Neue Volksinitiative
Prämien von den Steuern abziehen: SVP will Mittelstand im Baselbiet entlasten

Als Reaktion auf die stark steigenden Krankenkassenprämien lanciert die Baselbieter SVP eine neue Volksinitiative: Sämtliche selber getragenen Prämien sollen von den Steuern abgezogen werden. Das Begehren klingt verführerisch, ist aber nicht ganz günstig zu haben.

Hans-Martin Jermann
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Egal welche Versicherung: Für praktisch alle Baselbieterinnen und Baselbieter werden 2023 die Krankenkassenprämien steigen.

Egal welche Versicherung: Für praktisch alle Baselbieterinnen und Baselbieter werden 2023 die Krankenkassenprämien steigen.

Christian Beutler / Keystone

Im Kanton Baselland werden die Krankenkassenprämien 2023 im Mittel um satte sieben Prozent steigen. Dass dagegen etwas getan werden muss, ist politisch weitgehend unbestritten. Welche Baselbieterinnen und Baselbieter in welchem Umfang von Entlastungen profitieren sollen, ist allerdings Gegenstand heftiger Kontroversen. Die SVP legt nun mit einer Volksinitiative vor. Diese fordert, dass sämtliche selber getragenen Prämien in der Grundversicherung vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden sollen. Wer staatliche Prämienverbilligungen erhält, soll die Differenz geltend machen können.

Entlastung des Mittelstandes oder Bevorzugung der Reichen?

«Wir müssen den Mittelstand stärken», sagt Peter Riebli. Mittelständische Familien seien vom Prämienanstieg besonders betroffen, umgekehrt aber wesentliche Stützen von Wirtschaft und Gesellschaft, argumentiert der SVP-Fraktionschef im Landrat. Von Steuerabzügen auf Prämien profitieren die Reichen, die auf Entlastungen nicht einmal angewiesen sind, in unserem progressiven Steuersystem in absoluten Beträgen am stärksten. Deshalb stösst dieses Instrument bei Linken immer wieder auf Kritik.

Will mit der Initiative den Mittelstand im Baselbiet stärken: SVP-Fraktionschef Peter Riebli.

Will mit der Initiative den Mittelstand im Baselbiet stärken: SVP-Fraktionschef Peter Riebli.

Roland Schmid

SP-Landrat Adil Koller spricht denn auch bereits jetzt von einer «Riesenbevorzugung der höchsten Einkommen». SVP-Landrat Riebli gibt indes zu bedenken, dass gemessen am Einkommen der Entlastungseffekt beim Mittelstand am stärksten sei. Dies insbesondere bei Einkommen zwischen 80'000 und 90'000 Franken, also leicht oberhalb der Grenze, für die Prämienverbilligungen ausgerichtet werden.

Ja zur Initiative würde Kanton wohl Dutzende Millionen Franken kosten

Die SVP-Initiative wird den Kanton bei einem Volks-Ja einiges kosten. Wie viel genau, ist ungewiss und von der konkreten Umsetzung abhängig. Etwa davon, ob die Steuerzahlenden die individuell tatsächlich bezahlten Prämien oder «nur» die günstigste Prämie im Kanton abziehen können. Auch fragt sich, ob die Abzüge gedeckelt werden oder über die Jahre mit den wohl weiterhin steigenden Prämien zunehmen werden.

Die neuen Abzüge dürften auf jeden Fall mit einigen Dutzend Millionen Franken zu Buche schlagen. Für Peter Riebli in einer Gesamtbetrachtung nicht verlorenes Geld: Dank der Abzüge verbleibe mehr Geld in der Tasche der Steuerzahler, das diese durch Konsum und Investitionen wieder in den Wirtschaftskreislauf stecken könnten, gibt Riebli zu bedenken.

Im Kanton Basel-Stadt scheiterte eine ähnliche Initiative nur knapp

Im Kanton Basel-Stadt ist eine ähnlich lautende Initiative der damaligen CVP (heute Mitte) im Mai 2019 mit bloss 91 Stimmen Unterschied hauchdünn abgelehnt worden. Sie hätte den Kanton je nach Rechnung zwischen 100 und 200 Millionen Franken gekostet. Eine abgespeckte Variante der Initiative, ein Pauschalabzug von 4000 Franken für Einzelpersonen und 8000 für Ehepaare, hat es ins Steuersenkungspaket geschafft, das im September vom Basler Grossen Rat abgesegnet wurde.

Auch wegen der Debatte im Nachbarkanton ist Riebli überzeugt, die Volksabstimmung im bürgerlicheren Landkanton zu gewinnen:

«Von unserer Initiative profitieren alle Steuerzahlenden, auch jene mit Prämienverbilligungen.»

Allerdings werden die Forderungen der Initiative, die nach der Unterschriftensammlung zuerst ins Parlament muss und erst dann vors Volk kommt, wohl frühestens per 2025 umgesetzt werden können.

SP fordert im Landrat höhere Prämienverbilligungen

Viel früher, bereits per Anfang 2023, sollen als Reaktion auf den Prämienschock im Baselbiet die Prämienverbilligungen für untere bis mittlere Einkommen erhöht werden. Finanzdirektor Anton Lauber (Mitte) gab vor wenigen Wochen bekannt, die steigenden Bundesbeiträge im Umfang von geschätzten 30 Millionen Franken an die Baselbieter Bevölkerung weiterzugeben. Allerdings ist die entsprechende Vorlage im Ständerat hängig. Die SP wird im Landrat auf jeden Fall mit einem Budget-Postulat nachstossen: «Wir müssen sicherstellen, dass die Verbilligungen im gleichen Ausmass steigen wie die Prämien», betont Landrat Adil Koller.