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Die Verhafteten und der Kanton einigen sich aussergerichtlich. Die Mandanten von Christian von Wartburg haben an Weihnachten eine kleine Entschädigung erhalten.
Geplant war es als eine kurze Performance, um gegen einen Polizeieinsatz zu demonstrieren. Herausgekommen ist die sogenannte Pappteller-Affäre, die erst jetzt, nach viereinhalb Jahren, definitiv abgeschlossen ist. Die 19 Personen aus dem Umfeld der Schule für Gestaltung, die wegen dem stundenlangen Polizeigewahrsam eine Genugtuung verlangt haben, und der Kanton haben sich aussergerichtlich geeinigt. Dies bestätigt der Anwalt der Verhafteten, SP-Grossrat-Christian von Wartburg. «Wir haben im Herbst eine Lösung gefunden und eine Vereinbarung abgeschlossen.» Die Klage gegen den Kanton wurde zurückgezogen, die bereits angesetzte Schlichtungsverhandlung vor Gericht sistiert.
«An Weihnachten hat jeder meiner Mandanten für die unverhältnismässige Haft eine kleine Entschädigung vom Kanton bekommen», so von Wartburg. Wie hoch der Betrag ist, sagt er nicht genau. Gefordert wurden 500 Franken pro Person plus die Anwaltskosten. «Man hat sich irgendwo in der Mitte getroffen.» Übernommen werden die Kosten von der Versicherung des Kantons, welche dieser für Fehler seiner Mitarbeiter abgeschlossen hat.
Für den Anwalt, der sich auch als SP-Grossrat im Basler Parlament für die politische Aufarbeitung eingesetzt hat, ist das Zugeständnis des Kantons eine späte Befriedigung. Bisher waren die Verhafteten vor Gericht abgeblitzt. Auch das Verfahren der Staatsanwaltschaft gegen den damaligen Einsatzleiter wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung wurde eingestellt. Der Fall wurde letztlich vom Basler Appellationsgericht beurteilt.
Dieses sprach den Polizisten zwar frei, kritisierte aber den Einsatz mit deutlichen Worten: «Der Befehl der Anhaltung mit der Verbringung in die zentrale Gefangenensammelstelle muss im Rückblick als unverhältnismässig bezeichnet werden.»
Die Gruppe Kunststundenten der Schule für Gestaltung rund um den damaligen Vizedirektor Enrique Fontanilles wollte mit ihrer Performance am 20. Juni 2014 gegen den Polizeieinsatz vom Vorjahr demonstrieren. 2013 war es auf dem Messeplatz während der Art Basel zu Ausschreitungen zwischen der Polizei und Aktivisten gekommen, nachdem diese eine nachgebaute Favela-Siedlung des japanischen Künstlers Tadashi Kawamata besetzt und zum politischen Partytreff umfunktioniert hatten. Bei der Räumung durch die Polizei kam es zu tumultartigen Szenen. Die Einsatzkräfte setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein.
Entsprechend fuhren die Verantwortlichen der Basler Polizei ein Jahr später eine Null-Toleranz-Politik. Die Kunststundenten wurden im Vorfeld von der Polizei abgefangen und gewarnt. Als sie sich dann trotzdem – in schwarz gekleidet und mit einem Pappteller ausgerüstet – auf den Weg in Richtung Messeplatz machten, schritt die Polizei mit einem Grossaufgebot ein und nahm unter den Augen des damaligen Kommandanten Gerhard Lips über 30 Personen in Gewahrsam, neben den Kunststundenten auch Unbeteiligte. Die Personen wurden in den Waaghof gebracht, wo sie einer Personen- und Sachkontrolle unterzogen wurden und sich teilweise nackt ausziehen mussten. Die Anhaltungen auf dem Messeplatz begannen um 19.20 Uhr. Die Letzten wurden um 23 Uhr aus dem Polizeigewahrsam entlassen.
Die Dauer des Freiheitsentzuges und die Leibesvisitationen liessen sich für das Appellationsgericht nicht mit dem geringfügigen Mass an Ungehorsam vereinbaren. Auch das Vorgehen der Polizei auf dem Messeplatz sei unangemessen gewesen. Ein solches Vorgehen sei für schwer Delinquente und Gewaltbereite vorgesehen, kritisierte das Appellationsgericht.