspieler geschrieben wird.

Was wird das diesjährige Analogforum in Basel konkret bieten? Wo liegen die Schwerpunkte?

Im räumlichen Zentrum liegt der Schallplattenmarkt. Dazu kommen Vorführungen. Inhaltliche Schwerpunkte sind Referate über Antriebsarten oder die Einstellung eines Tonarms. Ein Raumakustiker wird über Eigenheiten der Raumakustik Auskunft geben. Es gibt auch ein Referat über die Faszination der Monoaufnahmen, die eine enorme Räumlichkeit und Dynamik haben.